„Über Klimaschutz kann man mit dem doch eh nicht reden!“ – habt ihr das auch schonmal über jemanden im Bekanntenkreis gedacht? Unsere Autorin hat eine Klimapsychologin gefragt, warum und wie man es trotzdem versuchen sollte.
Vielfliegende, SUV-Fans, Konsum-Addicts: Wir alle haben hin und wieder mit Menschen zu tun, denen die Klimakrise offenbar vollkommen egal ist. Macht es trotzdem Sinn, mit ihnen übers Klima zu sprechen? Und wenn ja, wie stellt man das am besten an, ohne noch mehr Frust und Ignoranz zu schüren?
Antworten auf diese Fragen hat die Klimapsychologin Janna Hoppmann. In diesem Artikel findet ihr ihre sieben wichtigsten Tipps, mit deren Hilfe ihr künftig konstruktivere Gespräche übers Klima führen könnt. Spoiler-Alarm: Belehren war gestern. Bonuspunkt: Die meisten Tipps lassen sich auch auf andere Bereiche anwenden, in denen Menschen verschiedener Meinung sind.
Wir müssen übers Klima sprechen – auch mit denen, denen es egal zu sein scheint
Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Unsere Atmosphäre heizt sich ungebremst auf, Extremwetterphänomene werden häufiger und extremer, Gletscher schmelzen und der Meeresspiegel steigt. Und da wir Menschen in den Industrienationen die Hauptverursacher all dessen sind, liegt es auch an uns, entgegenzusteuern.
Die Klimapsychologin Janna Hoppmann ist überzeugt: „Alle sind gefragt: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft – und jede:r Einzelne. Denn in einer Demokratie können wir die Strukturen nur verändern, wenn wir miteinander sprechen, einander zuhören, uns in Gruppen zusammenschließen und dadurch sogenannte soziale Kipppunkte anstoßen. Dazu gehört auch, mit Menschen zu sprechen, die anders ticken als wir selbst.“
Dass das nicht leicht ist, ist klar – schließlich kann eine Gesprächsoffensive auch schnell mal nach hinten losgehen und die Beziehung zu unserem Gegenüber belasten. Folgende Tipps können dir helfen, in Klimagesprächen konstruktiv zu bleiben.
1. Sprich mit Menschen aus deinem direkten Umfeld übers Klima
„Studien haben ergeben, dass persönliche Klimagespräche mit uns nahestehenden Personen am wirksamsten sind“, betont Hoppmann. Ob Familienmitglieder, Freund:innen, Kolleg:innen oder Nachbar:innen – wenn es euch gelingt, mit ihnen unmittelbar und auf Augenhöhe über die Klimakrise zu sprechen, bewegt ihr damit meist mehr, als wenn ihr mit Personen sprecht, zu denen ihr keine enge Verbindung habt, oder einen Social-Media-Post verfasst, der nur kurze Aufmerksamkeit von einer diffusen Öffentlichkeit bekommt.
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2. Bereite dein Gespräch vor und setze dir realistische Ziele
Wenn du bisher noch wenig oder eher schlechte Erfahrungen mit Klimagesprächen gemacht hast solltest du zunächst deine eigene Erwartungshaltung überprüfen.
„Es ist unwahrscheinlich, dass wir jemanden mit einem einzigen Gespräch dazu bekehren können, dem Klima zuliebe vom Fleischesser zum Veganer zu werden“,
so Hoppmann. „Unser Ziel sollte es vielmehr sein, überhaupt ein Klimagespräch in Gang zu bringen, bei dem sich beide Seiten ernst genommen fühlen. Jede:r hat Gründe für die eigene Meinung, die eng mit der eigenen Lebensrealität zusammenhängen.“
Überlege dir vorab, welche Gedanken, Gefühle und Werte die andere Person wahrscheinlich mit der Klimakrise verbindet und welche Gemeinsamkeiten ihr habt, die irgendwie mit Klimaschutz in Verbindung stehen könnten. Wenn ihr zum Beispiel beide Kinder habt, kann dies der rote Faden sein, der euer Gespräch zusammenhält. Nicht zu vergessen ist außerdem vorab die Wahl einer angemessenen Gesprächssituation, in der beide ausreichend Zeit haben und sich ungestört austauschen können. Als Tool zur Vorbereitung kann dir die Canvas Klimakommunikation mit ihren 7 Schritten helfen.
3. Finde einen individuell geeigneten Gesprächseinstieg
Viele Gespräche scheitern gleich zu Beginn, weil sich unser Gegenüber angegriffen fühlt. ‚Wie kannst du es eigentlich mit deinem Gewissen vereinbaren, SUV zu fahren?‘ ist ein Beispiel, wie man es lieber nicht angehen sollte. Je besser wir unser Gegenüber kennen, desto eher können wir einschätzen, was stattdessen funktionieren könnte. Hoppmann rät: „Bei manchen empfiehlt sich der Einstieg über die politische oder gesellschaftliche Ebene, zum Beispiel indem man die hohen Energiepreise oder die CO2-Steuer thematisiert. Wichtig ist jedoch vor allem, dass wir von Anfang an das Gefühl geben: Deine Meinung zu diesem Thema interessiert mich.“ Stelle daher offene Fragen, die dein Gegenüber nicht einfach mit ja oder nein beantworten kann, und höre aufmerksam zu.
