Supermarkt-Apps bieten ihren Nutzer:innen auf den ersten Blick viele Vorteile. Ob sich diese am Ende wirklich bewahrheiten und welche Haken die Apps mit sich bringen können, erfährst du hier.
Einkaufslisten erstellen, Rabattaktionen und die Möglichkeit, die Einkäufe bequem nach Hause bestellen zu lassen: Supermarkt-Apps wollen Nutzer:innen das Leben einfacher machen. Mittlerweile gibt es solche Apps unter anderem von großen und bekannten Ketten wie Rewe, Edeka, Lidl und Norma. Aber auch die Drogerien Rossmann und dm versorgen ihre Kund:innen mit Angeboten auf dem Handy.
Nach einer Umfrage von Bitkom-Research haben fast drei Viertel (72 Prozent) der Smartphone-Nutzenden hierzulande mindestens eine Supermarkt-App installiert.
Auf den ersten Blick wirkt das ziemlich praktisch. Noch dazu kann man durch Rabatte und Vergünstigungen, die die App anzeigt, Geld sparen. Aber rentiert sich das wirklich?
Verbraucherschützer sehen das kritisch. Im Juli 2025 verhandelte das Oberlandesgericht Stuttgart über eine Klage gegen die „Lidl Plus“-App. Nach Ansicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands informiert der Discounter die Nutzer:innen nicht ausreichend darüber, dass sie die App-Rabatte mit ihren Daten bezahlen.
Was bieten die Einkaufs-Apps der Händler eigentlich?
Rewe, Lidl, Kaufland: Fast alle großen Handelsketten haben eine App, die Kund:innen auf ihren Smartphones verwenden können. Die Apps bieten verschiedene Funktionen. Der Umfrage zufolge sind Rabatte oder Coupons, Online-Prospekte, digitale Kundenkarten oder Treueprogramme sowie digitale Kassenbons die am meisten genutzten Features. „Sie bieten beispielsweise aber auch Bezahlfunktionen„, sagt Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen. Obendrein gibt es oft Rezepte mit Zutatenliste sowie digitale Einkauflisten.
Das Sammeln von Treuepunkten oder der Vergleich von Prospekten mit Sonderangeboten verschiedener Supermarktketten gehört für viele Kund:innen seit Jahrzehnten zum Alltag. „Apps digitalisieren die Angebote, sparen viel Papier und Zeit und können das Einkaufen und Planen insgesamt bequemer machen, da sie von überall abrufbar sind“, sagt Nastassja Hofmann, Retail-Referentin beim IT-Brachenverband Bitkom.
Wer sich registriert, kann bei vielen Händlern auch die Bonus- und Treueprogramme nutzen. Teils sind zusätzliche Artikel im Angebot, teils gibt es einen Extra-Rabatt auf reduzierte Produkte. Vielfach bekommen Kund:innen Rabatt-Coupons, wenn sie innerhalb eines Monats eine bestimmte Einkaufssumme erreichen.
Handelsexperte Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn sieht in der Angebotswerbung der Lebensmittelhändler einen neuen Trend. „Viele Tiefpreise gelten ausschließlich für registrierte Kund:innen mit App.“
So sparst du Geld mit Supermarkt-Apps
Ob 20 Cent Preisnachlass auf einen bestimmten Joghurt oder eine um 33 Prozent reduzierte Tafel Schokolade: Als Nutzer:in von Supermarkt-Apps sparst du, in dem du Produkte kaufst, die gerade im Angebot sind. Oft handelt es sich dabei um Eigenmarken. Die Supermarktketten möchten durch diese Aktionen Kund:innen an sich binden und mit Rabatten zum Einkaufen animieren. Und das kann problematisch sein. Vielleicht ist es dir auch schon mal so ergangen, dass du nur etwas gekauft hast, weil es gerade reduziert war. Gebraucht hast du es eigentlich nicht wirklich.
