Nespresso-Kapseln liegen im Trend. Doch die Kaffeekapseln sind überteuert, verschwenden Rohstoffe und hinterlassen tonnenweise Müll. Besser gehts mit wiederbefüllbaren Systemen wie Mycoffeestar, Coffeeduck, Mister Barista. Utopia hat sie ausprobiert.
Kaum zu glauben: Deutsche sparen ja an allem möglichen, doch beim Kaffee sitzt das Geld scheinbar locker. Zwar nicht beim Bio-Fairtrade-Kaffee für preiswerte 20 €/kg (gehobener Bio & Fairtrade-Kaffee). Dafür aber beim Kapsel-Kaffee, der es auf unglaubliche 70 Euro pro Kilo Kaffee bringt. Es reicht offenbar, überteuerten Kaffee in bunte Wegwerf-Kapseln zu verpacken – schon ist jeder Preis möglich.
Alle Beteiligten wissen: das ist Wahnsinn. Pro Jahr entstehen auf diese Weise 8 Milliarden Kaffeekapseln aus 7800 Tonnen Aluminium (Schätzung), die sofort wieder weggeschmissen werden. Doch der Anteil der Kaffeekapseln im Gesamtröstkaffeemarkt wuchs 2015 zweistellig um 16 Prozent (PDF). Kein Konzern will sich das entgehen lassen – weshalb leider auch andere Kaffeeröster meinen, hier mitmüllen zu müssen.
Wiederverwendbare Nespresso-Kapseln
Schon ein Upgrade kann deine Nespresso-Maschine umweltfreundlicher machen. Das Geheimnis sind wiederverwendbare Nespresso-Kapseln wie Mycoffeestar, Mister Barista, Coffeeduck und andere, die wir unten detaillierter vorstellen.
Für eilige Leser die Bildergalerie zum Durchklicken:
Aber ist das überhaupt sinnvoll? Ja! „Mit Mehrweg-Kaffee-Kapseln spart man auf lange Sicht zum einen Geld“, bestätigt Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe, „Zum anderen verursacht man 14mal weniger Verpackungsabfall im Vergleich zu den Einweg-KK.“ Es ist also wirklich ganz einfach, sich Hunderte von Euro (!) zu sparen und die Umwelt zu schonen.
Auf eigenes Risiko: Allerdings muß auch darauf hingewiesen werden, dass die meisten Hersteller die Garantie als verfallen betrachten, wenn die Maschine durch Fremdkapseln zu Schaden kommt.
Die alternativen Nespresso-Kapseln im Einzelnen:
1. Mycoffeestar: Schraub-Alternative zu Nespresso-Kapseln
Im Frühjahr 2012 brachte die Schweizer Firma Mycoffeestar erste wiederbefüllbare Nespresso-Kapseln auf den Markt. Nach eigenen Angaben sind sie verwendbar in allen Nespresso-Maschinen nach 2003.
Das Besondere an der wiederverwendbaren Kaffeekapsel von Mycoffeestar: Sie besteht vollständig aus Edelstahl und lässt sich mit einem Schraubgewinde öffnen, füllen und sicher wieder schließen. Prinzipiell ist die Mycoffeestar daher frei von Verschleißteilen. Nur bei einigen Maschinen (erkennbar an Rillen in der Maschine) ist ein Dichtungsring aus Silikon nötig (zwei werden mitgeliefert); wir brauchten ihn nicht.
Ein Faltblatt erläutert die Anwendung (auch im Web). Bei der Handhabung erweist sich das Schraubgewinde als etwas mühsam, vor allem im nassen Zustand, dafür aber als sehr sicher. Mycoffeestar empfiehlt ausdrücklich einen fein bis sehr fein gemahlenen Kaffee und liefert auch eine Kaffeeprobe mit. Den Geschmack finden wir dünner als bei echten Nespresso-Kapseln, aber in Ordnung.
Die wiederverwendbare Kaffee-Kapsel von Mycoffeestar ist unser Favorit, weil besonders robust und langlebig gebaut.
Ca. 40 Euro (Dichtungsringe 6,25€/10 Stück)
mycoffeestar.com/de
2. Mister Barista: preiswerter Doppel-Brüher
Mit Mister Barista bieten zwei Tüftler aus Österreich seit 2014 eine wiederbefüllbare Alternative zu Wegwerfkapseln. Die Packung selbst verspricht nicht ausdrücklich Kompatibilität, doch die Website nennt „alle Nespresso-Kaffeemaschinen ab 2003“ als passend.
