Leinen ist als Textilfaser vielfältig einsetzbar und vor allem im Sommer beliebt. Wie nachhaltig Flachs ist und wie die Naturfaser gewonnen wird, erfährst du hier.
Leinen: Nützliche Naturfaser aus Europa
Als Leinen oder Flachs werden sowohl die Faser der Flachspflanze als auch daraus gefertigte Textilstoffe bezeichnet. Leinen wird schon seit Jahrtausenden vom Menschen genutzt und war neben Wolle bis ins 19. Jahrhundert der wichtigste Rohstoff für Textilien. Erst als eine effizientere Baumwollproduktion infolge der Industrialisierung möglich war, wurde Leinen von Baumwolle und später von synthetischen Fasern verdrängt. Aus modischen und ökologischen Gründen ist Leinen jetzt wieder ein beliebter Stoff.
Leinen ist recht anspruchslos und gedeiht an unterschiedlichen Standorten, so der Gesamtverband Leinen e.V.. Günstige Anbaubedingungen bieten Küstenregionen mit gemäßigten Temperaturen im Sommer. Hauptanbaugebiete sind heute China und Europa, wobei vor allem Frankreich und Belgien große Mengen an Flachs anbauen. Auch in Russland wird viel Leinen produziert, während Deutschland einen verschwindend geringen Anteil an der weltweiten Produktion ausmacht. Im Gegensatz zu Baumwolle ist Leinen bei uns heimisch und auch in Bio-Qualität verfügbar.
Wie wird Leinen gewonnen?
Für den Leinenstoff wird der bis zu eineinhalb Meter hohe Faserlein angebaut, der laut NABU damit deutlich höher wächst als die verwandten Ölleinsorten. Bei der Ernte wird nach Angaben des Gesamtverbands Leinen e.V. die Flachspflanze zunächst gerauft – das heißt, die Flachsstängel werden samt Wurzel aus der Erde gezogen. Sie werden dann in Bündeln parallel auf dem Feld abgelegt und es folgt der zweite Schritt – die Röste. Heutzutage wird überwiegend die Tauröste angewandt, bei der durch Taufeuchte und Regen ein natürlicher Fäulnisprozess einsetzt. Pilze und Bakterien zersetzten die Flachsstängel, bis sich die Flachsfasern im Inneren der Stängel vom Rest der Pflanze trennen lassen. Dabei müssen die Flachsbündel regelmäßig gewendet werden. Die zersetzten Pflanzenteile verrotten zu Humus und versorgen den Boden mit wichtigen Nährstoffen. Ist die Röstreife erreicht, werden die Flachsstängel getrocknet und zu Ballen gepresst.
Die Weiterverarbeitung:
Auch die weiteren Schritte beschreibt der Gesamtverband Leinen e.V. ausführlich: Das Flachsstroh wird gebrochen, damit sich der harte Holzkern in den Stängeln entfernen lässt. Nun werden die Flachsfasern gehechelt, also zur Reinigung durchkämmt, wodurch die Bastfasern längs aufgespalten werden. Kurze Faserreste werden entfernt und die langen Fasern (Langfasern) werden parallel ausgerichtet. Letztere sind Grundlage für den Leinenstoff und werden zu Fäden versponnen, die wiederum zu Stoffen verwebt werden.
Da die Leinenproduktion sehr aufwändig ist, wurde die Naturfaser nach und nach von anderen Textilfasern verdrängt, die billiger und einfacher zu gewinnen sind.
Wie nachhaltig ist die heimische Naturfaser?
