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Palmöl: Wie stoppen wir die Zerstörung des Regenwalds?

Foto: © Brasil2 - fotolia.com

Wir duschen damit, cremen uns damit die Haut und essen es. Gesund, preiswert und vielseitig einsetzbar ist Palmöl so alltäglich wie Plastik – doch so, wie wir es derzeit produzieren, zerstört es den Regenwald und unseren Planeten.

Im Gegensatz zu anderen Pflanzenölen ist Palmöl extrem günstig und aufgrund seiner chemischen Eigenschaften vielseitig einsetzbar. Es steckt in Bio-Lebensmitteln ebenso wie in konventionellen. Man verwendet es häufig in verarbeiteten Lebensmitteln und Fertiggerichten: Es steckt in Saucen, Margarine, Schokolade, Keksen, Chips und Suppen, selbst in vielen Müsli-Sorten. Palmöl macht Kosmetikartikel wie Seifen, Cremes und Duschgel geschmeidig und dient als Grundlage für nahezu alle Seifen, Wasch- und Reinigungsmittel (getarnt als „Tenside“).

Je nach Schätzung enthält die Hälfte aller typischen Supermarkt-Produkte Palmöl. Unser Bedarf ist groß: 2013 importierten wir laut OVID 1,5 Millionen der weltweit produzierten 56 Millionen Tonnen, laut IISD importiert Deutschland 6% der weltweiten Produktion – nach Indien (21%), China (16%) und den Niederlanden (16%).

Palmöl: Zerstörer vom Regenwald und das flüssige Gold

Warum überhaupt Palmöl? Weil die Ölpalme besonders ergiebig ist. Sie produziert Öl drei bis acht Mal effizienter als andere Ölpflanzen wie Raps oder Sonnenblumen. Effizienter heißt: auf deutlich kleineren Flächen billiger zu produzieren. Das und seine Einsatzvielfalt ist ein Grund dafür, warum die meisten Unternehmen Palmöl als alternativlos betrachten.

Allerdings hat das auch unangenehme Konsequenzen, die jeder selbst Pi mal Daumen ausrechnen kann: Wenn derzeit wirklich etwa 56 Millionen Tonnen Palmöl pro Jahr produziert werden und ein Hektar Palmöl-Plantage dabei etwa 3,7 Tonnen Öl hervorbringen kann (Zahlen von ca. 2011 / 2013), dann braucht man dafür bereits gut 15 Millionen Hektar Palmöl-Plantagen. Das sind 150.000 Quadratkilometer – fast ein Viertel der Fläche Deutschlands.

Warum Palmöl den Regenwald zerstört

Doch die Ölpalme gedeiht nur in tropischem Klima. Die großen Produzenten sind daher heute Indonesien (53%) und Malaysia (36%). Andere Länder spielen eine untergeordnete Rolle, sind aber ebenfalls interessiert an Palmöl als lukrativer Erwerbsquelle. Egal wo: Meist mussten und müssen vorhandene Regenwälder weichen, um Ölpalmen-Plantagen Platz zu machen.

Häufig bedeutet das Abholzung, Brandrodung, Enteignung und Vertreibung von Anwohnern und Anbau in Monokulturen ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit. So wurde die aus Afrika stammende, harmlose Ölpalme zu einer Pflanze, die binnen drei Jahrzehnten große Regenwaldflächen ersetzte.

Zu den direkten und indirekten Folgen gehören ausgelaugte Böden, negative Einflüsse auf das Klima durch die (brand)gerodeten Waldflächen und entwässerten Torfböden, Artensterben durch Vernichtung des Lebensraums der diversifizierten Tier- und Pflanzenwelt und vieles mehr. Laut Greenpeace schrumpfen zwischen 2006 und 2013 die Regenwälder Südostasiens um 15 Prozent. Geht das so weiter, dann ist bald keiner mehr da.

