Der Sonnenfilter Octocrylen hat möglicherweise gesundheitsschädliche Nebenwirkungen. Welche Produkte Octocrylen enthalten, wie die Forschung den Stoff einschätzt und was es für Alternativen gibt, liest du hier.
Sonnenschutz ist ein Muss – nur bedenkliche UV-Filter sind es nicht. Zu diesen UV-Filtern gehört auch das weit verbreite Octocrylen. Allergien gegen den Stoff und möglicherweise eine Hormonwirksamkeit von Octocrylen sind Themen, die nach wie vor die Forschung beschäftigt.
Unter chemischen UV-Filtern leiden darüber hinaus auch die Meeresbewohner. Substanzen wie Octocrylen gelten als eine der Ursachen für das weltweite Korallensterben. Aber auch im Gewebe von Meerestieren ließ sich das bedenkliche Octocrylen schon nachweisen.
Doch es gibt Alternativen zu octocrylenhaltigen Produkten, die besser für die Gesundheit und die Umwelt sind.
Hier ist Octocrylen enthalten
Octocrylen ist ein synthetisch hergestellter UV-Filter. Er filtert und absorbiert vor allem die UVB-Strahlen im Sonnenlicht. Als Bestandteil von Sonnenschutzprodukten ist Octocrylen weit verbreitet.
Außer in Sonnencremes oder Lotionen kann der chemische Filter auch in vielen weiteren Produkten stecken: Unter anderem bei Make-up, Gesichtscreme, Lippenpflegestiften oder Körperpflegeartikeln lohnt sich der Blick auf die Inhaltsstoffe. Auch Haargel oder andere Haarpflegeprodukte können UV-Filter wie Octocrylen enthalten.
Octocrylen kann sich hinter verschiedenen Namen verbergen. Das Register der European Chemical Agency (ECHA) nennt etwa die Bezeichnung Octocrilene und den chemischen Namen 2-ethylhexyl 2-cyano-3,3-diphenylprop-2-enoate. Der INCI-Name lautet Octocrylene.
Octocrylen besitzt Allergiepotenzial
Einige synthetische Sonnenfilter sind problematisch. Deshalb sind Forscher:innen dabei, die möglichen Nebenwirkungen der verschiedenen Filtersubstanzen genauer zu untersuchen. Auch Octocrylen und Benzophenon stehen dabei auf dem Prüfstand.
Das ist insofern relevant, als Forschungen zeigten, dass mit der Zeit der UV-Filter Octocrylen zu Benzophenon zerfällt, das möglicherweise krebserregend ist. Die Verbraucherzentrale rät daher vorsorglich, ältere Sonnencreme mit Octocrylen nicht mehr zu verwenden.
Octocrylen selbst steht in Verdacht, Allergien auszulösen. Hautreizungen wie die sogenannte „Mallorca-Akne“ lassen sich teilweise auf die UV-Filter in Sonnenschutzmitteln zurückführen. Die Deutsche Apothekerzeitung berichtet, dass Octocrylen als häufiger Auslöser für Kontaktallergien gilt.
Eine niederländische Studie suchte 2014 nach möglichen Ursachen. Sie stellte fest, dass Octocrylen häufig in Zusammenhang mit dem schmerzlindernden Wirkstoff Ketoprofen zu Kontaktallergien führen kann. Laut dem Arzneimittelverzeichnis Pharmindex Gelbe Liste ist Ketoprofen unter anderem zur Behandlung von Gelenkschmerzen bei Arthritis und Arthrose zugelassen.
Octocrylen: Möglicherweise hormonaktiv
Im Allgemeinen nennen Expert:innen synthetische UV-Filter wie Octocrylen im Zusammenhang mit der Gruppe der bedenklichen hormonaktiven Substanzen oder endokrinen Disruptoren.
Für einige Stoffe sind mögliche Wirkungen schon dokumentiert, bei anderen ist der Verdacht noch nicht ausreichend durch Studien belegt. Zu den letzteren gehört Octocrylen. Im Mai 2019 rief die Europäische Kommission zu einer fachlichen Bewertung von hormonaktiven Substanzen auf, unter anderem auch von Octocrylen. 2022 wurde der bisherige Grenzwert korrigiert. Bislang galten generell eine Menge von zehn Prozent als unbedenklich, jetzt darf der Anteil in Sprays nur neun Prozent betragen. Für alle anderen Pflegeprodukte bleibt der bisherige Grenzwert bestehen. Aber:
- Studien an Zellkulturen legen nahe, dass UV-Filter das menschliche Hormonsystem verändern können. Octocrylen reagierte in den Untersuchungen im Bereich der Geschlechtshormone: Laut der Deutschen Apothekerzeitung deuten Untersuchungen darauf hin, dass solche Beeinflussungen der Hormone die Entwicklung der Geschlechtsorgane beeinträchtigen – und damit auch die Fortpflanzungsfähigkeit.
