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Haltungsform: Was bedeutet das „Tierwohl-Label“ der Discounter?

Haltungsform Fleisch Initiative Tierwohl Label
Fotos: © petunyia / Adobe Stock; haltungsform.de

Die Haltungsform-Kennzeichnung zeigt bei abgepacktem Fleisch an, wie die Tiere gehalten wurden. Von Haltungsform 1 (Stallhaltung) bis Haltungsform 4 (Premium): Bei Aldi, Lidl, Penny & Co. informieren vier farbige Siegel über das „Tierwohl“. Was das bringt – und bessere Alternativen.

Damit Fleisch billig ist, muss es möglichst kosteneffizient produziert werden: Rinder, Schweine und Hühner werden deshalb häufig in Massentierhaltung zusammengepfercht, innerhalb weniger Wochen auf Schlachtgewicht gemästet und mit Antibiotika vollgestopft.

Discounter haben einheitliche Haltungskennzeichnung eingeführt

Weil immer mehr Verbraucher diese katastrophalen Haltungsbedingungen nicht unterstützen wollen, möchten sie Fleisch von Tieren kaufen, die bis zur Schlachtung ein – verhältnismäßig – gutes Leben hatten. Der Handel reagiert auf diesen Verbraucherwunsch mit immer neuen Kennzeichnungen.

2019 habe die großen deutschen Lebensmitteleinzelhändler eine einheitliche Kennzeichnung für Frischfleisch eingeführt: die Haltungsform. Die Kennzeichnung ist freiwillig, ein Großteil der Branchenriesen macht jedoch mit. Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny und Rewe informieren die Verbraucher:innen mit Hilfe des vierstufigen Labels  über die Haltungsbedingungen von Schweinen, Rindern und Geflügel.

Diese Discounter und Supermärkte haben sich in der „Initiative Tierwohl“ mit der Fleischwirtschaft und der Landwirtschaft zusammengeschlossen. Die Initiative wiederum soll die Koordination und Organisation der Haltungsform-Kennzeichnung steuern. (Hier mehr zur Initiative Tierwohl.)

Haltungsform: Die vierstufige Haltungskennzeichnung der Discounter

Das schreiben die vier Stufen der Haltungsform-Kennzeichnung konkret vor:

  • Haltungsform 1 „Stallhaltung“ (rot): Die Stufe 1 entspricht dem gesetzlichen Mindeststandard, also der branchenüblichen Haltung von Rindern und Puten. Haltungsbedingungen, die schlechter als der in Haltungsform 1 definierte Standard sind, wären illegal.
  • Haltungsform 2 „StallhaltungPlus“ (blau): Bei der „StallhaltungPlus“ haben die Tiere etwas mehr Platz im Stall sowie Beschäftigungsmaterial, Rinder dürfen nicht angebunden sein.
  • Haltungsform 3 „Außenklima“ (orange): „Außenklima“ bedeutet, dass die Tiere Kontakt mit dem Außenklima haben, aber nicht zwingend, dass sie auch ins Freie dürfen. Außenklima kann auch eine offene Stalltür bedeuten. Futter ohne Gentechnik ist bei Stufe 3 vorgeschrieben.
  • Haltungsform 4 „Premium“ (grün): „Premium“ steht für noch mehr Platz im Stall und dafür, dass die Tiere tatsächlich Auslauf im Freigelände erhalten. Laut der Verbraucherzentrale entspricht diese Haltungsform dem EU-Bio-Siegel.

Mehr Infos gibt es auf der Website Haltungsform.de

Haltungsform Initiative Tierwohl
Das vierstufige Label findet man seit April 2019 auf Fleischwaren dieser Discounter und Supermärkte. (Screenshot: Haltungsform.de)

Die Haltungsform ist richtig – aber kein Tierwohl-Label

Eine einheitliche Kennzeichnung ist auf jeden Fall richtig und wichtig. Je weniger unterschiedliche Label es gibt, desto leichter finden sich Verbraucher:innen zurecht. Außerdem können Kund:innen so besser erkennen, woher ihr Fleisch stammt.

Leider hapert es an anderer Stelle: Die Verbraucherzentrale kritisiert, dass die besseren Haltungsformen (Stufe 3 oder 4) kaum in Supermärkten und Discountern verfügbar sind. Der Großteil des Angebots stammt aus der Haltungsform 1, wenig aus Stufe 2. Das haben auch wir bei einem eigenen Marktcheck festgestellt.

Wichtig: Bei der Haltungsform-Kennzeichnung handelt es sich nicht um ein „Tierwohl-Label“ – auch wenn es von der Initiative Tierwohl gesteuert wird. Dasselbe Fleisch wird lediglich – vom gesetzlichen Mindeststandard bis zum Bio-Standard – in vier Stufen eingeordnet, so die Verbraucherzentrale.

Das heißt: An den Haltungsbedingungen der Tiere ändert sich durch die Haltungform-Kennzeichnung überhaupt nichts. Verbraucher können damit lediglich erkennen, welche Tiere es ein bisschen besser hatten, als es der gesetzliche Mindeststandard verlangt. Die Stufe 1 ist gar nicht ernst zu nehmen, die Stufe 2 „so niedrig, dass wir nicht von einem Tierwohl-Label sprechen können“, findet auch VZBV-Vorstand Klaus Müller.

Besser ist bio: Das sind die Alternativen

Wirklich empfehlenswert sind deshalb weiterhin nur Fleischwaren, die mindestens das EU-Biosiegel tragen. Theoretisch können wir also die Stufe 4 der Haltungsform empfehlen – weisen aber dennoch darauf hin, auf das bekannte EU-Bio-Siegel zu achten:

Was ist der Unterschied zwischen Haltungsform 4 und dem EU-Bio-Siegel?

Bei Bio-Tierhaltung haben die Tiere in der Regel in den Ställen mehr Platz als bei Haltungsform 4. Zudem ist die Medikamentenvergabe strenger geregelt.

Perfekt ist aber auch das EU-Bio-Siegel nicht. Denn es ist immer noch industrielle Tierhaltung – „glückliche Tiere“ gibt es auch hier nicht.

Artgerechtere Tierhaltung bei den Bio-Anbauverbänden

Wer eine artgerechtere Tierhaltung unterstützen will, kauft Fleisch, das ein Siegel der Bio-Anbauverbände Bioland, Naturland oder Demeter trägt. Sie haben strengere Vorgaben, was die Haltungsbedingungen der Tiere betrifft. Die Tiere haben noch mehr Platz und Auslauf, und die Bio-Tierhaltung darf nicht mit konventioneller Tierhaltung kombiniert werden (anders als beim EU-Biosiegel). Die Tiere erhalten Futter zu einem hohen Teil aus Bio-Produktion, teils aus Eigenproduktion. Das alles kommt am Ende dem Bio-Fleisch zugute.

Die Verbände sind dabei jeweils unterschiedlich streng, Demeter zum Beispiel gilt in vielen Aspekten als strenger als andere (100 Prozent Bio-Futter, 50 Prozent des Futters müssen vom eigenen Hof oder Kooperationen stammen u.v.m.).

Mehr zum Thema Bio-Fleisch: Bio-Siegel: Was haben die Tiere davon?

Weniger, aber besseres Fleisch

Eine weitere Möglichkeit, Fleisch aus artgerechter Haltung zu bekommen: vom Produzenten vor Ort kaufen, z.B. aus dem Hofladen. Dort kann man sich auch persönlich informieren. Generell musst du aber bereit sein, mehr Geld für weniger, aber besseres Fleisch auszugeben. Tiere und Umwelt werden sich bedanken.

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