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Immer zu spät ins Bett: So kannst du mit „Bedtime procrastination“ umgehen

Bedtime Procrastination
Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap

Bedtime procrastination beschreibt ein Verhalten, bei dem man länger aufbleibt als beabsichtigt. Welche Ursachen das hat und wie du spätes Aufbleiben vermeiden kannst, erfährst du hier.

Du scrollst stundenlang durch Instagram, schaust Fernsehen, klickst dich durch Onlineshops und checkst, was es Neues auf Twitter gibt – obwohl du eigentlich längst schlafen solltest. Wenn auch du das Zubettgehen häufig aufschiebst, betreibst du möglicherweise Bedtime procrastination (deutsch: „Bettgehzeit-Verzögerung“). Wie jede Form des Prokrastinierens kann auch Bedtime procrastination negative Folgen nach sich ziehen.

Was ist Bedtime procrastination?

Bedtime procrastination zögert den Schlaf unnötig heraus. Das kann zu Schlafmangel führen.
Bedtime procrastination zögert den Schlaf unnötig heraus. Das kann zu Schlafmangel führen.
(Foto: CC0 / Pixabay / CrizzlDizzl)

Vermutlich hat jede:r schon einmal wichtige Dinge vor sich hergeschoben: Hausaufgaben oder Steuererklärung, potentiell unangenehme Gespräche oder die Vorbereitung auf eine Präsentation. Ein solches sporadisches Verschieben ist abzugrenzen vom Störungsbild der Prokrastination – einer pathologischen Form des Aufschiebens, die sich dadurch auszeichnet, dass man als dringend und notwendig betrachtete Tätigkeiten oder Aufgaben hinauszögert und stattdessen etwas anderes macht, das im Vergleich angenehmer erscheint.

Bei der Prokrastination handelt es sich um eine Störung der Selbststeuerung, die großen Leidensdruck erzeugen und im schlimmsten Fall negative (berufliche) Folgen nach sich ziehen kann. Die Betroffenen haben oft nicht nur mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen, sondern auch mit einer starken Beeinträchtigung ihrer persönlichen Ziele sowie ihrer körperlichen und psychischen Verfassung. Beispielsweise kommt es nicht selten zur Abwertung der eigenen Person, da man sich über sich selbst ärgert, etwas unnötigerweise herausgezögert zu haben.

Bei der Bedtime procrastination zögert man den Schlaf unnötig heraus. Dem Wissenschaftsmagazin Spektrum zufolge hat sich in Fachkreisen eine Definition etabliert, laut derer Bedtime procrastination vorliegt, wenn

  1. du das Einschlafen aktiv verschiebst,
  2. es für das späte Aufbleiben keinen triftigen Grund gibt,
  3. und du weißt, dass das Aufbleiben negative Konsequenzen für dich bringen könnte.

Beispielsweise kann Bedtime procrastination zu Schlafmangel führen, wodurch du am nächsten Tag weniger leistungsfähig bist. Schlafmangel kann darüber hinaus Gereiztheit sowie andere psychische und körperliche Probleme verursachen. So lässt langfristig zu wenig Schlaf auch Herzschlag, Blutdruck, die Hormone, den Stoffwechsel und andere Funktionen durcheinander geraten.

Warum prokrastiniert man das Zubettgehen?

Zu Bedtime Procrastination kommt es, wenn man sich von angenehmen Tätigkeiten nicht lösen kann, um schlafen zu gehen.
Zu Bedtime Procrastination kommt es, wenn man sich von angenehmen Tätigkeiten nicht lösen kann, um schlafen zu gehen.
(Foto: CC0 / Pixabay / simardfrancois)

2014 hat die Sozial- und Verhaltensforscherin Floor M. Kroese von der niederländischen Universität Utrecht das Phänomen der Bedtime procrastination erstmalig benannt. Die Wissenschaftlerin hat auch untersucht, welche Ursachen die hinausgezögerte Zubettgehzeit hat.

Ihrer Forschung zufolge besteht ein Zusammenhang zwischen Bedtime procrastination und der Persönlichkeit: Demnach prokrastinieren Menschen ihr Schlafengehen aufgrund mangelnder Selbstkontrolle. Sie würden über nicht genug Selbstregulierung verfügen, Spaß machende Tätigkeiten wie Fernsehen oder die Smartphone-Nutzung für das notwendige Zubettgehen zu beenden – welches unter Umständen eben unangenehm ist, wenn man sich oft mit Grübeleien vor dem Einschlafen plagt.

