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Helfersyndrom: 5 Zeichen, dass du es haben könntest

helfersyndrom
Foto: CC0 / Pixabay / 1388843

Das Helfersyndrom ist ein psychologisches Phänomen, das sowohl die Betroffenen selbst als auch ihr soziales Umfeld stark belasten kann. Wir erklären dir, woran du das Helfersyndrom erkennst und wie du dich eventuell davon lösen kannst.

Den Begriff „Helfersyndrom“ verwenden wir in der Alltagssprache mittlerweile schon fast inflationär. Dabei leidet nicht gleich jede Person, die gern anderen Menschen hilft, unter diesem psychologischen Phänomen. Stattdessen handelt es sich beim Helfersyndrom um ein vielschichtiges Problem, dessen Ursprünge meist bis in die frühe Kindheit zurückreichen. Wird das Problem nicht rechtzeitig erkannt, kann es bei Betroffenen zudem schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.

Was ist das Helfersyndrom?

Der Begriff Helfersyndrom geht auf den Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer zurück. Er beschrieb das Phänomen erstmals im Jahr 1977. Schmidbauer führt das Helfersyndrom vor allem auf eine Kindheit zurück, in der Betroffene nicht ausreichend Sicherheit, Liebe und Unterstützung erfahren haben. Dies resultiert wiederum in einem minderwertigem Selbstwertgefühl. Das Helfen ist für diese Menschen dabei zu einer Methode geworden, um sich die Anerkennung und Zuneigung zu erkämpfen, die ihnen in ihrer Kindheit verwehrt wurde.

Personen, die vom Helfersyndrom betroffen sind, finden sich deshalb häufig in sozialen Berufen wieder, zum Beispiel als Krankenpfleger:innen, Ärzt:innen, Lehrkräfte oder Sozialpädagog:innen.

Das ständige Gefühl, gebraucht zu werden und sich aufopfern und selbst aufgeben zu müssen, ist also ein zentraler Bestandteil des Helfersyndroms. Im Folgenden stellen wir dir fünf konkrete Anzeichen vor, die darauf hindeuten könnten, dass du von dieser psychologischen Problematik betroffen bist. In diesem Fall empfehlen wir dir vor allem, professionelle Hilfe (zum Beispiel in Form einer Psychotherapie) zu suchen.

Helfersyndrom: Du übergehst deine eigenen Bedürfnisse

Leidest du am Helfersyndrom, macht sich dies eventuell auch in körperlichen Beschwerden wie Kopf- oder Rückenschmerzen bemerkbar.
Leidest du am Helfersyndrom, macht sich dies eventuell auch in körperlichen Beschwerden wie Kopf- oder Rückenschmerzen bemerkbar.
(Foto: CC0 / Pixabay / Counselling)

Du richtest dein Leben prinzipiell danach aus, anderen Menschen zu helfen oder sie zu unterstützen und merkst schon gar nicht mehr, was deine eigenen Bedürfnisse sind? Dies ist laut Angaben der psychologischen Klinik Clinicum Alpinum ein charakteristischer Hinweis auf das Helfersyndrom.

Da du permanent deine Bedürfnisse übergehst, die vielleicht auch mal Ruhe, Stille und Entspannung verlangen würden, fühlst du dich ständig erschöpft und ausgelaugt. Dies kann sich in Stresssymptomen wie Verspannungen, Zittern, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen äußern und eventuell bis zum Burnout führen.

Du übergehst die Bedürfnisse deiner Mitmenschen

Das hört sich zunächst paradox an – schließlich wollen Personen, die unter dem Helfersyndrom leiden, ihre Mitmenschen doch unterstützen. Das Problem ist laut der Plattform von Pro Psychotherapie e.V. jedoch, dass Betroffene selbst dann helfen, wenn die andere Person gar nicht darum gebeten hat und die Hilfe auch nicht annehmen möchte oder gebrauchen kann. Für Personen aus dem sozialen Umfeld der Betroffenen kann dies belastend sein, da sie sich so immer wieder in die Ecke gedrängt fühlen und in ihrer freien Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind. 

Eventuell kann die intendierte Hilfe sogar eher Schaden anrichten und löst dann auf beiden Seiten Frustration und Enttäuschung aus.

