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Goji-Beeren werden zu Unrecht als Superfood gelobt

Goji-Beeren
Foto:© Soyka - Fotolia.com

Frisch sehen sie aus wie größere Hagebutten, getrocknet wie rote Rosinen: die Goji-Beeren oder Wolfsbeeren. In der Traditionellen Chinesischen Medizin seit Jahrhunderten als Jungbrunnen und Wunderwaffe gegen alle möglichen Krankheiten eingesetzt, eroberten sie erst Hollywood und jetzt Europa.

Ein wahres Superfood sollen Goji-Beeren sein, voller Vitamine, Mineralstoffe, Antioxidantien und anderen Wirkstoffen. Was davon stimmt, und was sind nur Werbeversprechungen? Hat eine Pflanze, die so viel Wirkung entfalten kann wie die Goji-Beere nicht auch starke Nebenwirkungen? Und wie sieht es mit der Öko-Bilanz der aus Fernost stammenden Frucht aus?

Die Goji-Beerenpflanze

Die Goji-Beerenpflanze ist ein sommergrüner Strauch, der zur Familie der Nachtschattengewächse zählt. Der zwei bis vier Meter hohe Goji-Beerenstrauch stammt ursprünglich wahrscheinlich aus China, von dort stammt auch der Name: „goji“ bedeutet „Glück“. In Deutschland ist der Strauch unter dem Namen Gemeiner Bocksdorn (Lycium barbarum) oder Wolfsbeere, gelegentlich auch Teufelszwirn oder Hexenzwirn, bekannt.

Obwohl bei uns nicht heimisch, wird die Goji-Beerenpflanze gerne als Zierpflanze oder zu Befestigung von Böschungen gepflanzt. Wer also seine eigene Glücksbeeren ernten will, kann im heimischen Garten die winterharte und relativ genügsame Goji-Beeren anpflanzen. Die entsprechenden Pflanzen kannst du entweder im Fachhandel kaufen oder aus Stecklingen selber ziehen. Beim Standort ist zu beachten, dass der Gemeine Bocksdorn es gern sonnig hat und Staunässe nicht verträgt. Goji-Beeren lassen sich auch gut im Kübel anbauen. Pflegen muss man die Goji-Beeren nicht besonders, moderat gießen (die Erde soll nicht nass sein) und im Frühjahr mit Kompost düngen reicht normalerweise aus.

Die Blütezeit des Goji-Beerenstrauchs ist von Juni bis August, die leuchtend roten Früchte können von August bis Oktober geerntet werden. Bei der Ernte ist allerdings Vorsicht angebracht: Die bogigen Äste tragen lange, schlanke Dornen. Der Geschmack frischer Goji-Beeren reicht von süß bis sauer, getrocknet sind die Beeren im Allgemeinen eher süß und lassen sich daher auch gut pur essen.

Goji-Beeren: Sträucher an der Küste Jütlands
Goji-Beerensträucher, Lycium barbarum, an der Küste Jütlands, Dänemark. (Foto: © Sten Porse)

Goji-Beeren kaufen: nur Bio

Mit zunehmender Beliebtheit gibt es die Goji-Beeren fast überall zu kaufen. In Supermärkten, Drogeriemärkten, Naturkost- oder Bio-Läden, in zahlreichen Online-Shops, vielen Apotheken und natürlich in Asia-Shops. Doch die Glücksbeeren sind recht teuer: 100 Gramm getrocknete Goji-Beeren kosten zwischen 2 und 4 Euro, Bio-Qualität manchmal auch mehr. Noch teurer ist der Beerenextrakt, der für Tee und Saft verwendet wird. Auch Schokolade, Marmelade und Hautpflegemittel mit den Glücksbeeren gibt es mittlerweile im Handel.

Der hohe Preis liegt einerseits an der Ernte per Hand, andererseits aber auch an dem Hype um die angebliche Wunderbeere. Der Großteil der hier im Handel erhältlichen Goji-Beeren stammt aus China – und das macht es problematisch. Denn China nimmt es mit den Verordnungen zu Pestiziden und anderen Umweltgiften nicht so genau. Goji-Beeren aus konventionellem Anbau sind daher hochgradig mit Schadstoffen belastet. Nach einer Untersuchung von Greenpeace aus dem Jahr 2013 trifft das aber auch auf Bio-Produkte zu. Ein chinesisches Bio-Siegel sagt nicht verlässlich, wie die Pflanzen angebaut werden. Besser sind das EU-Bio-Siegel oder Kennzeichnungen wie zum Beispiel von Demeter, die noch strengere Richtlinien haben.