Mister Barista besteht aus einer Edelstahlkapsel und einem Deckel aus Metall und Gummi. Mitgeliefert werden zwei: ein rot-brauner Deckel für Filterkaffee, ein schwarzer für Espresso. Er wird einfach auf die gefüllte Kapsel gelegt, diese muss dann fest zugedrückt werden, bevor man sie in die Maschine einsetzt. Mister Barista nennt die Deckel Verschleißteile und gibt im Kleingedruckten an, dass sie etwa ein bis zwei mal jährlich auszutauschen sind.
Zur Packung gehören ein Kaffeelöffel und eine Halterung. Die Plastikteile erscheinen überflüssig, der Löffel erweist sich aber als nützlich. Die Rückseite der Packung erläutert die Anwendung auch auf Deutsch, könnte aber klarer zeigen, wie genau der Deckel zum Schließen aufzulegen ist. Hat man den Bogen raus, gibt es keine Probleme, auch nicht in der Maschine. Auch bei Mister Barista fällt der Geschmack subjektiv etwas hinter dem Nespresso-Original zurück.
Die Kaffee-Kapsel von Mister Barista ist nicht so stabil wie die Mycoffeestar, aber ein Preistipp – und interessant wegen der Benutzbarkeit mit normalem Kaffee.
Ca. 15 Euro (Ersatzdeckel: ca. 10 Euro/2 Stück)
mister-barista.biz
3. Coffeeduck: wiederverwendbare Nespresso-Kapseln aus Plastik
Die wiederverwendbare Coffeeduck aus den Niederlanden eignet sich laut Verpackung für Maschinen ab Oktober 2010. Wir fanden Coffeeduck im Handel unter den Namen „Xavax Nachfüllbare Kaffeekapseln“ und „Scanpart Coffeeduck“, beide enthalten identische Inhalte von „The Coffeeduck Company“, die übrigens auch wiederverwendbare Senseo-Pads anbietet.
Bei Coffeeduck erhält der Kunde gleich drei Kaffee-Kapseln pro Packung. Das ist nützlich, wenn man etwa drei Tassen hintereinander machen will. Die Coffeeducks sind zwar wiederverwendbar, bestehen aber aus Kunststoff. Das Verbrauchermagazin Ökotest fand darin 2013 PAK-Rückstände (Heft 10/2013), was vielleicht nicht jeder akzeptiert. Eine Coffeeduck-Kapsel dürfte zudem nicht ganz so lange halten wie etwa der Stahl der Mycoffeestar.
Eine Gebrauchsanleitung erklärt jeweils die Benutzung. Kapsel und Deckel sind bei Coffeeduck eine Einheit, die man einfach füllt und mit leichtem Druck schließt. Sonstige Teile gibt es nicht. Im Test fällt positiv auf, dass die Kapsel beim Herausnehmen nicht so heiß erscheint wie die Wettbewerber aus Metall. Der Geschmack erscheint uns hier als am kräftigsten.
Coffeeduck ist in der Handhabung unproblematisch, aber aus Plastik – die Alternativen aus Stahl gefallen uns besser.
Ca. 15 Euro/3 Stück.
coffeeduck.com
4. Sealpod: ein bisschen Etiketten-Schwindel
Der Sealpod aus Taiwan kommt in einer umweltfreundlichen Pappschachtel und erweckt so einen positiven ersten Eindruck. Der verschwindet aber, sobald man das System genauer betrachtet. Sealpod besteht nämlich aus einer Edelstahl-Kapsel mit fest aufgebrachtem Dichtungsring aus Silikon sowie, und hier ist der Haken, einigen Blättern mit insgesamt 24 Metallfolien-Aufklebern (nicht im Bild).
Die Sealpod-Kapsel ist also wiederverwendbar, die Folien-Aufkleber sind es nicht. Sealpod ist in Wirklichkeit ein Wegwerfsystem. Immerhin eines, das deutlich weniger Abfälle produziert als die Nespresso-Kapseln.
Geld sparen kann man mit Sealpod natürlich trotzdem. Dennoch raten wir eher zu Mycoffeestar oder Mister Barista: Einerseits wegen des geringeren Wegwerf-Anteils als beim Sealpod, aber auch weil die Handhabung mit den Klebefolien sich im Test als recht fummelig erwies, sowohl beim Füllen als auch beim Entsorgen. Geschmacklich stellen wir keine Unterschiede zu den anderen Metallkapseln fest.
Sealpod ist eine nur „angegrünte“ Kapsel mit Wegwerf-Etiketten – wir raten eher zu Mycoffeestar, Mister Barista oder Coffeeduck.
