Klärschlamm bleibt bei der Abwasserreinigung zurück. Was darin alles enthalten ist und wie das mit unserer Phosphorversorgung zusammenhängt, liest du hier.
Wo der Klärschlamm herkommt
Klärschlamm bleibt in den Kläranlagen zurück, nachdem dort das Abwasser gereinigt wurde. In den Anlagen sammeln sich Abwässer aus Haushalten sowie Betrieben und Industrieanlagen. Ebenso landet Regenwasser, das auf der Straße in den Gully fließt, erst einmal in der Kläranlage. Dieses gebrauchte Wasser wird dort gereinigt, bevor es wieder zurück in Flüsse und Gewässer fließt.
Die Kläranlage arbeitet in mehreren Schritten. Das Abwasser fließt dabei durch unterschiedliche Reinigungsbecken, darunter auch sogenannte Sickerbecken. Die Aufgabe der Becken ist es, das Wasser von kleinen Teilchen zu reinigen. Das können beispielsweise Sand, Erde und andere Rückstände sein, meist organische. Sie sinken auf den Boden des Beckens und setzen sich dort als Klärschlamm ab. Laut Statistiken des Umweltministeriums entstehen in deutschen Kläranlagen jährlich rund 1,7 Millionen Tonnen Klärschlamm.
Der Klärschlamm mus zur weiteren Behandlung stabilisiert werden, das bezeichnet den Abbau der organischen Stoffe. Bei der aeroben Stabilisierung wird Sauerstoff benötigt, bei der anaeroben, auch Schlammfaulung genannt, nicht. Anschließend wird er entwässert und eventuell getrocknet, um das Volumen weiter zu verringern. So können beispielsweise Transportkosten eingespart werden.
Klärschlamm: Eine Lösung für den Phosphor-Engpass?
Der Klärschlamm enthält Mineralstoffe, die eigentlich zu wertvoll sind, um sie nicht weiterzuverwenden. Neben Stickstoff ist das insbesondere Phosphor. Das Medizinportal Netdoktor erklärt, dass auch menschlicher Urin Phosphor in Form von Phosphaten enthält. Mit der Toilettenspülung fließt der Mineralstoff also ins Abwasser und zum Klärwerk.
Phosphor ist lebenswichtig für die meisten Lebewesen. Sowohl Menschen, Tiere als auch Pflanzen benötigen geringe Mengen davon zum Zellaufbau. Mit dem Mineralstoff versorgen dich beispielsweise Hülsenfrüchte oder Milchprodukte, aber auch Getreide. Pflanzen dagegen nehmen Phosphor aus dem Boden auf. Ohne Phosphor würden sie verkümmern. Das Umweltministerium erläutert, dass dem Phosphor eine wichtige Rolle zukommt, um auch künftig die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sicher zu stellen. Oft sind daher Düngemittel mit Phosphor angereichert.
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) spricht sogar von einer drohenden Phosphorkrise. Aktuellen Berechnungen zufolge reichen die Vorräte noch etwa 100 bis 300 Jahre. Phosphor ist ein endlicher, also begrenzter, Rohstoff. Er steht daher auf der Liste der für die EU kritischen Rohstoffe.
Der NABU führt den „Hunger auf Fleisch“ in westlichen Kulturen als Grund für die große Nachfrage nach Phosphordünger an. Rund 80 Prozent des jährlich weltweit abgebauten Phosphors verbrauchen dem NABU zufolge Düngemittelhersteller. Die Albert Schweizer Stiftung rechnet vor, dass ein Kilogramm Fleisch je nach Art zwischen 3,9 bis 9,4 Kilogramm Getreidefutter benötigt. Die Felder, auf denen diese Mengen an Futter wachsen, benötigen wiederum Dünger – oftmals phosphorhaltig.
Um auch in Zukunft den wichtigen Mineralstoff für alle Lebewesen zu erhalten, soll recycelter Phosphor die Reserven der Erde schonen. Hier kommt der Klärschlamm ins Spiel. Als organischer Dünger aufbereitet, könnte er die Äcker mit Phosphor und Stickstoff versorgen.
Tipp: Du kannst mithelfen, Phosphor zu sparen, indem du dich fleischarm oder vegan ernährst.
