Der Sonnenfilter Octocrylen hat möglicherweise gesundheitsschädliche Nebenwirkungen. Welche Produkte Octocrylen enthalten, wie die Forschung den Stoff einschätzt und was es für Alternativen gibt, liest du hier.
Hier ist Octocrylen enthalten
Octocrylen ist ein synthetisch hergestellter UV-Filter. Er filtert und absorbiert vor allem die UVB-Strahlen im Sonnenlicht. Als Bestandteil von Sonnenschutzprodukten ist Octocrylen weit verbreitet, steht jedoch im Verdacht, problematisch für Gesundheit und Umwelt zu sein.
Außer in Sonnencremes oder Lotionen kann der chemische Filter auch in vielen weiteren Produkten stecken: Unter anderem bei Make-Up, Gesichtscreme, Lippenpflegestiften oder Körperpflegeartikeln lohnt sich der Blick auf die Inhaltsstoffe. Auch Haargel oder andere Haarpflegeprodukte können UV-Filter wie Octocrylen enthalten.
Octocrylen kann sich hinter verschiedenen Namen verbergen. Das Infoblatt der Europäischen Kommission nennt etwa die Bezeichnung Octocrilene und die chemischen Namen 2-Cyano-3,3-Diphenyl Acrylic Acid 2-Ethylhexyl Ester. Der INCI-Name lautet Octocrylene.
Octocrylen: Das sagt die Forschung
Viele chemische Sonnenfilter, wie auch Benzophenon, sind problematisch. Deshalb sind Forscher:innen dabei, die möglichen Nebenwirkungen verschiedener Filter genauer zu untersuchen. Auch Octocrylen steht dabei auf dem Prüfstand und wird mit potentiell gesundheitsschädlichen Eigenschaften in Verbindung gebracht.
Allergien
Hautreizungen wie die sogenannte Mallorca-Akne lassen sich teilweise auf die UV-Filter in Sonnenschutzmitteln zurückführen. Die Deutsche Apothekerzeitung berichtet, dass in einigen Ländern Ärzt:innen zunehmend Octocrylen als Ursache ausmachen. Eine niederländische Studie suchte 2014 nach möglichen Ursachen. Sie stellte fest, dass Octocrylen häufig in Zusammenhang mit dem schmerzlindernden Wirkstoff Ketoprofen zu Kontaktallergien führen kann. Laut dem Arzneimittelverzeichnis Pharmindex Gelbe Liste ist Ketoprofen unter anderem zur Behandlung von Gelenkschmerzen bei Arthritis und Arthrose zugelassen.
Hormonelle Wirkung
Im Allgemeinen nennen Expert:innen chemische UV-Filter im Zusammenhang mit der Gruppe der bedenklichen hormonaktiven Substanzen, kurz EDC. Für einige Stoffe sind mögliche Wirkungen schon dokumentiert, bei anderen ist der Verdacht noch nicht ausreichend durch Studien belegt. Zu den letzteren gehört Octocrylen. Im Mai 2019 rief die Europäische Kommission zu einer fachlichen Bewertung von hormonaktiven Substanzen auf, unter anderem auch Octocrylen. 2021 wurde ein Anteil von zehn Prozent als UV-Filter in Kosmetika als unbedenklich eingestuft. Aber:
- Studien an Zellkulturen legen nahe, dass UV-Filter das menschliche Hormonsystem verändern können. Octocrylen reagierte in den Untersuchungen in den Bereichen der Geschlechtshormone: Laut Deutscher Apothekerzeitung deuten Untersuchungen darauf hin, dass solche Beeinflussungen der Hormone die Entwicklung der Geschlechtsorgane beeinträchtigt – und damit auch die Fortpflanzungsfähigkeit.
- Inwieweit Octocrylen im Speziellen solche Schäden verursachen kann, ist aber noch nicht abschließend erforscht. Der wissenschaftliche Nachweis gestaltet sich oftmals schwierig. Es können Jahre zwischen der Anwendung und der gesundheitlichen Beeinträchtigung liegen. Beispielsweise entwickeln sich bei Kleinkindern die Geschlechtsorgane noch. Kommen sie in Kontakt mit solchen UV-Filtern, zeigt sich eine mögliche Störung der Fortpflanzung erst nach Jahrzehnten.