- Inwieweit Octocrylen im Speziellen solche Schäden verursachen kann, ist aber noch nicht abschließend erforscht. Der wissenschaftliche Nachweis gestaltet sich oftmals schwierig. Es können Jahre zwischen der Anwendung und der gesundheitlichen Beeinträchtigung liegen. Beispielsweise entwickeln sich bei Kleinkindern die Geschlechtsorgane noch. Kommen sie in Kontakt mit solchen UV-Filtern, zeigt sich eine mögliche Störung der Fortpflanzung erst nach Jahrzehnten.
Dass Octocrylen tatsächlich aus Pflegeprodukten in den Körper gelangt, konnten Forscher:innen bereits mithilfe von Biomarkern nachweisen. Eine Studie von 2019 aus Deutschland stellte bei Testpersonen solche Biomarker für Octocrylen im Urin fest. Auch noch Tage später waren die Biomarker zu finden.
Übrigens: Öko-Test wertet Sonnencremes mit Octocrylenfilter ab, da es eben Hinweise auf hormonelle Wirkungen gibt.
Octocrylen und seine Wirkung auf Meerestiere
Sonnenbaden mit dem nötigen UV-Schutz hat für den Lebensraum der Meere oft unerwünschte Folgen. So leiden zum Beispiel die Korallenriffe. Nicht nur die Klimaerwärmung macht ihnen zu schaffen, sie reagieren auch empfindlich auf viele UV-Filter wie Octocrylen.
Das Wissensmagazin Spektrum berichtet, dass sich Octocrylen im Gewebe von Korallen und Muscheln nachweisen ließ: Es sammelt sich dort an. Der Stoffwechsel der Korallenzellen ist dadurch so stark beeinträchtigt, dass sie kaum mehr Nährstoffe aufnehmen.
Ein weiteres Problem ist, dass Muscheln und andere Kleintiere zur Nahrung von Fischen gehören. Der synthetische UV-Filter kann so in die Nahrungskette gelangen. Eine Studie von 2013 wies Octocrylen in der Leber von Delfinen nach.
Zu Sonnencreme mit Octocrylen gibt es Alternativen
Sonnenschutzmittel mit mineralischen UV-Filtern gelten in der Regel als unbedenklicher. Stiftung Warentest erläutert, dass sie nicht in die Haut eindringen wie zum Beispiel Octocrylen. Die mineralischen Pigmente legen sich wie eine Schutzschicht auf die Haut und reflektieren die Strahlen. Allerdings reagieren manche Menschen auch auf mineralische Filter allergisch. Naturkosmetik-Marken setzen solche mineralischen Filter häufig ein.
Achtung: In einigen Produkten sind mineralische UV-Filter enthalten, die die Größe von Nanopartikeln haben. Stiftung Warentest weist darauf hin, dass die Unbedenklichkeit dieser Nanofilter für die Umwelt noch nicht abschließend geklärt ist. Auf der Packung erkennst du solche Produkte an dem Zusatz „Nano“. Lies auch:
Vor allem in der Schwangerschaft und Stillzeit solltest du potenzielle hormonaktive UV-Filter meiden. Auch in Sonnenschutz für Kinder sollten keine UV-Filter enthalten sein, die in Verdacht stehen, die Hormone zu beeinflussen. Darauf schaute auch Ökotest bei der Bewertung von Sonnencreme für Kinder. Über die Hälfte der getesteten Produkte schnitten im Test mit „gut“ oder besser ab.
Eine einfache Alternative ist es, bekleidet in die Sonne zu gehen. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt, auch am Strand Kleidung, Sonnenbrille und eine Kopfbedeckung zu tragen. Dicht gewebte Stoffe bieten den besten Schutz vor schädlichen UV-Strahlen. Du kannst auch spezielle UV-Schutzkleidung tragen: Das Gewebe trocknet schnell und ist atmungsaktiv. Du kannst mit der Schutzkleidung ins Wasser gehen oder am Stand Sport treiben. Vor allem für kleine Kinder ist sie ein praktischer Sonnenschutz.
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