Klärschlamm und das Problem mit Schadstoffen
Die Idee, den Klärschlamm in der Landwirtschaft einzusetzen, hat jedoch einen Haken: Am Boden der Klärbecken setzt sich nicht nur der wichtige Mineralstoff ab, sondern auch viele Schadstoffe. Die neue Klärschlammverordnung von 2017 regelt die Grenzwerte für häufige Schadstoffe. Nur Schlamm, der nach der Verordnung als unbedenklich gilt, darf am Ende als Dünger auf die Felder.
Schadstoffe im Klärschlamm sind unter anderem Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber. Das Umweltministerium berichtet jedoch, dass der Schadstoffgehalt im Klärschlamm in den letzten 40 Jahren wegen strengerer Vorgaben über 90 Prozent zurückgegangen ist.
Trotzdem wird immer weniger Klärschlamm zu Dünger weiterverarbeitet. So nutzten Landwirte 2017 nur noch 18 Prozent des gesamten Klärschlamms – 1997 lang der Anteil noch bei 41 Prozent.
Laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) wurden lange jedoch nicht alle Stoffe im Klärschlamm untersucht und einige werden nun seit ein paar Jahren berücksichtigt. Einige der Stoffe bauen sich gar nicht oder nur sehr langsam in der Natur ab. Sie können so Tiere und Pflanzen schädigen. Für andere Stoffe ist noch nicht geklärt, ob sie im Zusammenhang mit Nutzpflanzen unbedenklich sind oder nicht.
Dazu zählen unter anderem:
- Weichmacher, zum Beispiel in Plastik
- Tenside und perfluorierte Tenside (PFT) in Reinigungsmitteln
- Rückstände von Arzneimitteln
- Nanoplastik und Mikroplastik, unter anderem in Kosmetika .
Ein weiteres Problem sind Krankheitserreger, die sich ebenfalls im Klärschlamm sammeln können. Das sind unter anderem Pilzsporen, Bakterien oder Viren. Das LfU warnt, dass Kläranlagen oftmals nicht die Vorrichtungen besitzen, um solche Mikroorganismen abzutöten. Dafür ist eine sogenannte Hygienisierung notwendig. Diese ist gesetzlich noch nicht für alle Erreger vorgeschrieben.
Klärschlamm: Was tun?
Klärschlamm endet meist in Verbrennungsanlagen, man spricht dann von thermischer Behandlung. Laut Statistischem Bundesamt waren das 2017 etwa 70 Prozent. Laut einem Bericht des Umweltbundesamtes entsorgen spezielle Monoverbrennungsanlagen den Klärschlamm. Weitere Möglichkeiten sind Müllverbrennungsanlagen, Zementwerke oder Kohlekraftwerke. Sie nutzen die Wärmeenergie, die der Klärschlamm bei der Verbrennung freisetzt.
Greenpeace berichtet, dass der Klärschlamm zunehmend Probleme und Kosten verursacht. Die Betreiber von Kläranlagen laufen Gefahr, auf dem Schlamm sitzen zu bleiben. Laut Greenpeace kamen 2019 Verbrennungsanlagen mitunter an die Grenzen ihres Fassungsvermögens. Um noch mehr Klärschlamm zu verbrennen braucht es neue Anlagen. Jedoch löst die bisherige Technik, mit der die Verbrennungsanlagen arbeiten, nicht das Phosphorproblem. Eigentlich sollte Klärschlamm eine nachhaltige Quelle für Phosphor sein, statt Verbrennungsprobleme zu erzeugen.
Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass mit der Verbrennung Phosphor nicht mehr direkt verwertet werden kann. Neue Konzepte zur Rückgewinnung sind daher gefordert. Der Bericht des Umweltbundesamtes schlägt unter anderem vor:
- Die technische Entwicklungen rund um das Phosphor-Recycling aus Klärschlamm zu fördern. Ein aussichtsreiches Verfahren befand sich zum Zeitpunkt der Berichtserstellung (Ende 2018) noch im Testbetrieb.
- Die Schadstoffbelastung im Abwasser weiter zu senken. Eine Möglichkeit könnte zum Beispiel sein, Krankenhäuser vom allgemeinen Abwassersystem zu trennen. Dadurch würden die Rückstände an Medikamenten und Krankheitserregern im Klärschlamm sinken.
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