Selbstzweifel hat jeder manchmal. Sie können jedoch so groß werden, dass sie uns lähmen. Dann halten sie uns davon ab umzusetzen, was wir für ein erfülltes Leben brauchen. Wir zeigen dir Wege, deine Selbstzweifel zu überwinden.
Selbstzweifel – unser innerer Kritiker
Das Wort Selbstzweifel spricht bereits für sich. Wir zweifeln an uns selbst, meist an Dingen wie unseren Fähigkeiten, unserem Aussehen oder unserem Durchhaltevermögen. Lang anhaltende Selbstzweifel wirken sich negativ auf unser Selbstvertrauen aus. Meist äußern sich Selbstzweifel als eine innere Stimme, die so etwas sagt wie „Das schaffst du nicht“ oder „Dafür bist du nicht gut genug“. Besonders laut wird diese Stimme, wenn wir etwas wagen wollen, mit dem wir potentiell scheitern können.
Diese innere Stimme wird vom Psychologen Friedemann Schulz von Thun „innerer Widersacher“ genannt, auch die Bezeichnung „innere Kritiker/in“ ist geläufig. Diese inneren Kritiker haben wir alle. Das ist weder abnormal noch pathologisch.
Was sich da zu Wort meldet, ist ein Sicherheitsinstinkt, der uns vor potentiellen emotionalen Risiken schützen möchte. Ob wir uns selbst verwirklichen, gerät dabei in den Hintergrund. Wir gehen womöglich weniger Risiken ein, wenn wir auf die inneren Kritiker hören. Allerdings werden wir auch nicht die Veränderungen herbeiführen, die uns wichtig sind und gehen mit gewohnter Unzufriedenheit auf Nummer sicher.
Umgang mit dem inneren Kritiker
Aus dem inneren Kritiker spricht vor allem die Angst: Angst vor Misserfolg, Angst vor sozialer Ablehnung, aber auch Angst vor Veränderung, wenn wir unsere Komfortzone verlassen. Diese Angst ist zum einen in uns angelegt und hat ihre unbedingte Daseinsberechtigung, weil sie uns vor lebensbedrohlichen Gefahren schützt. Zum anderen ist die Angst durch vergangene Erfahrungen erlernt und wird dadurch auch aktiviert, wenn die Gefahr nicht lebensbedrohlich ist.
Die Stimme des inneren Kritikers ist bei manchen Menschen sehr leise oder er meldet sich nur selten zu Wort. Schwierig wird es, wenn die Stimme des inneren Kritikers unentwegt plappert und uns mit Selbstzweifeln überschüttet, sodass wir in wichtigen Momenten handlungsunfähig sind.
Es gibt einen Weg, wie du mit dem inneren Kritiker und seinen Selbstzweifeln umgehen kannst. Dabei geht es nicht darum, den inneren Kritiker loszuwerden. Stattdessen ist das Ziel, diese Stimme wahrzunehmen. Nur so ist es möglich, sich von den Selbstzweifeln zu distanzieren und ihnen die Macht über uns zu nehmen. Auf diesem Weg gelingt es dir, trotz Selbstzweifel selbstbewusst zu handeln.
Daraus leiten sich drei Pfeiler im Umgang mit Selbstzweifeln ab:
- Bewusstheit über den inneren Kritiker
- Desidentifikation vom inneren Kritiker
- Handlungsmotivation fördern
Wir zeigen dir nachfolgend Methoden, wie du jeden Pfeiler trainieren kannst, um deine Selbstzweifel zu überwinden. Die Pfeiler bauen dabei stufenweise aufeinander auf und sollten auch in der gegeben Reihenfolge erarbeitet werden.
# 1: Selbstzweifel bewusst machen
Laut von Thun müssen wir zuerst den Täter identifizieren, bevor wir etwas gegen ihn tun können. Die Stimme der Selbstzweifel soll aus der Anonymität gelockt werden. Meist ist uns gar nicht bewusst, dass der innere Kritiker unentwegt mit uns spricht und uns subtil aber wirksam beeinflusst. Wenn wir ihm allerdings nicht zuhören, so können wir auch nichts erwidern.
Höre hin, was dein innerer Kritiker zu sagen hat.
Denke dafür an eine wichtige (berufliche) Entscheidung, ein spannendes Projekt oder eine Idee, von der du schon lange träumst – sei es eine Weiterbildung zu machen, eine Reise zu starten oder eine Familie zu gründen. Bestimmt meldet sich recht bald der innere Kritiker in dir, wenn du dir vorstellst, diese Projekte tatsächlich umzusetzen.
- Lass den inneren Kritiker zu Wort kommen.
- Was sagt dein innerer Kritiker in dieser Situation?
- Schreibe alles auf und sei dabei so „platt“ und direkt wie möglich.
Klassiker des inneren Kritikers sind Sätze wie:
- Andere können das viel besser als du.
- Du hast keine Ahnung von dem, was du machst.
- Dafür bist du zu alt / dumm / unsportlich o.ä.
Tipp: Das Bewusstmachen der eigenen Selbstzweifel ist unheimlich wichtig, um sie zu überwinden. Du solltest dabei darauf achten, was Selbstzweifel körperlich in dir auslösen. Das sind meist unangenehme Empfindungen wie Anspannung, Nervosität oder Schlappheit. Achtsamkeit kann helfen, mit den entstehenden Gefühlen umzugehen.
# 2: Von den Selbstzweifeln distanzieren
Nachdem du die Stimme des inneren Kritikers nun genauer verstehst, soll er noch weiter ins Licht rücken.