Mit einem ähnlichen Prinzip arbeiten Bonuspunkteprogramme, die nicht nur an einen einzigen Supermarkttyp gebunden sind. Auch hier locken Angebote in bestimmten Geschäften oder bei Online-Anbietern. Mehr dazu hier: Payback & Co.: 5 Gründe, warum du keine Punkte sammeln solltest
In beiden Fällen locken die Rabatte zu spontanen Gelegenheitskäufen von Dingen, die du sonst nicht gekauft hättest. So gibst du teilweise eigentlich mehr Geld aus, als nötig gewesen wäre. Die Apps lassen es jedoch so erscheinen, als hättest du Geld gespart.
Welche Händler bieten die besten Rabatte?
Das Preisvergleichsportal Smhaggle hat die Bonusprogramme der Händler verglichen. Dafür wurden zwischen Januar und März 2025 rund 1,26 Millionen Kassenbons ausgewertet. Das Ergebnis: Bei der Nutzung der Programme der verschiedenen Händler sparen Kund:innen wenig.
Mit der Kaufland Card konnten Kund:innen im ersten Quartal im Schnitt 2,29 Prozent ihrer Gesamtausgaben im Lebensmitteleinzelhandel und den Drogerien sparen. Bei 100 Euro sind dies also lediglich 2,29 Euro. Bei anderen Ketten fällt die Ersparnis noch geringer aus. Bei Rewe Bonus waren es lediglich 0,82 Prozent, in der Penny-App 0,75 Prozent.
„Durch den gezielten Einkauf von Aktionsangeboten und den regelmäßigen Wechsel des Händlers kann man bequemer und deutlich mehr sparen als mit einem einzelnen oder mehreren Bonusprogrammen“, sagt Smhaggle-Geschäftsführer Sven Reuter. Wer gezielt Produkte im Angebot kaufe, könne im Schnitt 30 Prozent sparen. Bei den Bonusprogrammen seien es meist lediglich ein bis zwei Prozent.
Supermarkt-Apps: Das ist der Haken
Die Nutzung dieser Apps unterliegen den umfassenden Vorgaben der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). „Nutzer:innen haben die Kontrolle über ihre Daten, denn sie können entscheiden, welche Daten sie für den Händler freigeben und welche nicht“, sagt Verbraucherschützer Mai. Dazu sollte man die Datenschutzbestimmungen und -einstellungen der jeweiligen App genau im Auge behalten.
Laut der Verbraucherzentrale sammeln die Unternehmen dabei jedoch trotzdem Daten und erstellen Nutzerprofile ihrer Kund:innen. In den Apps gehen Kund:innen und Händler ein Tauschgeschäft ein: Angemeldeten Kund:innen winken exklusive Vorteile. Die Händler erhalten dafür – im besten Fall – treuere Kund:innen und deren Daten.
Deine Einwilligung dazu gibst du, indem du anklickst, dass du den Datenschutzbestimmungen zustimmst. Das Ziel dahinter ist es, Einkaufsgewohnheiten sowie die Nutzung von Vorteilsprogrammen der Nutzer:innen zu analysieren. „Das sind unter anderem die besuchte Filiale, die eingekauften Artikel sowie die eingelösten Rabattcoupons, Gutscheine und Bonuspunkte“, sagt Markus Montz vom IT-Fachmagazin „c’t“. Die Anbieter protokollierten außerdem den Gesamtbetrag, Datum und Uhrzeit sowie das verwendete Zahlungsmittel. Ebenfalls erfasst werden Anschrift und Geburtsdatum der App-Nutzer:innen. Die Händler können dadurch besser auf deren individuellen Vorlieben eingehen. So können die Unternehmen in der App zum Beispiel bestimmte Produkte bewerben und damit das Kaufverhalten beeinflussen.
Die Händler verfolgen zudem mehr oder weniger intensiv, wie die App genutzt wird. „Auch übers Smartphone geben die Apps Infos an die Anbieter weiter, etwa dessen Werbe-ID oder Gerätekonfigurationen wie Sprach- und Ländereinstellungen“, so Montz. Um das zu vermeiden, solltest du die Datenschutzeinwilligungen und -einstellungen genau durchlesen und überprüfen, und im Zweifelsfall die App löschen.