Zusätzlich solltest du immer auf das Herkunftsland schauen. Auch Anbaugebiete im Mittleren Osten oder Südamerika haben oft Probleme mit hoher Pestizidbelastung. Und gerade Pestizide scheinen sich in den Goji-Beeren stark anzureichern. Die Zeitschrift Öko-Test fand auch bei einer aktuellen Untersuchung in konventionell angebauten Wolfsbeeren einen relativ hohen Pestizidgehalt. Positiv fielen Goji-Beeren aus Bio-Anbau auf, sie erhielten das Testurteil „sehr gut“. Wer ganz sicher gehen will, dass seine Goji-Beeren bio sind, pflanzt am besten einfach seinen eigenen Strauch.

Getrocknete Goji-Beeren
So bekommst du Goji-Beeren fast überall im Handel. (Foto: © Pixabay / andreas-eatbetter)

Die negative Öko-Bilanz der Goji-Beeren

In Sachen Nachhaltigkeit sind Goji-Beeren aus dem Handel definitiv kein Superfood. Obwohl sie bei uns problemlos angebaut werden könnten, stammen die Beeren und Produkte meist nicht von deutschen Produzenten. Grund dafür ist die Ernte per Hand – Arbeitszeit ist in Mitteleuropa teuer, in China oder Lateinamerika aber sehr billig. Und die Auflagen für passende Arbeitsbedingungen sind in den Billiglohnländern ebenfalls weniger streng. Transportkosten dagegen fallen in der heutigen Zeit kaum ins Gewicht. Die Umweltverschmutzung wegen der langen Transportwege schlägt in der Öko-Bilanz trotzdem negativ zu Buche. Addiert man dann noch den starken Einsatz von Pestiziden (siehe oben), fallen die Goji-Beeren im Nachhaltigkeitstest eindeutig durch.

Inhaltsstoffe und Nährwerte der Goji-Beeren

Die Nährwerte von Goji-Beeren lassen sich nur schwer bestimmten. Bei Untersuchungen schwankten die gemessenen Anteile von Zucker, Vitaminen und Mineralstoffen teilweise stark. Das liegt zum einen an der Untersuchung der getrockneten Früchte, weil der Trocknungsvorgang den Nährstoffgehalt beeinflussen kann. Zum anderen an den unterschiedlichen Böden, aus denen die der Strauch unterschiedlich viel Nährstoffe ziehen kann. Dennoch lässt sich sagen, dass zumindest Goji-Beeren aus Bio-Anbau viele gesunde Inhaltsstoffe haben.

Die USDA, die amerikanische Lebensmittelbehörde, gibt in ihrer Nährwertdatenbank einen errechneten Durchschnitt als Richtwert an. Besonders reich sind Goji-Beeren an Vitamin C mit 48 mg pro 100 g Trockenbeeren. Dazu kommen noch 190 mg Kalcium, deutlich mehr als in Milch, und 6,8 mg Eisen. Allerdings haben die süßen Beeren getrocknet auch 319 kcal – eine echte Kalorienbombe also. Zum Abnehmen sind die Goji-Beeren damit eher nicht geeignet, auch wenn sie viele wichtige Aminosäuren und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten.

Leckere Rezepte

Getrocknete Goji-Beeren sehen ähnlich aus wie Rosinen, es liegt daher also nahe, sie genauso einzusetzen. So können die Wolfsbeeren zum Beispiel in Kuchen oder Stollen eingebacken werden. Oder du probierst ein süßes Cookie-Rezept mit Goji-Beeren aus. Ebenfalls gut geeignet sind die getrockneten Glücksbeeren als Zutaten im Müsli oder in Desserts, etwa in einer leichten Quarkspeise.

Es muss aber nicht immer süß sein: Die frischen Goji-Beeren passen aufgrund ihrer Säure hervorragend zu Wild, Geflügel und Fleisch. Dazu können sie entweder zu einer schmackhaften Soße verarbeitet werden, oder sie werden einfach im Saft mit geschmort und sorgen für Abwechslung beim Sonntagsbraten. Aber auch pikante Gerichte für die vegetarische oder vegane Küche lassen sich mit den roten Beeren zaubern. Wie wäre es beispielsweise mit einem gefüllten Kürbis?

