Was spricht dafür, Insekten wie Würmer & Co. als Nahrungsmittel zu nutzen? Was spricht dagegen? Und welche Insekten könnten überhaupt auf den Tisch kommen?
Sollten wir Insekten als Nahrungsmittel nutzen? Sind sie wirklich – wie manche behaupten – die bessere Alternativen zu Fleischprodukten?
Auf jeden Fall, sagt Sabrina Jaap vom StartUp TeneTRIO, das bereits Hundeleckerli auf Mehlwurmbasis herstellt und in den nächsten Jahren auch in den „Humanmarkt“ einsteigen möchte. „Insekten haben zwar einen Eigengeschmack, doch der erinnert teilweise an bekannte Nahrungsmittel wie Nüsse oder Popcorn“.
Mehlwürmer & Co. als Tierfutter – aber nicht nur
Was ihre Nährwerte angeht sind etwa Mehlwürmer mit klassischen Fleischprodukten vergleichbar und teilweise sogar besser, meint Jaap: „Mehlwürmer haben eine ähnliche Proteinstruktur wie Rinder, liefern wie Fische die guten Omega-3- und 6-Fettsäuren und stellen bei entsprechender Fütterung auch die Vitamine zur Verfügung, die wir benötigen, um sie zu verwerten.“
Dennoch müssen weniger Ressourcen an Wasser, Land und Futtermitteln investiert werden. Gleichzeitig werden die CO2-Emissionen um ein Vielfaches verringert. Denn der Impact von Tieren ist gewaltig: Allein Katzen und Hunde seien für 25 bis 30 Prozent der Umweltauswirkungen des Fleischkonsums in den Vereinigten Staaten verantwortlich, so ein Forscher der UCLA.
Auch für viele Menschen, die aus ethischen Gründen kein Fleisch essen, können Insekten als Nahrungsmittel laut Sabrina Jaap eine attraktive Alternative sein: „Insekten als wirbellose Tiere leben in Kolonien und sind allein nicht überlebensfähig, daher kann man hier sozusagen von einer artgerechten Massentierhaltung sprechen.“
Insekten als Nahrungsmittel – mehr Forschung ist nötig
Auch Prof. Dr. Wilhelm Windisch vom Lehrstuhl für Tierernährung der Technischen Universität München (TUM) sieht Potential in der Nutzung von Insekten als Nahrungsmittel: „Insekten haben erstaunliche Fähigkeiten, Biomasse zu verwerten“. Er warnt allerdings davor, Insekten als Nahrungsmittel zu idealisieren, und rät dazu, Potentiale und Gefahren noch besser zu erforschen.
So wird beispielsweise gerne behauptet, dass Insekten von Styropor oder anderem Abfall ernährt werden und dann noch als wertvolle Lebensmittel für Tiere und Menschen dienen können. Dies ließ sich allerdings bisher nicht bestätigen.
Sobald Insekten in großem Stil gehalten werden, tauchen laut Windisch letztendlich die gleichen Herausforderungen auf wie in der regulären landwirtschaftlichen Tierhaltung: Welches Insektenfutter muss die Landwirtschaft produzieren? Was passiert mit dem Kot? Welche Schadstoffe können vom Futter in das Insekt gelangen? Wie können Seuchen und auf Menschen übertragbare Krankheiten vermieden werden? Woie genau sollen wir Insekten züchten und wer ist dafür verantwortlich? Schließlich sind das dann keine Wildtiere mehr, sondern landwirtschaftliche Nutztiere.
Vielfältige Produktlandschaft
Neben dem Mehlwurm steht auf dem deutschen Markt bisher vor allem der Buffalowurm, die Heuschrecke und die Grille im Fokus, die laut der Novel Food-Verordnung seit dem 1. Januar 2018 verarbeitet werden dürfen.
Vereinzelt werden laut Jaap auch Seidenraupenlarven, Seidenwürmer, Ameisen und Bienen angeboten. Windisch sieht darüber hinaus noch viel Potential in Insekten, die Holz und andere faserreiche Biomasse verwerten können, wie etwa dem Bockkäfer.
Produktbeispiele sind:
- Protein- und Energieriegel aus Grillen-Mehl von SENS (z.B. bei** Amazon)
- Insektenburger aus Buffalowürmern der Bugfoundation GmbH (z.B. bei Rewe)
- Nudeln, Kekse, Granola und Croutons aus Buffalo-Larven, Grillen, Mehlwürmern und Seidenraupen der Plumento-Foods GmbH (z.B. bei** Amazon)
- Gefriergetrocknete Insekten, Mehl und Schokolade und Energieriegel aus Heuschrecken, Grillen, Mehl- und Buffalowürmer von Snack-Insects (z.B. bei** Amazon)
- Gefriergetrocknete Heuschrecken, Grillen, Mehl- und Buffalowürmer von Exo-Snacks (z.B. bei** Exo Snacks / Amazon)
- Diverse Produkte auf Insektenbasis von JIMINI’s und micronutris
Bald Mainstream?
Auch wenn viele Menschen hierzulande Insekten noch für eklige Schädlinge halten – viele Fachleute gehen davon aus, dass es über kurz oder lang auch in Deutschland Mainstream sein wird, sie als Nahrungsmittel zu nutzen. „Vor zwanzig Jahren war es noch nicht üblich, rohen Fisch zu essen, doch heute schreckt kaum einer mehr vor dem Sushi-Restaurant zurück“, meint Jaap.
Die Gewöhnung könnte also einfach noch Zeit brauchen und etwa in kommenden Generationen der Ekel vor Mehlwürmern & Co. verschwinden. Windisch hofft, dass Insekten dazu beitragen werden, die Versorgung der Menschheit mit Lebensmitteln dauerhaft sicherzustellen.
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