Lösungsversuche: auf Palmöl verzichten und den Regenwald retten …

Als Konsument können wir Palmöl schwer aus dem Weg gehen: es steckt beinahe überall. Aber wir können zum Beispiel Produkte konsumieren, die eben kein Palmöl, sondern stattdessen Raps- und Sonnenblumenöl enthalten. Einige (Online-) Shops haben sich bereits spezialisiert, etwa veganese.de oder memolife.de**. Und Hersteller wie Sonnentor etikettieren entsprechende Waren mit Hinweisen wie „Palmöl-Frei“

Utopia hat für dich Beispiele zusammengetragen, wie du Palmöl meiden kannst:

Für den einzelnen Konsumenten ist diese Entscheidung sinnvoll: Hinter dem Palmölverzicht steht die Botschaft, dass man kein unnachhaltig gewonnenes Palmöl konsumieren will. Doch skalierbar ist das nicht ohne weiteres: Würde man die Industrie tatsächlich dazu bringen, bei Ernährungsprodukten von Palmöl auf (zum Beispiel) Sonnenblumenöl umzustellen, würde sich angesichts des hohen Verbrauchs zwangsläufig die Frage stellen, ob denn diese Masse an Sonnenblumenöl nachhaltig hergestellt werden könnte.

… oder: Palmöl zertifizieren und so verantwortungsvoller mit dem Regenwald umgehen

Sinnvoller ist daher in diesem Fall, bei der Produktion anzusetzen: Palmöl muss nachhaltiger produziert werden. Das aber ist leichter gesagt als getan. So gibt es gewaltige wirtschaftliche Interessen an möglichst billigem Palmöl, und zwar sowohl bei den Konsumenten (die am liebsten alles beim billigsten Discounter kaufen), bei den industriellen Abnehmern (die Palmöl benötigen und im Preiswettbewerb stehen) als auch bei den Händlern und Produzenten (die Geld verdienen wollen und einen seit Jahrzehnten expandierenden Markt vor sich sehen).

Dennoch versuchen etliche Initiativen, Palmöl nachhaltiger zu machen. Vier davon werden vom FONAP (Forum nachhaltiges Palmöl) als Zertifizierung anerkannt:

  • Der RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Öl) ging aus einer Zusammenarbeit des WWF mit Unternehmen der Palmöl-Industrie hervor. RSPO hat kein gutes Image, viele Umweltorganisationen werfen RSPO Greenwashing vor. Zugleich ist es die wichtigste Zertifizierung: Nach eigenen Angaben sind 3,4 Mio Hektar Ölpalmenplantagen RSPO-zertifiziert, 20 Prozent der weltweiten Palmöl-Produktion.
  • Die RA (Rainforest Alliance) zertifiziert unter anderem bereits Schokolade und Kaffee. Beim Palmöl gibt RA an, strengere Standards als RSPO einzufordern, und vergibt auch ein Siegel. In Deutschland ist es allerdings unwahrscheinlich, es irgendwo vorzufinden. Auch gilt RA als eher schwaches Siegel, an dem es auch etliche Kritik gibt.
  • Der RSB (Roundtable on Sustainable Biomaterials) beschäftigt sich vor allem mit Biokraftstoffen und der industriellen Verwertung von Biomaterialien und versucht, hier nachhaltigere Wege zu finden.
  • ISCC PLUS (International Sustainability and Carbon Certification) soll helfen, die Einhaltung verschiedener Nachhaltigkeitskriterien nachzuweisen, und spielt zum Beispiel bei Futtermitteln oder in der Chemie eine Rolle.

Das Interesse von FONAP ist einerseits, dafür zu sorgen, dass in den DACH-Ländern 100% (nach den vier genannten Systemen) zertifiziertes Palmöl verbraucht wird, andererseits aber auch, die bestehenden Zertifizierungssysteme nach und nach zu verbessern. Denn diese sind alles andere als perfekt.

Ein anderer Ansatz: Bio-zertifiziertes Palmöl aus fairem Handel. Mehr: Bio-Palmöl – zertifizierte Zerstörung oder echte Alternative?