Goji-Beeren im Müsli
Goji-Beeren als Alternative zu Rosinen (oder zusätzlich) im Müsli. (Foto: © Pixabay / Ska-te)

Mögliche Wirkung von Goji-Beeren

In der Traditionellen Chinesischen Medizin werden Goji-Beeren gegen Bluthochdruck, Diabetes, Erschöpfungszustände, Impotenz, zur Unterstützung des Immunsystems und bei weiteren Leiden eingesetzt. Die Antioxidantien, deren Konzentration in den Glücksbeeren besonders hoch sein soll, helfen außerdem angeblich noch bei Alzheimer, gegen Grünen Star und sogar bei der Vorbeugung und Heilung von Krebs. Nachgewiesen sind diese Wirkungen allerdings bisher nicht.

Zwar gibt es eine Studie aus dem Jahr 2008, die die allgemeine Wirkung von Goji-Beerensaft untersucht hat und zu einem positiven Ergebnis kam. Doch deren Stichprobe war zu klein und die Dauer zu kurz, um mehr als einen Hinweis auf mögliche Wirkungen zu liefern. Weitere Untersuchungen fanden entweder im Labor oder an Tieren statt und lassen sich daher nicht auf den Menschen übertragen. Die europäische Lebensmittelbehörde ESFA stufte die Wirksamkeit der Goji-Beeren daher als „nicht erwiesen“ ein.

Gefährliche Nebenwirkungen der Goji-Beeren

Wenn die Glücksbeere nur bedingt gesund ist, ist sie dann wenigstens unbedenklich? Nicht so ganz. Die Pflanze hat aufgrund ihrer Eigenschaft als Nachtschattengewächs und der sekundären Pflanzenstoffe einige nicht risikofreie Nebenwirkungen. So können Goji-Beeren für Menschen, die Gerinnungshemmer nehmen, tatsächlich gefährlich werden, warnt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Beeren verstärken die blutverdünnende Wirkung der Medikamente, sodass es zu plötzlichen Blutungen kommen kann. Auch Schwangere sollten die Wolfsbeere deswegen sicherheitshalber meiden, obwohl bisher keine sicheren Daten dazu vorhanden sind.

Und noch etwas macht die Goji-Beeren nicht ungefährlich: ihr AllergiePotenzial. Dabei geht es gar nicht um die Beere an sich, sondern um die zahlreichen Kreuzallergien, beispielsweise mit Tomaten, Pfirsichen, Nüssen oder Tabak. Eine amerikanische Studie von 2012 liefert Hinweise auf stark allergene Nebenwirkungen der Wolfsbeere. Der deutsche Ernährungswissenschaftler Udo Pollmer erklärt die Goji-Beere sogar für lebensgefährlich und fordert, sie nur in Apotheken zu verkaufen. Das allerdings erscheint uns zu radikal. Nebenwirkungen oder Allergien gibt es schließlich bei fast allen Pflanzen.

Die besseren Alternativen zu Goji-Beeren

Negative Öko-Bilanz, möglicherweise mit Pestiziden kontaminiert, sehr kalorienhaltig, möglicher Auslöser von Allergien und nicht belegte Wirkungen: Goji-Beeren sind also definitiv kein Superfood.

Aber es gibt Alternativen. Fast alle heimischen Beeren wie Himbeeren, Johannisbeeren oder Erdbeeren enthalten ebenfalls viele Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe. In 100 g Erdbeeren stecken zum Beispiel 57 mg Vitamin C, mehr als in den Goji-Beeren. Und mit gerade einmal 33 kcal auf 100 g fällt das Energie-Nährwert-Verhältnis definitiv zu Gunsten der Erdbeeren aus. Dazu kannst du sie in der jeweiligen Saison regional und aus garantiert biologischem Anbau kaufen oder sogar auf dem Balkon oder im Garten selber ziehen. Ähnliches gilt für weitere heimische Obst- und Gemüsesorten: Paprika, Kohlrabi, Äpfel – die Liste ist beliebig erweiterbar. Alles zwar keine Exoten, aber dafür für dich und die Umwelt eindeutig gesünder.

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