Helfersyndrom: Du arbeitest nicht an eigenen Zielen und Wünschen

Personen mit Helfersyndrom verlieren sich laut der Diplom-Psychologin Doris Wolf so sehr in ihrer Mission, anderen Menschen zu helfen, dass sie schließlich kaum noch eigene Ziele haben oder diese stark vernachlässigen. Dadurch haben Betroffene keine eigenen Lebensinhalte mehr und sind komplett von ihren Mitmenschen abhängig.

Du gerätst in eine Co-Abhängigkeit

Das Helfersyndrom macht sich oft auch in der Partner:innen-Wahl bemerkbar. So neigen Menschen mit Helfersyndrom laut dem Clinicum Alpinum dazu, mit Personen eine Beziehung einzugehen, die sie stark behüten können – also Personen, die einen geringen Grad an Unabhängigkeit aufweisen. Das sind oftmals zum Beispiel Menschen, die an einer Suchterkrankung neigen. Dadurch entsteht in der Beziehung eine Co-Abhängigkeit. Das heißt, die Person, die vom Helfersyndrom betroffen ist, übernimmt die Probleme des suchtkranken Partners oder der suchtkranken Partnerin und leidet teilweise noch stärker unter der Sucht und ihren Auswirkungen als die abhängige Person selbst.

Helfersyndrom: Du lehnst selbst Hilfe ab

Menschen, die am Helfersyndrom leiden, wollen selbst keine Unterstützung von ihren Mitmenschen annehmen.
Menschen, die am Helfersyndrom leiden, wollen selbst keine Unterstützung von ihren Mitmenschen annehmen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Wokandapix)

Personen, die am Helfersyndrom leiden, sehen sich selbst allein in der Rolle der:des Helfenden. Das führt laut Doris Wolf dazu, dass sie nicht in der Lage sind, Unterstützung durch Mitmenschen anzunehmen. Denn dann würden sie ja ihre sich selbst auferlegte Rolle verlassen.

Dieser Aspekt verstärkt wiederum das Risiko von Erschöpfungszuständen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen.

Helfersyndrom: So lässt du es hinter dir

Wenn du selbst den Verdacht hast, am Helfersyndrom zu leiden oder dich dein Umfeld auf das Phänomen anspricht, solltest du dir zunächst psychologischen Rat holen. Nur im direkten Gespräch mit psychologisch ausgebildeten Expert:innen kannst du eine fundierte Diagnose bekommen. Um eine Physiotherapie zu machen, musst du jedoch bereits deine erste große Hemmung überwinden, Hilfe anzunehmen. Dies kann sich gerade zu Beginn sehr ungewohnt und unangenehm anfühlen.

Laut Pro Psychotherapie e.V. ist es dabei wichtig, unter anderem folgende Aspekte aufzudecken:

  • Zunächst musst du überhaupt erkennen, dass du dazu tendierst, deine eigenen Bedürfnisse zu missachten und dich über ein gesundes Maß hinaus für deine Mitmenschen einsetzen möchtest.
  • Ein wichtiger Teil der Aufarbeitung ist auch die Erkenntnis, dass du anderen Menschen vor allem helfen möchtest, um selbst Anerkennung und Zuneigung zu erfahren. Du spielst dir vielleicht vor, dich selbstlos für andere aufzuopfern. Aber vor allem motivieren dich dazu auch egozentrische Motive.
  • In der Therapie kannst du anschließend eventuell aufarbeiten, woher dein Drang nach Dankbarkeit und Anerkennung stammt.
  • Vielleicht findet ihr im Gespräch andere Mittel und Wege, dein Selbstwertgefühl auf gesunde Weise zu stärken. Dabei ist es auch wichtig zu verstehen, dass du schon ein vollwertiger und wertvoller Mensch bist – auch ohne dass du dich bis zu Erschöpfung für andere einsetzt.
  • Außerdem musst du zum Überwinden des Helfersyndroms lernen, „Nein“ zu sagen. Mehr zu diesem Thema erfährst du hier: Nein sagen: So lernst du, dich abzugrenzen.
  • Schließlich solltest du auch Methoden der Selbstfürsorge kennenlernen. So kannst du dir zum Beispiel mit Entspannungsübungen, Yoga, Meditation oder Hobbies, in denen du voll und ganz aufgehst, etwas Gutes tun und dich damit vor allem erst einmal selbst auf deinem Weg unterstützen. Denn bevor du wieder anderen Menschen im gesunden Maße helfen kannst, musst du jetzt nur dir selbst Hilfe anbieten.

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