Ob Schnitzel, Steak oder Bratwurst, Kund:innen legen zunehmend Wert auf Transparenz wenn es um eines geht: Wie haben die Tiere gelebt, die auf dem Teller landen? Helfen soll hier ein offizielles neues Logo. Wie dies aussieht und was es bedeutet, erfährst du hier.
Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch im Supermarkt steht. Nach jahrelangem Gezerre hat der Bundestag im Juni 2023 eine staatliche Kennzeichnung beschlossen, an der man beim Fleischkauf die Bedingungen in der Tierhaltung erkennen kann. Bis 2025 soll das verpflichtende Tierhaltungslogo schrittweise ausgedehnt werden. Von Opposition und Tierschützer:innen gibt es Kritik.
Staatliches Tierhaltungslogo – zunächst für Schweinefleisch
Die verpflichtende Kennzeichnung gilt zunächst nur für inländische Erzeugnisse und nur für frisches Schweinefleisch. Mehr Produkte und Absatzwege sollen dann zügig folgen.
Um eine einheitliche Kennzeichnung und eine eindeutige Erkennbarkeit zu gewährleisten, soll auch festgelegt werden, wie sie anzubringen ist: Bei verpacktem Fleisch aus der Kühltheke direkt auf der Verpackung oder einem daran befestigten Etikett. Und zwar auf dem „Hauptsichtfeld“ – also da, wo Verbraucher:innen beim Kauf höchstwahrscheinlich auf den ersten Blick hinschauen. Bei losem Fleisch sollen demnach Schilder in der Kühltheke auf die Haltungsform hinweisen.
Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte, schrittweise solle auf jeder Fleischverpackung stehen, wie das Tier gehalten wurde. Zugleich werde die Leistung der Bauern sichtbar gemacht. „Sie kriegen Geld dafür, wenn sie sich für höhere Haltungsformen entscheiden.“
Der Fahrplan sieht vor, dass Tierhalter:innen ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit haben, ihre Haltungseinrichtungen den zuständigen Behörden mitzuteilen – also bis Ende August 2024. Verpflichtend wird die Kennzeichnung von Produkten dann ab September 2025 nach einer zweijährigen Übergangsfrist.
So sieht das neue Tierhaltungslogo aus und das bedeutet es
Bei der Kennzeichnung ist ein System mit fünf Haltungskategorien geplant, während der Mast der Ferkel.
Die verschiedenen Haltungsformen bestehen aus:
- Haltungsform „Stall“: Diese erfüllt die gesetzlichen Mindestanforderungen
- Haltungsform „Stall+Platz“: Hier müssen Schweine unter anderem mindestens 12,5 Prozent mehr Platz haben als bei gesetzlichen Mindestanforderungen.
- Haltungsform „Frischluftstall“: Kontakt zum Außenklima etwa durch offene Stallseiten
- Geplant sind zudem die Stufen „Auslauf/Freiland“ und „Bio“.
Bei gemischten Produkten wie Hackfleisch oder Großpackungen mit Fleisch mehrerer Haltungsformen können Prozentangaben in den kleinen Rechtecken stehen: also etwa „70% Stall“ und „30% Stall+Platz“. Auf dem geplanten Tierhaltungslogo soll auch ein QR-Code platziert werden, mit dem man per Smartphone zu Informationen über die Haltungsformen gelangt.
Kritik seitens Verbraucher- und Tierschützer:innen
Der Deutsche Tierschutzbund monierte, das Gesetz verhelfe „keinem einzigen Tier zu einem besseren Leben“. Mit den unteren Stufen würden „eindeutig tierschutzwidrige Haltungssysteme“ staatlich gesiegelt. Die Organisation Vier Pfoten bemängelte bei der zweiten Stufe nur ein „läppisches ‚Plus‘ von wenigen Quadratzentimetern mehr Platz“. Und mit intransparenten Bezeichnungen sei eine Lenkungswirkung hin zum Konsum von Produkten mit weniger Tierleid kaum möglich. Ina Latendorf (Linke) verlangte, die Kennzeichnung müsse den gesamten Lebenszyklus der Tiere abbilden. „Alles andere ist Verbrauchertäuschung.“
Schon im Vorjahr kritisierte die Verbraucherorganisation Foodwatch das grundsätzliche Vorgehen mit der Kennzeichnung. „Ein Label, das lediglich über die Unterschiede in der Haltung informiert, ändert rein gar nichts an millionenfachen Krankheiten und am Leiden von Nutztieren“, sagte Strategiedirektor Matthias Wolfschmidt der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das Haltungslabel gaukele Verbraucher:innen vor, sie könnten durch Kaufentscheidungen das Elend sogenannter Nutztiere lindern.
Das zuständige Bundesministerium erklärte 2022 hingegen, dass eine national verbindliche Kennzeichnungspflicht für frisches Fleisch „einen guten Anfang für eine verbesserte Transparenz in Bezug auf die Haltungsform“ darstelle. Denn: Bei der bis dahin geltenden Rechtslage würde mit einer Vielzahl freiwilliger Label der Privatwirtschaft weiter keine klare Orientierung beim Einkauf geboten. Das Marktpotenzial für Produkte, die unter besonders tiergerechten Haltungsbedingungen produziert wurden, könnte so nicht ausgeschöpft werden.
Bereits seit 2019 gibt es eine Kennzeichnung der Supermarktketten mit dem Aufdruck „Haltungsform“, die Fleisch von Schweinen, Geflügel und Rindern umfasst. Sie hat vier Stufen.
Kommt nach dem Tierhaltungslogo die „Tierwohlabgabe“?
Das Logo soll durch die Möglichkeit zum gezielten Kauf den Wandel zu höheren Haltungsformen unterstützen. Auf Kosten und Aufwand dafür sollen die Bäuer:innen aber nicht allein sitzen bleiben. Die Ampel-Koalition reservierte als Startfinanzierung zunächst eine Milliarde Euro. Diese reicht aber nur für die ersten Jahre und für Schweine. Eine ganz grundsätzliche verlässliche Finanzlösung auch für andere Tierarten wird vorerst weiter gesucht. Im Gespräch ist nach Expert:innen-Empfehlungen eine „Tierwohlabgabe“ auf tierische Produkte. Denkbar wäre etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch.
Utopia meint
Das Logo kann lediglich dazu dienen, Verbraucher:innen über die Art der Ställe zu informieren, die für die Aufzucht der Tiere benutzt wurden. Wie es den Tieren ansonsten erging – etwa gesundheitlich – und welche Behandlung die Tiere erfuhren, lässt sich daraus kaum ableiten. Mehr Transparenz bei Lebensmitteln ist grundsätzlich zu begrüßen, doch gerade bei Tierhaltung sollte diese nicht oberflächlich sein. Die beste Option – sowohl aus Tierwohl-Sicht als auch für den Planeten ist: kaum bis möglichst kein Fleisch zu essen. Wenn du nicht auf Fleisch verzichten möchtest, dann ist es manchmal ratsam, vom Produzenten vor Ort kaufen, zum Beispiel aus dem Hofladen. Dort kann man sich persönlich informieren.
Mit Material der dpa.
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