- Octocrylen generiert Benzophenon als Zerfallsprodukt. Dafür wurden von der EU Höchstwerte festgelegt, da es zum Beispiel photoallergische Reaktionen auslösen kann und noch nicht alle Auswirkungen erforscht sind. Mehr dazu hier: Benzophenon: Das solltest du über den chemischen UV-Filter wissen.
Dass Octocrylen tatsächlich aus Pflegeprodukten in den Körper gelangt, konnten Forscher:innen bereits mithilfe von Biomarkern nachweisen. Eine Studie von 2019 aus Deutschland stellte bei Testpersonen solche Biomarker für Octocrylen im Urin fest. Auch noch Tage später waren die Biomarker zu finden.
Übrigens: Ökotest wertet Sonnencremes mit Octocrylen-Filter ab, da es eben Hinweise für hormonelle Wirkungen gibt.
Octocrylen und seine Wirkung auf Meerestiere
Sonnenbaden mit dem nötigen UV-Schutz hat für den Lebensraum der Meere oft unerwünschte Folgen. So leiden zum Beispiel die Korallenriffe. Nicht nur die Klimaerwärmung macht ihnen zu schaffen, sie reagieren auch empfindlich auf viele UV-Filter wie Octocrylen.
Das Wissensmagazin Spektrum berichtet, dass sich Octocrylen im Gewebe von Korallen und Muscheln nachweisen ließ: Es sammelt sich dort an. Der Stoffwechsel der Korallenzellen ist dadurch so stark beeinträchtigt, dass sie kaum mehr Nährstoffe aufnehmen.
Ein weiteres Problem ist, dass Muscheln und andere Kleintiere zur Nahrung von Fischen gehören. Der chemische UV-Filter kann so in die Nahrungskette gelangen. Eine Studie von 2013 wies Octocrylen in der Leber von Delfinen nach.
Zu Sonnencreme mit Octocrylen gibt es Alternativen
Sonnenschutzmittel mit mineralischen UV-Filtern gelten in der Regel als unbedenklicher. Stiftung Warentest erläutert, dass sie nicht in die Haut eindringen, wie zum Beispiel Octocrylen. Die mineralischen Pigmente legen sich wie eine Schutzschicht auf die Haut und reflektieren die Strahlen. Allerdings reagieren manche Menschen auch auf mineralische Filter allergisch. Naturkosmetik-Marken setzen solche mineralischen Filter regelmäßig ein.
Achtung: In einigen Produkten sind mineralischen UV-Filter enthalten, die die Größe von Nanopartikeln besitzen. Stiftung Warentest weist darauf hin, dass die Unbedenklichkeit dieser Nano-Filter für die Umwelt noch nicht abschließend geklärt ist. Auf der Packung erkennst du diese an dem Zusatz „Nano“.
Vor allem in der Schwangerschaft und Stillzeit solltest du potentielle hormonaktive UV-Filter meiden. Auch in Sonnenschutz für Kinder sollten keine UV-Filter enthalten sein, der in Verdacht steht, die Hormone zu beeinflussen. Darauf schaute Ökotest auch, als sie Sonnencreme für Kinder bewerteten. Über die Hälfte der getesteten Produkte schnitten im Test mit „gut“ oder besser ab.
Eine Alternative ist es, bekleidet in die Sonne zu gehen. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt auch am Strand Kleidung, Sonnenbrille und eine Kopfbedeckung. Dicht gewebte Stoffe bieten den besten Schutz vor schädlichen UV-Strahlen. Du kannst auch spezielle UV-Schutzkleidung tragen: Das Gewebe trocknet schnell und ist atmungsaktiv. Du kannst mit der Schutzkleidung ins Wasser gehen oder am Stand Sport treiben. Vor allem für kleine Kinder sind sie ein praktischer Sonnenschutz.
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