Ca. 20 Euro (12 Euro/100 Folien).
sealpod.com
Capsul’in: außer Konkurrenz (weil zum Wegwerfen)
Einige Nutzer wollen mit wiederbefüllbaren Kapseln nicht die Umwelt schonen, sondern bloß Geld sparen. Gut mit den oben genannten Kapseln, schlecht mit Produkten wie „Capsul’in“: Diese Wegwerf-Kapseln bestehen aus Kunststoff und haben jeweils aufzuklebende Alufoliendeckel, die man selbst befüllen kann – mit Bio- oder Fairtrade-Kaffee, aber natürlich auch mit Billig-Kaffee.
Im Test stellt sich das Füllen mit den Klebedeckeln als ziemliche Fummelei heraus. Auch wirft man damit genauso viele Kapseln weg wie beim Original-Wegwerfsystem von Nespresso. Und Plastik ist hier keineswegs besser als Alu. Utopia rät ab.
Capsul’in sind befüllbar, aber nicht wiederverwendbar – diese Kaffee-Kapseln braucht keiner.
Ca. 12 Euro / 50 Stück.
Schmeckt der Kapsel-Kaffee überhaupt?
An dieser Stelle ein ehrliches Wort: Der echte Nespresso-Kapsel-Kaffee schmeckt ziemlich gut. Das liegt natürlich auch daran, dass Kaffee und Kapseln hier mit viel Erfahrung und maximaler Kontrolle aufeinander abgestimmt sind. Das im Handbetrieb nachzubauen ist nicht einfach.
Im Test probierten wir mit den vier wiederbefüllbaren Kapseln einen einfachen, eher fein gemahlen, Bio-Fairtrade-Espresso von Basic. Die Kräftigkeit des Originals erreichte bei uns keine Kapsel auf Anhieb. Bei den Metallkapseln haben wir den Eindruck, dass diese Anfangs einen Teil der Wärme des Wassers aufbrauchen und erst dann guten Kaffee produzieren, weswegen uns der Kaffee aus den Coffeeduck-Kapseln tatsächlich etwas besser geschmeckt hat.
Es ist aber eine Frage der Erfahrung. Beim Test stellen wir fest, dass vor allem der Mahlgrad (möglichst fein), die Frische (möglichst frisch) und die Konsistenz des Kaffeepulvers (nicht zu feucht) darüber entscheiden, ob der Kaffee in Mycoffeestar, Coffeeduck, Mister Barista gelingt. Auch der Füllzustand der Kapsel ist wichtig: Ist sie nicht dicht genug befüllt, wird der Kaffee gerne mal zu dünn; ist sie zu vollgepresst, streikt vielleicht mal die Maschine. Als ideal haben wir auch den manuellen Modus empfunden, wo man selbst die Wasserzufuhr stoppt, sobald erkennbar wird, dass der Kaffee nun dünner wird.
Es kann eine Weile dauern, bis du die optimale Mischung aus Kaffeesorte und Mahlgrad für deine Kapsel in deiner Maschine herausgefunden und auch den Bogen bei der Befüllung raus hast. Es soll nicht verschwiegen werden, dass anfangs wahrscheinlich so manche Enttäuschung in die Tasse plätschert. Wer aber den Trick raus hat, kann sich über guten Kaffee freuen – und Tonnenweise Alu-Müll zu vermeiden ist die Mühe wert.
Es bleibt natürlich das Risiko, dass die Maschine Schaden nimmt und der Hersteller dann Gewährleistungsansprüche zurückweist, weil man nicht die Nespresso-Kapseln verwendet hat.
4 Gründe, jetzt auf wiederbefüllbare Nespresso-Kapseln umzusteigen
- Preiswerter als Original-Nespresso-Kapseln: Eine Kapsel enthält 6 Gramm Kaffee und kostet im Nespresso-Shop 35 bis 42 Cent. Ergo kommt das Gramm auf 5,83 bis 7 Cent, das Kilo also auf 60 bis 70 Euro. Bei wiederbefüllbaren Kaffee-Kapseln wie Mycoffeestar verwendest du genau jenen Kaffee, den du haben willst und bezahlen kannst.
- Weniger Müll als Nespresso: Jede Nespresso-Kapsel landet im Müll – Zero Waste geht anders. Das wertvolle Aluminium wurde mit viel Aufwand und Umweltverschmutzung aus der Erde gewonnen. Es kann in Teilen recycelt werden, und auch das nur mit viel klimabelastender Energie. Pro Kapsel fallen 1 bis 2 Gramm Alu an: Verwendet man eine wiederverwendbare Kaffee-Kapsel wie die robuste Mycoffeestar 1000 Mal, spart jeder Nutzer bereits über 1 Kilo Alu ein, mehrere Millionen von Nespresso-Kunden also viele Tausende von Tonnen.