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4. Verschiebe den Fokus von Klima-Fakten auf Geschichten und Gefühle
Schon in der Schule haben wir Fakten und Argumente auswendig gelernt – und damit gute oder weniger gute Noten erzielt. Psychologin Hoppmann gibt zu bedenken: „Wenn wir die Menschen bloß über Fakten zum Handeln bewegen könnten, wären wir in Sachen Klimaschutz schon viel weiter. Studien haben jedoch belegt, dass Wissen allein nicht ausreicht, um Veränderungen herbeizuführen.“
Statt dein Gegenüber also mit Klima-Fakten zu überhäufen, solltest du vielmehr versuchen, ihm oder ihr persönliche Geschichten zu entlocken. Folgende Fragen können dabei helfen: Was geht dir durch den Kopf, wenn du in den Medien Bilder von Klimaprotesten siehst? Hattest du schonmal Angst vor Wetterereignissen? Wann hattest du zuletzt das Gefühl, dass du mit anderen etwas bewegen kannst? Erzähle außerdem, wie sich bei dir selbst das Interesse für Klimagerechtigkeit entwickelt hat.
5. Verzichte auf den moralischen Zeigefinger
Obwohl wir in Europa in einer sogenannten Wertegemeinschaft leben, trägt jede:r von uns ganz individuelle Werte in unterschiedlichster Ausprägung in sich. Von A wie Abenteuer bis Z wie Zielstrebigkeit schillern diese in allen Farben und sind fester Bestandteil unserer Identität. Hoppmann sagt: „Um unseren Selbstwert – also unser Bild von uns als guter Mensch – zu schützen, reagieren wir auf Belehrungen und Schuldzuweisungen instinktiv mit Gegenwehr.“
Konzentriere dich deshalb darauf, herauszufinden, welche Werte deinem Gegenüber wichtig sind und berücksichtige diese im Gespräch. Menschen mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis erreichst du zum Beispiel, indem du die Wetterextreme ansprichst, die die Klimakrise mit sich bringt. Und deiner umtriebigen Cousine könntest du erzählen, was für großartige Gemeinschaftserlebnisse du bei der letzten Klimademo hattest. Wichtig bei all dem: Sei authentisch und gestehe ein, wo du selbst in Sachen Klimaschutz noch Luft nach oben hast. Denn niemand unterhält sich gerne mit jemandem, der oder die davon überzeugt ist, perfekt zu sein.
6. Statt Panikmache: Vermittle Handlungsmöglichkeiten für mehr Klimaschutz
Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürren, Hunger und Massenmigration: An dramatischen Zukunftsszenarien, die mancherorts heute schon Realität sind, mangelt es in Sachen Klimakrise keinesfalls. Umso erstaunlicher, wie langsam die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft voranschreitet.
Doch die Expertin warnt: „Anders als oft angenommen motiviert Angst allein nicht zum Handeln, sondern überfordert und lähmt uns eher.“ Statt also Panik zu schüren, solltest du dich im Gespräch vielmehr darauf konzentrieren, welche Lösungen es bereits gibt uns was jeder und jede Einzelne tun kann. Wir können uns zum Beispiel in der Kommune, am Arbeitsplatz oder in Schulen für Klimaschutz einsetzen, auf unnötige Autofahrten und Flüge verzichten, unser Haus dämmen oder zum Ökostromanbieter wechseln.
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7. Läuft nicht so gut? Lass daran nicht die Beziehung scheitern
Leider haben die wenigsten von uns gelernt, wie man gute Gespräche mit Andersdenkenden führt. Daher kann es durchaus vorkommen, dass während eines noch so gut geplanten Gesprächs die Stimmung kippt, dein Gegenüber sich angegriffen fühlt, der Dialog zu scheitern und die Beziehung zu belasten droht. Hilft das dem Klima? Auf keinen Fall! Hoppmann rät: „Manchmal ist es dann am besten, das Thema rechtzeitig zu wechseln, um die Beziehung nicht zu belasten – und die Tür für ein weiteres Gespräch zum Klima offen zu halten.“
Fazit: Gute Klimakommunikation kann man lernen
Vielen von uns fällt es schwer, mit Menschen über Themen zu sprechen, bei denen wir nicht auf einer Wellenlänge sind. Doch die Klimapsychologin Janna Hoppmann ist überzeugt: Das können und müssen wir lernen. Beginne am besten mit einer Person, bei der das Risiko gering ist, dass eure Beziehung darunter leidet. Allerdings sollte es dir vor allem am Anfang nicht darum gehen, dein Gegenüber mit Argumenten und Fakten zu erschlagen und letztlich die Klima-Debatte zu „gewinnen“. Vielversprechender ist es, den oder die andere über Geschichten, Emotionen und ehrliches Interesse zunächst für mehr Klimaschutz „aufzuschließen“, Neugierde zu wecken und darin zu bestärken, dass wir alle etwas verändern können.
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