Es kommt an dieser Stelle laut Spektrum zu einer „intention-behavior-gap“ (deutsch: „Vorhaben-Verhalten-Kluft“), die oft im Gesundheitskontext auftrete: Beispielsweise nehmen sich auch viele Menschen vor, gesünder zu essen, schaffen dies aufgrund mangelnder Selbstregulierung aber nicht. 

Allerdings gibt es auch andere wissenschaftliche Erklärungsversuche. Die Forschungsergebnisse der Psychologin Jana Kühnel der Universität Wien sieht die Ursache für Bedtime procrastination eher in den sogenannten Chronotypen begründet – also darin, wie unsere innere Uhr tickt. Laut Kühnel sind es die späten Chronotypen (Eulen), die unter der Arbeitswoche eher zu Bedtime procrastination neigen als die frühen Chonotypen (Lerchen).

Das liegt daran, dass sich späte Typen an Zeitpläne anpassen müssen, die nicht ihrer Chronobiologie entsprechen: Sie müssen für die Arbeit morgens früh aufstehen, obwohl sie dann noch nicht aktiv sind. Und weil sie abends noch nicht müde genug sind, haben sie Schwierigkeiten mit dem Einschlafen. Deswegen zögern sie ihr Zubettgehen hinaus. 

Manchmal ist auch die Rede von „Revenge bedtime procrastination“ (deutsch: „Bettgehzeit-Verschiebung aus Rache“), wenn es um das unnötige Aufbleiben geht. Wie der Begriff schon andeutet, bleibt man bei der Revenge bedtime procrastination aus „Rache“ länger wach: Nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag will man nachts die Freizeit nachholen, die man tagsüber nicht hatte. Doch laut Spektrum ist für Kühnel dieses Verhalten nicht dasselbe wie klassisches Schlafenszeitprokrastinieren. Im Gegensatz zu Bedtime procrastination sei Revenge bedtime procrastination nämlich ein beabsichtigt längeres Aufbleiben aus Trotz.

So vermeidest du Bedtime procrastination

Um Bedtime Procrastination zu vermeiden, solltest du dir klare Regeln auferlegen - wie kein Smartphone im Schlafzimmer.
Um Bedtime Procrastination zu vermeiden, solltest du dir klare Regeln auferlegen – wie kein Smartphone im Schlafzimmer.
(Foto: CC0 / Pixabay / LUM3N)

Langfristig kann Bedtime procrastination wie beschrieben zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen. Um die Nachtruhe nicht weiter hinaus zu zögern, solltest du dich zuallererst der Auswirkungen bewusst werden. Das kann dabei helfen, Absicht und Verhalten in Einklang zu bringen. Erinnere dich selbst daran, dass du eine positive Wirkung (weniger Müdigkeit) durch ein verändertes Verhalten (früher schlafen) erzielen kannst. 

Außerdem können dir folgende weitere Tipps helfen, um Bedtime procrastination zu vermeiden:

  • Richte dich nach deinem Schlafrhythmus: Wenn du zu den „Eulen“ zählst und das Zubettgehen prokrastinierst, weil du abends einfach noch nicht müde bist, hilft es, Sport in deinen Alltag zu integrieren. Allerdings solltest du bis etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen anstrengenden Sport meiden. 
  • Überlege dir eine realistische Abendroutine: Frage dich, wann du ins Bett gehen möchtest und was du abends noch vorhast. So kannst du im Voraus planen, wie viel Zeit dir für die Aktivitäten bleibt und welche konkrete Schlafenszeit sich daraus ergibt.
  • Setze dir klare Regeln: Deine Abendroutine sollte zum Beispiel vorsehen, dass du 30 Minuten vor deiner Schlafenszeit das Handy weglegst oder den Fernseher ausschaltest. Aus dem Schlafzimmer solltest du diese Gegenstände daher auch verbannen.
  • Fokussiere dich auf Entspannung: Wenn du das Zubettgehen hinauszögerst, weil du vor dem Einschlafen oft grübelst, könntest du persönliche Rituale zum Entspannen entwickeln. Beispielsweise könntest du eine Meditation zum Einschlafen probieren, dich mit Lavendelöl einreiben oder deine Gedanken in ein Tagebuch schreiben.
  • Mehr Freizeit tagsüber: Solltest du Revenge bedtime procrastination betreiben, versuche, tagsüber eine halbe Stunde Zeit nur für dich zu finden. So hast du nicht das Bedürfnis, abends so viel Freizeit nachzuholen. Mehr dazu kannst du hier nachlesen: Me Time: Warum Zeit für dich selbst so wichtig ist.

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