- Umweltfreundlicher als das Original: Umweltprobleme begleiten die konventionelle Kaffeeproduktion, etwa durch Pestizide oder Monokulturen. Der Kaffee in Nespresso-Kapseln ist größtenteils durch das „AAA Sustainable Quality Program“ zertifiziert. Noch nie gehört? Tja, weil Nespresso sich damit nur selbst zertifiziert. Bio ist das jedenfalls nicht. Liegt’s am Preis? Wohl kaum: Bio-Kaffee ist ja sogar preiswerter als Nespresso, mit Systemen wie Mister Barista oder Coffeeduck kannst du also fairen Bio-Kaffee verwenden – und dennoch sparen.
- Fairer als das Original: Im Jahr 2013 gaben Nespresso und Fair Trade Deutschland eine Zusammenarbeit bekannt. Demnach bezieht Nespresso einen kleinen Teil seiner Kaffeebohnen auch aus fairem Handel. Gut so, und weiter so! Aber: Für eine Fairtrade-Zertifizierung reicht es offenbar bis heute nicht. Schade, aber kein Problem: Bei einer wiederbefüllbaren Kapsel bestimmst du selbst, ob du Fairtrade- oder Gepa-zertifizierten Kaffee oder den Third-Wave-Kaffee deiner Wahl einfüllst.
Fazit: Lohnt der Umstieg?
Wiederverwendbare Kaffeekapseln wie Mister Barista, Coffeeduck oder Mycoffeestar kosten 15 bis 40 Euro, einige Konsumenten finden das teuer. Grund dafür ist wahrscheinlich, dass Nespresso-Kapseln oft einzeln in Cent abgerechnet werden und mit Preisen um die „0,35 Euro“ günstig erscheinen.
Aber rechnen wir das doch mal durch. Ein Kilo Kaffee (Bio, Fairtrade) kostet 20 Euro. Die wiederverwendbare Mycoffeestar kostet 40 Euro. Zusammen also 60 Euro für ein Kilo Bio-Fairtrade-Kaffee mit der Kapsel-Maschine. Wie viel Kaffee in Kapsel bekäme man für diese 60 Euro? Bei einem niedrig angesetzten Kapsel-Preis von 35 Cent = 6 Gramm Kaffee pro Kapsel käme man ebenfalls auf etwa 1 Kilo Kaffee.
Ergo: Schon nach 1 Kilo hat sich selbst die teure Mycoffeestar-Kapsel amortisiert. Danach geht das Sparen erst richtig los: Der Wegwerf-Kunde kauft weiterhin Abzock-Kaffee für über 60 Euro pro Kilo (ohne Bio, ohne Fairtrade), wer hingegen wieder befüllt, zahlt nach dem ersten Kilo nur noch die normalen 5 Euro (billiger Kaffee) bis 20 Euro (Bio-Fairtrade-Kaffee) pro Kilo. Auf die Kapsel umgerechnet wären das 3 bis 12 Cent pro Kapsel statt 35, also etwa ein Drittel bis ein Zehntel des Nespresso-Preises.
Das heißt: Na klar lohnt sich das, für den Geldbeutel ebenso wie für die Umwelt!
Hier nochmal die Bildergalerie zum Durchklicken:
Und kompostierbare Kapseln? Wir werden uns diesem Thema noch zuwenden, aber nach einer ersten Recherche raten wir im Vergleich zu wiederverwendbaren Kapseln eher ab, denn diese Kapseln landen eher nicht auf dem Kompost, sondern meist ebenfalls im Hausmüll und werden mit ihm verbrannt. Selbst wenn sie im Kompost landen, sind sie dort noch lange nicht automatisch nützlich und können in der Praxis nicht automatisch kompostiert werden, auch wenn sie theoretisch kompostierbar sind. „Viele Kompostierer sortieren heute Verpackungen oder Produkte aus Biokunststoffen noch vor dem Eingang in die Rotte aus dem Bioabfall aus. Das aussortierte Plastik geht direkt in die Verbrennung.“, so Philip Sommer von der Deutschen Umwelthilfe. „Die vom Verbraucher gutgemeinte Entsorgung kompostierbarer Verpackungen in der Bioabfallsammlung ist nicht nur nutzlos, sondern kann wegen des hohen Sortieraufwands auch zu höheren Abfallgebühren führen.“
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