Rainbow Washing bezeichnet eine Marketingstrategie von Unternehmen, die die Regenbogenflagge als Werbemittel ausnutzen. Was daran problematisch ist, erfährst du in diesem Artikel.
Die Regenbogenflagge gilt als ein Zeichen für Toleranz und die Akzeptanz der Vielfalt von Lebensformen. Deswegen hat sie eine besonders große symbolische Kraft für die LGBTQIA+-Community.
Das zeigte sich beispielsweise bei der Fußball-EM im Sommer 2021 in München. Als Reaktion auf ein in Ungarn verabschiedetes umstrittenes Gesetz wollte die bayerische Landeshauptstadt die Allianz Arena bei einem Spiel gegen die ungarische Nationalmannschaft in Regenbogenfarben leuchten lassen. Das ungarische Gesetz schränkt die Information über Homo- und Transsexualität stark ein und verbietet es Unternehmen, darüber aufzuklären oder damit zu werben. Der europäische Fußballverband UEFA lehnte die Regenbogenbeleuchtung jedoch ab und begründete dies mit der religiösen und politischen Neutralität der Organisation. Die Entscheidung der UEFA wurde insbesondere von der LGBTQIA+-Community stark kritisiert.
Das Zeigen oder Nicht-Zeigen der Regenbogenflagge kann also ein ganz klares Statement sein. Wenn Unternehmen dies jedoch lediglich für Marketingzwecke ausnutzen, wird es problematisch – dann findet Rainbow Washing statt.
Was ist Rainbow Washing?
Ein Unternehmen betreibt Rainbow Washing, wenn es seine Produkte oder Dienstleistungen mit der Regenbogenflagge oder mit Regenbogenfarben bewirbt, ohne dabei ernsthaftes Interesse für die Belange der LGBTQIA+-Community zu zeigen. Vor allem im Juni, wenn LGBTQIA+-Communities weltweit den Pride Month begehen, ist es ein beliebtes Werbemittel von Firmen, die mit dem Regenbogen ein progressives Unternehmensimage aufbauen möchten. Rainbow Washing ist also eine Spielart des Social Washings, mit dem Unternehmen vorgeben, divers zu sein und sich um soziale Missstände zu kümmern.
Als Beispiel für Rainbow Washing dient der US-amerikanische Einzelhandelskonzern Walmart. Walmart vertreibt Pride-Produkte und solidarisiert sich öffentlich mit der LGBTQIA+-Community. Im Sommer letzten Jahres wurde jedoch bekannt, dass Walmart queer-feindliche Politiker:innen mit mehreren Millionen Dollar unterstützt haben soll.
In diesem Fall des Rainbow Washing wird also nicht nur vorgegeben, sich mit der LGBTQIA+-Community zu solidarisieren, sondern hinter den Kulissen findet sogar anti-LGBTQIA+-Lobbyismus statt.
Warum ist Rainbow Washing problematisch?
Wenn die Modeindustrie Regenbogenklamotten produziert und Kosmetikhersteller Cremes und Shampoos eine Regenbogenverpackung verpassen, dann schafft das ein Bewusstsein für die queere Gemeinschaft und optimalerweise trägt es zur Aufklärung der Gesellschaft bei.
Wenn Unternehmen jedoch nur im Pride Month mit dem Regenbogen werben, dann profitiert davon weniger die LGBTQIA+-Community als das Unternehmen. Denn Engagement nur während eines Monats im Jahr schafft lediglich kurzfristige Aufmerksamkeit und keinen strukturellen Wandel. Dieser wäre jedoch nötig, damit die queere Community nicht nur nachhaltig im Bewusstsein der Gesellschaft bleibt, sondern auch, damit diese Gesellschaft die vielen Hürden, Probleme und Menschenrechtsverletzungen beseitigen kann, denen LGBTQIA+-Communities auf der ganzen Welt weiterhin ausgesetzt sind. Daher braucht es längerfristige und strukturelle Maßnahmen hin zu mehr Gerechtigkeit, Toleranz und Gleichstellung.
Diversität ist profitabel
Eine finnische Studie aus dem Jahr 2021 zeigt, dass sich eine LGBTQIA+-freundliche Arbeitsumgebung positiv auf die Unternehmensleistung auswirkt. Infolgedessen führt eine sozial progressive Unternehmenskultur zu einer höheren Rentabilität sowie Aktienmarktbewertung.
Dies sollte also ein Anreiz für Unternehmen sein, nicht nur Rainbow Washing zu betreiben, sondern sich ernsthaft für Diversity im Unternehmen einzusetzen.
Der von der Uhlala Group erstellte Pride Index zeigt, dass einige Unternehmen sich einem solchen Unterfangen bereits verschrieben haben. Der Index rankt Arbeitgeber:innen aus verschiedenen Branchen anhand ihrer Maßnahmen für queere Mitarbeiter:innen und beruht auf Befragungen unter anderem zu:
- einer inklusiven Sprache
- Schulungen zur Sensibilisierung der Mitarbeiter:innen oder
- dem Umgang mit Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Daran erkennst du Rainbow Washing
Es ist gar nicht so leicht, Rainbow Washing von ernstgemeintem Interesse und Engagement zu unterscheiden.
Die folgenden Punkte können Indizien für Rainbow Washing sein:
Ein Unternehmen
- wirbt lediglich im Juni mit dem Regenbogen.
- hat keine queer-freundlichen Initiativen ins Leben gerufen.
- spendet nicht an queer-freundliche Organisationen.
- wirbt offensiv mit queeren Mitarbeiter:innen.
- wirbt nur in LGBTQIA+-freundlichen Ländern mit der Regenbogenflagge.
- unterstützt queer-feindliche Organisationen oder Personen.
- inkludiert queere Mitarbeiter:innen kaum oder gar nicht.
- stellt keine queeren Mitarbeiter:innen ein.
Um einige dieser Indizien erkennen zu können, ist es notwendig, genauer hinzuschauen und sich nicht von den lauten Werbekampagnen eines Unternehmens blenden zu lassen. Daher solltest du ein wenig Zeit in eine tiefergehende Recherche investieren, um sicherzustellen, ob sich das Engagement eines Unternehmens nicht doch als Marketing herausstellt.
Das kannst du gegen Rainbow Washing tun
Wenn du beispielsweise ein T-Shirt mit Regenbogenflagge trägst, zeigt das deine Solidarität mit der LGBTQIA+-Community. Du unterstützt damit jedoch womöglich nur primär das Unternehmen, bei dem du das T-Shirt gekauft hast.
Das kannst du tun, um die queere Gemeinschaft wirklich zu unterstützen:
- Tausche dich mit deinen Freund:innen und deiner Familie über LGBTQIA+ aus. So schaffst du ein größeres Bewusstsein und wirkst einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung entgegen.
- Du kannst für eine queer-freundliche Organisation spenden oder dich sogar engagieren.
- Informiere dich über das Unternehmen, bei dem du ein Regenbogenprodukt kaufst. So unterstützt du nicht versehentlich Rainbow Washing.
Übrigens: Pink Washing wird häufig synonym zu Rainbow Washing verwendet. Die Übergänge zwischen beiden Konzepten sind unscharf und auch Woke Washing weist Ähnlichkeiten auf.
Der Begriff „Pink Washing“ wurde durch US-amerikanische Pharma- und Kosmetikkonzerne geprägt, die ihre Produkte mit rosa Schleifen bewarben, dem Symbol für das Engagement gegen Brustkrebs. Die Produkte standen jedoch im Verdacht, Brustkrebs auszulösen.
Weitere Formen des Social Washings sind: Green Washing und Blue Washing.
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