Grundsätzlich ist Leinen ein sehr nachhaltiges Erzeugnis, da es sich um eine heimische Naturfaser handelt, die biologisch abbaubar ist. Zudem kommt Flachs auch gut mit wenig Dünge- und Pflanzenschutzmitteln aus, weshalb er sich optimal für den ökologischen Anbau eignet. Dennoch setzt die konventionelle Landwirtschaft Düngemittel und chemisch-synthetische Pestizide ein, wenngleich weniger als bei anderen Nutzpflanzen. Laut Gesamtverband Leinen e.V. kommt im Leinenanbau rund zehn Mal weniger Stickstoffdünger zum Einsatz als bei Weizen oder Raps. Grund dafür ist das besondere Ernteverfahren von Flachs:
Durch die Röste, bei der das Flachsstroh auf dem Feld liegen bleibt, werden zuvor aufgenommene Nährstoffe der Pflanze wieder ausgewaschen und gelangen zurück in den Boden. So bleiben auch nach der Ernte noch genügend Nährstoffe im Ackerboden erhalten. Stickstoff und Phosphor müssen beispielsweise kaum künstlich zugeführt werden, wobei Kalium und Magnesium in der konventionellen Landwirtschaft standardmäßig zur Anwendung kommen. Herbizide und Insektizide werden ebenfalls gespritzt.
In der ökologischen Landwirtschaft ist der Flachsanbau dank der natürlichen Folge von Nährstoffentzug und Nährstoffrückführung sehr erfolgreich. Statt Mineraldüngern wie Phosphor oder Stickstoff tragen zudem Zwischenfrüchte wie Senf oder Klee zur optimalen Nährstoffversorgung bei. Zwischenfrüchte werden als Gründüngung eingesetzt und im Wechsel mit der eigentlichen Nutzpflanze angebaut. So wird die Bodenqualität verbessert und das Feld mit Nährstoffen versorgt. Synthetisch hergestellte Mineraldünger, die meist die Form von Salzen haben, sind damit überflüssig. Anders als bei synthetischen Düngemitteln muss bei der Gründüngung ein hoher Humusgehalt im Boden aufrechterhalten werden, was nach Umweltbundesamt der Bodenqualität zugutekommt. Zudem ist die Herstellung von Mineraldüngern sehr ressourcenintensiv.
Mehrgliedrige Fruchtfolgen mit Zwischenfrucht und langen Anbaupausen zwischen den Hauptfrüchten bieten einen natürlichen Schutz vor Schadorganismen, die sich auf bestimmte Nutzpflanzen spezialisiert haben. Im Gegensatz zu Monokulturen können sich die Schädlinge durch den häufigen Fruchtwechsel weniger gut ausbreiten, da sie keine stetige Nahrungsquelle haben. So kommt die biologische Landwirtschaft auch ohne synthetische Pestizide aus. Im Vergleich zur Baumwollgewinnung benötigt der Leinenanbau zudem deutlich weniger Wasser und die Faser muss keine langen Transportwege zurücklegen, was CO2-Emissionen einspart.
Ökologische Vorteile im Überblick:
- biologisch abbaubar
- regionaler Anbau
- wenig Düngemittel nötig
- für den biologischen Anbau geeignet
- Wasserverbrauch deutlich geringer als bei Baumwolle
Insgesamt ist Leinenanbau in ökologischer Bewirtschaftung sehr nachhaltig. Allerdings ist das Ernteverfahren deutlich aufwändiger und teurer als bei Baumwolle.
Eigenschaften und Verwendung von Leinen
Traditionell wird Leinen aufgrund seiner besonderen Qualitäten gerne für Kleidung und Bettwäsche verwendet. Nicht nur in der Herstellung, sondern auch als fertiges Produkt ist Leinen nachhaltig, da Erzeugnisse aus der Naturfaser sehr langlebig sind.
Leinen bringt folgende Eigenschaften mit sich:
Vorteile:
- reißfest und strapazierfähig
- fusselfrei
- schmutzabweisend und bakterizid
- atmungsaktiv und feuchtigkeitsregulierend
- wirkt kühlend im Sommer
- leicht
Nachteile:
- knitteranfällig
- nicht scheuerfest (hier mehr zu Tipps zum Waschen von Leinen)
- empfindlich gegenüber trockener Hitze (Leinen solltest du nur feucht bügeln und nicht im Wäschetrockner trocknen)
Vorsicht: Nicht alle Textilien, die wie Leinen aussehen, sind tatsächlich aus Leinen gefertigt. So werden teils Textilien mit sehr geringem Leinenanteil als Leinenprodukte vermarktet.