Gib dem inneren Kritiker eine Form.
Selbstzweifel, die im inneren Kritiker zum Ausdruck kommen, sind meist verinnerlichte Stimmen von Eltern, Geschwistern, Schulkameraden, Lehrern usw. Diese Stimmen bleiben als Selbstentmutigung, Selbstanklage und Selbstsabotage in uns lebendig. Du musst dich mit diesen Stimmen nicht identifizieren, da sie ursprünglich von außen kommen.
Die Beraterin Kerstin Mauth lässt ihre Kursteilnehmer den inneren Kritiker malen, um ihn fassen zu können. Folgende Fragen stellt sie zur Inspiration:
- Ist dein innerer Kritiker männlich, weiblich, geschlechtslos? Ein Mensch, Tier, eine Fantasiefigur?
- Welchen kulturellen Hintergrund hat dein innerer Kritiker?
- Hat er einen Namen? Einen Beruf?
Male ein eigenes Bild deines inneren Kritikers. Denke dabei nicht zu viel nach und sei spontan. Dir sind dabei keine Grenzen gesetzt, es ist DEIN innerer Kritiker. Die Bilder in Kerstin Mauths Kursen könnten unterschiedlicher nicht ausfallen: Einer malt vielleicht ein Bild seines ehemaligen Deutschlehrers, eine andere einen diffusen Schleier aus grauen Linien.
Vielleicht merkst du schon beim Malen selbst, wie du Distanz gewinnst. Du erkennst: Du bist nicht eins mit deinen Selbstzweifeln, sondern sie sind ein Teil des inneren Kritikers. Vielleicht hilft dir eine Vorstellung vom inneren Kritiker als kaputte Schallplatte , die immer an derselben Stelle springt. Das kann ein recht lustiges Bild sein und Humor ist ein guter Begleiter im Umgang mit Selbstzweifeln.
Alternative: Wenn du mit dem Malen nicht resonierst, kannst du es mit der alternativen Technik von Thuns versuchen. Schreibe dazu einen Steckbrief zu deinem inneren Kritiker. Gib ihm einen Namen, schreibe seinen Lieblingssatz auf, welches Kostüm er trägt (zum Beispiel die Schürze deiner Oma oder einen grauen Anzug) und beschreibe seine Erscheinung genauer.
# 3: Handlungsmotivation schaffen
Jetzt kommt der wichtigste Schritt, um Selbstzweifel zu überwinden. Es gibt einen Weg, aus den Selbstzweifeln Energie und Motivation zu schöpfen. Und jetzt zeigt sich auch, warum die ersten beiden Schritte so wichtig sind: Nur wenn du deine Selbstzweifel kennst und dich nicht mit ihnen identifizierst, kannst du mit ihnen arbeiten.
Du brauchst jetzt die Sätze aus #1 und eine neugierige Haltung.
- Schreibe mindestens drei Behauptungen deines inneren Kritikers auf.
- Wandle die Behauptungen des inneren Kritikers in neugierige Fragen um.
- Achte darauf, dass die Fragen offen, zukunftsorientiert und lösungsorientiert sind.
Ein Beispiel:
- Nehmen wir an, du möchtest einen Vortrag über ein dir wichtiges Thema halten.
- Behauptung des inneren Kritikers: „Du hast absolut keine Ahnung, wovon du da redest!“
- Neugierige Frage „Was weiß ich über das Thema?“
Merkst du, was sich verändert, wenn du eine solche Frage stellt? Genau: Es stecken Handlungsmöglichkeiten in der Frage. Du kannst dich nun aktiv mit der Behauptung des inneren Kritikers auseinandersetzen und diese auf den Prüfstand stellen. Gleichzeitig arbeitest du dann schon an einer Lösung, weil du direkt Wissen über das Thema sammelst. Letztendlich motivierst du dich damit selbst.
Indem du diese Technik trainierst, kannst du viel Energie aus den Selbstzweifeln schöpfen, ohne gegen sie zu kämpfen.
Selbstzweifel als Symptom
Selbstzweifel überwindet man nicht über Nacht. Du wirst die drei Schritte regelmäßig wiederholen müssen, um deine Selbstzweifel nachhaltig zu überkommen. Sie sind ein gutes Werkzeug, das du immer einsetzen kannst.
Es kann aber sein, dass du das Gefühl hast, deinen Selbstzweifeln unkontrollierbar ausgeliefert zu sein. Manche Menschen grübeln in den meisten Situationen und über lange Zeiträume über Selbstzweifel und Selbstanklagen nach. Starke Selbstzweifel werden manchmal auch Hochstapler-Syndrom genannt.
Selbstzweifel können ein Symptom einer Depression sein. Wenn du eine sehr starke Neigung zu Selbstzweifeln bei dir bemerkst und auch an anderen Anzeichen wie Antriebslosigkeit, Interessenverlust oder Schlafstörungen leidest , dann solltest du mit einem Psychologen sprechen.
Fazit: Selbstzweifel hinterfragen
Selbstzweifel hat jeder. Sie entspringen unserem inneren Kritiker, der uns vor potentiellen Risiken schützen will. Der beste Weg mit den Selbstzweifeln umzugehen, ist sie wahrzunehmen, sich von ihnen zu distanzieren und ihnen neugierige Fragen entgegenzustellen. So können sie uns nicht lähmen, sondern im Gegenteil sogar Energie zur Verfügung stellen, um motiviert zu handeln.
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