Achtung: Oftmals ändern sich auch die Bedingungen, wenn die App ein Update bekommen hat. Auch dann solltest du noch einmal das Kleingedruckte überprüfen.
Laut einer 2024 durchgeführten Umfrage des Handelsforschungsinstituts IFH kaufen 56 Prozent der App-Nutzer:innen häufiger bei einem Händler, jeder Dritte gibt mehr Geld aus. Viele Kund:innen haben vier oder mehr verschiedene Einkaufsapps auf dem Handy, nutzen aber nicht alle regelmäßig. Am weitesten verbreitet sind die Apps der Lebensmittelhändler. Mehr als die Hälfte der angemeldeten Kund:innen nutzen die Apps mehrmals wöchentlich, ein Drittel mehrmals im Monat.
Gibt es eine Datenauswertung?
Die Apps sammeln und analysieren die Daten der Nutzenden, erstellen auch Kundenprofile, erklärt die Verbraucherzentrale Bremen.
Und kennen Anbieter über die Apps das Einkaufsverhalten ihrer Kund:innen, können sie diese natürlich auch gezielt mit personalisierter Werbung ansprechen. Der Zusendung personalisierter Werbung können Verbraucher:innen aber auch widersprechen.
So kann es jedoch passieren, dass sich die Apps unbemerkt an dich anpassen. Kaufst du statt Fleisch mehr Veggie-Produkte, könnten sie daraus schließen, dass du vegan oder vegetarisch lebst. Und schon tauchen Rabattaktionen für Sojaschnitzel, Seitanwürstchen und Co. in deiner App auf.
Und wie könnten Händler Erkenntnisse aus dem Nutzungsverhalten ihrer Kund:innen noch einsetzen? „Supermärkte können so zum Beispiel auch ihr Sortiment besser anpassen und Lebensmittelabfälle vermeiden“, sagt Bitkom-Referentin Hofmann.
Nachteile der Apps
Gerade bei personalisierter Werbung besteht die Gefahr, dass Anbieter App-Nutzer:innen gezielt manipulieren. „Wenn sie wissen, dass jemand regelmäßig Pasta kauft, senden sie gezielt Werbung für Nudeln – und verleiten so dazu, mehr zu kaufen, als eigentlich nötig wäre“, erklärt Verbraucherschützer Mai.
„Manipulation liegt auch vor, wenn schnell noch eine Packung mehr im Wagen liegt, weil man noch einen bestimmten Punktwert erreichen will“, erklärt Markus Montz. Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: „Viele Kund:innen kaufen tendenziell dort ein, wo sie Rabatte und Punkte bekommen – darüber vergessen sie, Preise zu vergleichen„, sagt Montz. So könne es dazu kommen, dass sie im Schnitt mehr Geld für Lebensmittel ausgeben, obwohl es durchaus günstiger ginge.
Außerdem interessieren sich nicht nur die Handelsketten für die Verbraucher:innen: „Auch andere Werbevermarkter wie Adjust, Alphabet und Meta verfolgen auf dem Smartphone die Kaufinteressen der Nutzer:innen“, sagt Montz. Dabei helfen ihnen Cookies und Kennnummern auf dem Smartphone, vor allem aber auch die App-Anbieter, die die entsprechenden Werbe- und Trackingmodule in ihre Anwendungen integrieren.
Lohnen sich die Apps wirklich?
„Man kann etwas Geld sparen, aber der Spareffekt ist wirklich niedrig“, sagt Verbraucherschützer Mai. Der geldwerte Vorteil liege oft unter einem Prozent des Einkaufswertes. Und das sei auch nur dann der Fall, wenn man Angebote oder Aktionsware bedarfsgerecht kauft.
Wer dagegen keine Einkaufsdisziplin wahrt und sich dazu verleiten lässt, mehr zu kaufen als benötigt – nach dem Motto „die Schokolade ist ja im Angebot, da nehme ich gleich ein paar Tafeln“, verspielt schnell den gesparten Betrag.