Neben Kleidung und Bettwäsche wird Flachs auch für Schuhe, Taschen, Bucheinbände oder Leinwände gebraucht. Leinenstroh (der holzige Teil des Stängels) dient zudem als Einstreu für Pferde. Kurze Leinenfasern, die als Nebenprodukt der Leinenproduktion anfallen, werden als natürlicher Dämmstoff eingesetzt.
Darauf solltest du beim Kauf achten
Grundsätzlich solltest du beim Kauf von Naturfasertextilien möglichst auf Bio-Qualität achten. So unterstützt du eine ökologische Landwirtschaft und den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Wirf zudem immer einen Blick auf die enthaltenen Materialien des Textils. Reines Leinen ist auch als solches gekennzeichnet. Als Halbleinen dürfen laut EU-Verordnung Nr. 1007/2011 (Artikel 9 (3)) Produkte gekennzeichnet werden, die mindestens 40 Prozent Leinenanteil im Gesamtgewicht des entschlichteten Gewebes aufweisen. Die Organisation CELC (European Confederation of Flax and Hemp) kennzeichnet mit ihrem MASTERS OF LINEN-Siegel beispielsweise, dass das Leinenerzeugnis vom Anbau bis zum fertigen Produkt in Europa hergestellt wurde. Ein rein biologischer Anbau ist allerdings kein Kriterium des Siegels.
Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Textilsiegel, die ökologische und oft auch sozialverträgliche Produktionsbedingungen gewährleisten. Zu den international anerkannten Gütesiegeln mit strengen Qualitätsanforderungen zählen etwa die folgenden:
- BEST-Siegel des iVN (internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft): Das hauptsächlich im europäischen Raum angewandte Siegel kennzeichnet ökologisch, nachhaltig und sozial verantwortlich produzierte Naturtextilien, die zu 100 Prozent aus biologisch angebauter Naturfaser bestehen. Das blaue Siegel gilt derzeit als höchstes Qualitätsmaß mit den strengsten Anforderungen an Naturfasertextilien in Bezug auf Nachhaltigkeit.
- GOTS (Global Organic Textile Standard): Das weltweit anerkannte Gütesiegel steht für ökologisch und sozialverantwortlich produzierte Naturfasern und bezieht die gesamte Herstellungskette mit ein. Auch die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind dabei streng geregelt. Das Siegel erkennst du an dem grünen Logo mit einem weißen Hemd in der Mitte.
- Made in Green: Die Zertifizierung von Oeko-Tex zählt zu den strengsten Produktlabels für Textilerzeugnisse. Zertifiziert werden nur ökologisch und unter sozialverträglichen Arbeitsbedingungen produzierte Textilien. Das Label ist eine Erweiterung des Gütesiegels Öko-Tex Standard 100 mit verschärften Richtlinien.
- Öko-Tex Standard 100: Bei dem internationalen Gütesiegel werden Textilien auf Schadstoffrückstände überprüft. Soziale Aspekte werden nicht berücksichtigt. Es werden vier Produktklassen unterschieden, für die unterschiedlich strenge Kriterien gelten. Beim Gütesiegel Oeko-Tex Standard 100plus werden zusätzlich auch soziale Standards kontrolliert.
- EU-Ecolabel: Die „EU-Blume“ als europäisches Umweltzeichen steht für eine umweltfreundlichere Herstellung von verschiedensten Produkten. Den Verbraucher*innen soll signalisiert werden, dass das Produkt im Vergleich zu ähnlichen Produkten umweltschonender hergestellt wurde. Allerdings werden Sozialstandards nur kaum berücksichtigt: Bei Textilien gibt es zum Beispiel keine vorgeschriebene Begrenzung der Arbeitszeit.
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