Kritik an Zertifizierungen

Die RSPO-Kriterien sehen unter anderem vor, dass man sich „an Gesetze halten“ soll, dass man verantwortlich mit Ressourcen und Biodiversität umgehen, neue Anbaugebiete verantwortlich entwickeln soll, schutzbedürftige Wälder (ja, nur diese) nicht abholzen soll und einiges mehr.

Zahlreiche Umweltschutzorganisationen halten diese Kriterien für zu schwach und zu leicht umgehbar und sehen in RSPO vor allem ein Greenwashing-System, das nur Wirtschaftsinteressen bedient. Auch das FONAP kritisiert bei RSPO, das zum Beispiel der Anbau von Ölpalmen auf Torfböden noch immer erlaubt ist, gefährliche Pestizide und Chemikalien nicht verboten sind und es keine konkreten Anforderungen zur Reduktion von Treibhausgasen gibt.

Die Frage ist allerdings, wie dann die Alternative aussieht: Sollen die Hersteller und damit die Kunden stattdessen einfach nicht-zertifiziertes Palmöl kaufen? Wäre das besser? Wo ist die Lösung? In ihrer „Internationalen Erklärung gegen den ‚Etikettenschwindel‘ des Runden Tisches zu nachhaltigem Palmöl (RSPO)“ (PDF) forderten Umweltorganisationen zum Beispiel ein „Ende der Privatisierung der natürlichen Ressourcen“ und ein „Zerlegen der Agrobusiness-Unternehmen“. Das sind Ziele, mit denen man sympathisieren kann, aber sie sind eben auch realitätsfern und schwer erfüllbar.

Was Konsumenten tun können, um die Zerstörung vom Regenwald aufzuhalten

Bleibt die Frage: Was können wir als Konsumenten tun, um den Regenwald zu retten? „Hier gibt es keine einfache Antwort“, sagt Daniel May vom Forum Nachhaltiges Palmöl. Er schlägt vor, zum Beispiel die Mitgliederliste des FONAP zu konsultieren: Die Mitglieder verpflichten sich freiwillig, 100% zertifiziertes Palmöl nach einem der vier Zertifizierungssysteme zu nutzen und darüber hinaus weitergehende Zusatzanforderungen zu erfüllen, darunter den Stopp des Anbaus auf Torfböden und anderen Flächen mit hohem Kohlenstoffgehalt, den Stopp der Nutzung hochgefährlicher Pestizide und die Anwendung strenger Reduktionsziele für Treibhausgase.

„Eine andere Möglichkeit, ist, die Produzenten direkt anzuschreiben und zu fragen, was sie für nachhaltigeres Palmöl tun“, schlägt May vor. „Unternehmen, die tatsächlich etwas tun, werden in der Regel eine Antwort parat haben. Unternehmen, die auf diesem Gebiet nichts machen, werden eher nichts zu sagen haben.“

Einzelne Hersteller, etwa Alnatura, Rapunzel oder Weleda verwenden nach eigenen Angaben Palmöl aus speziellen Biobetrieben und legen offen, woher es stammt. Auch daran gab es schon Kritik, doch fraglos bemühen sich kleinere Bio-Anbieter besser als große Konzerne um nachhaltigeres Palmöl – Produkte namhafter Bio-Anbieter zu kaufen ist also auch ein Weg, nachhaltiger zu handeln, auch wenn der Marktanteil gering ist.

Doch das Problem ist eigentlich nicht so sehr das Öl an sich. Vor dem Palmöl-Boom der 80er Jahre kam man sehr gut ohne Palmöl-Massen aus – warum können wir heute nicht auf sie verzichten? Ein Grund dafür ist, dass wir heute mehr denn je industriell verarbeitete Produkte konsumieren, die auf Pflanzenöle angewiesen sind. Weniger Supermarkt, mehr frische Waren – auch das wäre eine Möglichkeit, weniger Palmöl zu konsumieren. Weitere Tipps, wie du Palmöl vermeiden und damit den Regenwald retten kannst, findest du in unserem Beitrag „Palmöl erkennen, den Urwaldkiller vermeiden“.

Mehr Inhalte zum Thema Palmöl findest du hier.

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