„Für die Anbieter sind die Apps letztendlich ein Gewinn“, resümiert Markus Montz. Sie binden nicht nur Käufer:innen an sich. Über die Apps erhalten sie auch ein immer besseres Bild vom Konsumverhalten ihrer Kund:innen: Sie wissen etwa, wer was wann und in welcher Filiale gekauft hat und wie der- oder diejenige am liebsten bezahlt, sagt Montz. „Ob Kund:innen diese Transparenz wirklich wollen, müssen sie für sich entscheiden.“
Haben alle großen Ketten ein Bonusprogramm?
Die Discounter Aldi Nord und Aldi Süd haben in Deutschland bisher kein Bonusprogramm. Aldi Nord testet dies im Ausland, in einem Teil von Belgien können Kund:innen in der App Treuepunkte sammeln. Von Aldi Süd heißt es: Man verzichte auf komplexe App-Rabatte oder Punktesysteme und biete jederzeit allen Kund:innen die besten Angebote. Der Discounter wirbt mit dem Slogan „Gutes für alle“.
Wie bewerten Kund:innen solche Programme?
Viele Menschen verwenden Treue-Apps von Lebensmittelhändlern, um sich Rabatte zu sichern, wie eine YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt. Fast jeder Vierte nutzt sie hingegen nicht und will dies auch künftig nicht machen. Am häufigsten wird kritisiert, dass persönliche Daten übermittelt werden und das Kaufverhalten analysiert wird. Uneinigkeit gibt es, wenn es darum geht, dass nur registrierte Kund:innen Rabatte erhalten. 41 Prozent finden das gut, 40 Prozent nicht.
Laut einer Studie des IFH Köln nutzt die große Mehrheit der Kund:innen nach wie vor Printwerbung, um Angebote zu finden und ihren Einkauf zu planen. Andere Medien wie Apps sind demnach für die Kund:innen keine gleichwertige Alternative. Viele geben an, dass sie ihnen zu kompliziert sind. „Verbraucher:innen kommen bei den unterschiedlichen Loyalty-Programmen nicht mehr hinterher – Punkte sammeln, Coupons einlösen, Preisvorteile sichern“, sagt der Geschäftsführer von IFH Media Analytics, Andreas Riekötter. Kund:innen fühlten sich zunehmend desorientiert im Dschungel der App-Angebote und könnten das Angebot nicht transparent miteinander vergleichen.
Sparen beim Einkaufen: So geht es nachhaltiger
Auch ohne Supermarkt-Apps kannst du beim Einkaufen sparen. Das geht sogar nachhaltig. Zum Beispiel so:
- Kaufe saisonale und regionale Produkte. Diese sind oft billiger als importierte Gemüse- und Obstsorten.
- Überlege zweimal, ob du die Ware auch wirklich brauchst.
- Gehe nicht ohne Einkaufszettel einkaufen. Das verhindert Spontankäufe. Auch ein Essensplan für die Woche kann dir dabei helfen.
- Durch Prospekte von Supermärkten erfährst du auch ohne App, wenn etwas im Angebot ist. Auch durch Stempelkarten (zum Beispiel in Bäckereien und Cafés) ist es möglich zu sparen.
- Rette Lebensmittel. Über die App Too good to go erfährst du, wenn Restaurants und Bäckereien übrig gebliebene Produkte am Ende des Tages für deutlich weniger Geld anbieten.
- Vermeide es, dich durch Konsum belohnen zu wollen. Das sorgt nur kurzfristig für einen kleinen Stimmungsaufschwung. Für langfristige Zufriedenheit sind andere Belohnungsmechanismen sinnvoller. So kannst du dir zum Beispiel Zeit für dich nehmen, in dem du einer Lieblingsbeschäftigung, wie lesen, malen, backen, Sport oder Yoga nachgehst oder dich mit Freund:innen für einen kleinen Ausflug verabredest.
Mit Material der dpa.