Weintrauben haben im Herbst Saison – aber im Supermarkt findet man trotzdem so gut wie nie Trauben aus Deutschland oder gar aus der eigenen Region. Warum ist das so?
Wer im Supermarkt Trauben kaufen will und dabei auf die Herkunft achtet, wird schnell feststellen: Die Früchte stammen fast ausschließlich aus Südeuropa oder sogar aus Übersee. Weintrauben aus deutschem Anbau findet man auch in der Hochsaison so gut wie nirgends.
An Produkten aus heimischen Trauben herrscht dabei kein Mangel: Weine von der Mosel, aus der Pfalz, Rheinhessen oder Baden gibt es in fast allen Supermärkten. Warum dann keine Trauben zum Essen?
Traubenanbau war lange eingeschränkt
Die Trauben für den Verzehr unterscheiden sich von jenen für die Weinherstellung. Die allermeisten der tausenden bekannten Rebsorten sind sogenannte Keltertrauben, aus denen Wein gewonnen wird. Sie sind meist kleiner und haben eine festere Schale als die sogenannten Tafeltrauben, die wir als Obst essen.
Der Hauptgrund, warum man bei uns kaum Tafeltrauben aus deutschem Anbau findet: Bis zum Jahr 2000 war der Anbau von Tafeltrauben für den Verzehr stark reglementiert. Nur Winzer:innen durften auf ihren Weinbauflächen Tafeltrauben anbauen. Inzwischen dürfen zwar auch Obstanbaubetriebe in Deutschland Tafeltrauben züchten, doch die Flächen sind bis heute überschaubar.
Während die Rebfläche für Keltertrauben laut Statistischem Bundesamt etwas über 100.000 Hektar beträgt, liegt die gesamte Anbaufläche für Tafeltrauben nur bei einigen hundert Hektar (Stand 2024).
Dabei liegt der Pro-Kopf-Konsum von Tafeltrauben in Deutschland bei rund fünf Kilogramm im Jahr – eine Menge, die der deutsche Anbau derzeit nicht einmal ansatzweise abdecken kann. Laut dem Branchenanalysedienst Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) lag im Jahr 2022 der Anteil der in Deutschland produzierten Tafeltrauben, die von privaten Hauhalten eingekauft wurden, bei gerade einmal 2 Prozent. Die meisten Trauben im Handel stammten AMI zufolge aus Italien, Südafrika und Spanien.
Heimische Trauben: „Die Produktionskosten sind deutlich höher“
Dass hierzulande bislang kaum Tafeltrauben angebaut werden, liegt auch daran, dass es sich um empfindliche Früchte handelt. Sie sind vertragen nicht zu viel Regen oder gar Hagel, brauchen viel Sonne und sind anfällig für Pilzkrankheiten wie Mehltau. Insbesondere die bei Verbraucher:innen beliebten kernlosen Sorten sind krankheitsanfällig oder gedeihen in unserem Klima kaum. Und: „Die Zeit, in der die Früchte hier reifen und aus heimischem Anbau angeboten werden können, ist kurz“, sagt Dr. Annette Urbanietz von der Fachgruppe Obstbau, dem wichtigsten Branchenverband.
Daher ist es schwierig für heimische Obstbaubetriebe, die richtigen Sorten und den richtigen Standort zu finden. Zwar gibt es an verschiedenen Standort in Deutschland Sortenprüfungen, doch bislang nur wenige erfolgreiche Anbauprojekte.
Denn der Anbau rechnet sich kaum: Der Aufwand für Pflege, Schutz und Ernte der Trauben ist hoch – und das schlägt sich auch im Preis nieder. Mit den Verkaufspreisen für importierte Trauben mitzuhalten, ist kaum möglich. „Die Produktionskosten sind deutlich höher, sodass Tafeltrauben aus deutschem Anbau zu deutlich höheren Preisen angeboten werden müssen als Importware – und das zahlt der ‚Main-Stream-Kunde‘ nicht“, so Urbanietz. Derzeit beschränke sich der Anbau und die Vermarktung von Tafeltrauben aus deutschem Anbau hauptsächlich auf Direktvermarkter im süddeutschen Raum bis ins Rheinland.
Warum sich der Aufpreis für Bio-Trauben lohnt
Wer in diesen Regionen weilt und bereit ist, etwas höhere Preise zu bezahlen für lokal angebaute Früchte, sollte sich im Supermarkt, vor allem aber im Gemüseladen, im Bioladen, bei regionalen Erzeuger:innen auf dem Wochenmarkt oder bei einem lokalen Biokisten-Dienst umsehen. Hier wird man am ehesten fündig.
Wenn möglich empfiehlt es sich, beim Kauf von Trauben auf Bio-Siegel zu achten: Die empfindlichen Trauben werden im konventionellen Anbau häufig mit vielen Pestiziden behandelt. Sie gehören regelmäßig zu den am stärksten mit Pestizidrückständen belasteten Früchten. Im Jahr 2021 etwa fand das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in rund 95 Prozent der untersuchten Proben Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Im Bio-Anbau sind chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel nicht erlaubt.
Und dennoch: Eine möglichst regionale Herkunft spart Transportwege und damit CO2-Emissionen. Genau wie bei anderen Früchten ist es sinnvoll, Trauben nur während der Saison zu kaufen – also im Herbst – und sie dann bewusst zu genießen. Dann braucht es auch weniger Früchte aus Südafrika oder Indien.
Verwendete Quellen: Statistisches Bundesamt, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbh (AMI), Fachgruppe Obstbau, Ökolandbau.de, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
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