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Tiertransporte: Probleme, Ursachen und was du dagegen tun kannst

Tiertransporte
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Tiertransporte sind meistens eine große Belastung für die Tiere. Wir erklären dir, woran das liegt und wie du selber gegen Tiertransporte aktiv werden kannst.

Unzählige Tiere sind in LKWs auf unseren Straßen unterwegs. Der Albert-Schweitzer-Stiftung zufolge werden Tiertransporte immer mehr und länger. Warum? Während Tiere früher ihr ganzes Leben auf einem Hof verbracht haben, gibt es inzwischen für jeden Aspekt der Tierhaltung spezialisierte Betriebe: Brütereien, Zuchtbetriebe, Mastanlagen, Schlachthöfe… und diese Betriebe werden immer größer und weniger. Damit steigen die Distanzen zwischen ihnen.

Zahlen der Albert-Schweitzer-Stiftung zu Tiertransporten in Deutschland und der EU:

  • 2015 mussten EU-weit fast 1,4 Millionen Tiere Tiertransporte über sich ergehen lassen.
  • Innerhalb Deutschlands wurden 2016 über 750 Millionen Nutztiere zu einem Schlachthof transportiert.
  • Deutschland exportierte 2016 350 Millionen Nutztiere in EU-Staaten und importierte 250 Millionen. Die wichtigsten Handelspartner von Deutschland sind die Niederlande, Dänemark, Polen und Österreich.
  • Deutschland und die EU exportieren auch lebende Tiere in Nicht-EU-Staaten – sogenannte Drittländer. Eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hat ergeben, dass Deutschland hierzu Abkommen mit 16 Ländern unterhält, darunter zum Beispiel Ägypten, Algerien und Mexiko. Jährlich gelangen so unter anderem 80.000 Rinder aus Deutschland in Drittstaaten.

Die Europäische Tiertransport-Verordnung und (speziell für Deutschland) die Deutsche Tierschutztransportverordnung sollen sicherstellen, dass die Transporte für die Tiere mit möglichst wenigen Strapazen verbunden sind. Was genau die Gesetze regeln, erfährst du im nächsten Abschnitt.

Tiertransporte: Die gesetzliche Lage

Tiertransport: Schafe im LKW
Tiertransport: Schafe im LKW (Foto: CC0 / Pixabay / Gina_Janosch)

Tiertransporte erfolgen in ein- oder mehrstöckigen LKWs. Große Tiere stehen in den Laderäumen, kleine Tiere wie Hühner in Käfigen oder Boxen.

Tiertransporte sind nicht immer erlaubt. Laut Albert-Schweitzer-Stiftung und Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) verbietet die EU-Verordnung den Transport von kranken oder verletzten Tieren – ausgenommen sind aber leichte Erkrankungen oder Verletzungen. Einige Tiere dürfen zudem höchstens 100 Kilometer weit transportiert werden:

  • Neugeborene (je nach Tierart höchstens ein bis drei Wochen alt)
  • hochschwangere Tiere
  • Muttertiere bis zu einer Woche nach der Geburt

Wie lange dürfen Tiertransporte dauern?

Auch Tiere müssen regelmäßig trinken und essen.
Auch Tiere müssen regelmäßig trinken und essen. (Foto: CC0 / Pixabay / JACLOU-DL)

In der EU gibt es keine allgemeine Obergrenze für die Dauer von Tiertransporten. Stattdessen listet die EU-Verordnung diese Werte auf:

  • Tiere, die noch gesäugt werden: neun Stunden Transport, eine Stunde Ruhezeit und Tränke, wieder neun Stunden Fahrt
  • Schweine: bis zu 24 Stunden Transport bei ständigem Zugang zu Trinkwasser
  • Rinder, Schafe und Ziegen: 14 Stunden Transport, eine Stunde Ruhezeit und Tränke, wieder 14 Stunden Fahrt

Danach müssen die Tiere den Transporter verlassen und sich für mindestens 24 Stunden ausruhen können, bevor es weitergeht. Dem BMEL zufolge muss bei Transporten, die länger als acht Stunden dauern, die Temperatur regulierbar sein.

In Deutschland sind Tiertransporte per Gesetz auf acht Stunden beschränkt – die Zeit kann aufgrund „unvorhergesehener Umstände“ aber überschritten werden.

Wie viel Platz hat ein Tier im Transporter?

Wie viel Platz ein Tier laut der deutschen Verordnung haben muss, richtet sich nach seiner Art und seinem Gewicht. Ein paar Beispiele:

  • Einem Huhn von fünf Kilogramm (also einem vergleichsweise großen Huhn) steht eine Grundfläche von 24 mal 24 Zentimetern zu. Die Box muss mindestens 25 Zentimeter hoch sein.
  • Ein Schwein, das 100 Kilogramm wiegt, soll mindestens einen halben Quadratmeter zur Verfügung haben.
  • Ausgewachsene Rinder bekommen etwa 1,6 Quadratmeter.

Wer kontrolliert die Tiertransporte?

Um die Einhaltung all dieser Regeln kümmern sich die örtlichen Veterinär-Behörden, zum Teil auch Polizei und Zoll. Sie kontrollieren laut BMEL vor dem Start des Tiertransportes, ob alle Tiere transportfähig sind, ob das Fahrzeug über die nötige Ausstattung verfügt und ob das Personal geschult ist und eine Zulassung hat.

Weitere Kontrollen müssen an Grenzübertritten und bei längeren Transporten während der 24 stündigen Pausen stattfinden. Auch ein Tierarzt muss dabei anwesend sein und die Tiere untersuchen. Zudem sollen stichprobenartig Transporter angehalten und kontrolliert werden.

Wie wird aus einem Tiertransport Tierquälerei?

Es gibt strenge Gesetze für Tiertransporte und Kontrollen – wie passt das zu den Berichten von leidenden Tieren? Es gibt mehrere Gründe dafür, dass Tiertransporte für Tiere oft zur Qual werden:

  • Mangelnde Kontrollen: Wie die Zeitschrift Schrot und Korn berichtet, fehlen in Deutschland aktuell etwa 2000 amtliche Veterinäre, um effektive Kontrollen zu ermöglichen. Der Albert-Schweitzer-Stiftung zufolge nehmen zudem viele Transportunternehmen längere Strecken in Kauf, um typische Kontrollpunkte oder Länder mit hohen Bußgeldern zu umgehen. Bei Kontrollen in Deutschland wurden laut der Albert-Schweitzer-Stiftung im Jahr 2015 etwa 5000 Verstöße festgestellt. Meistens hatten die Tiere zu wenig Platz oder waren krank oder verletzt.
  • Schwammige Formulierungen und Ausnahmegenehmigungen in den Verordnungen: Wie oben beschrieben, dürfen Tiertransporte in Deutschland unter „unvorhergesehenen Umständen“ länger als acht Stunden dauern. Was aber sind unvorhergesehene Umstände? Ähnlich viel Spielraum lässt die EU-Genehmigung, leicht erkrankte oder verletzte Tiere zu transportieren. In diesen Bereich fällt zum Beispiel auch, dass ausgewachsene Rinder oder Schweine laut EU-Verordnung notfalls mit Elektroschockern in den Transporter getrieben werden dürfen.
  • Mangelnder Tierschutz durch die Verordnungen selbst: Die Tiertransport-Verordnungen an sich sind schon nicht besonders tierfreundlich. Beispielsweise reicht der gesetzlich zugeschriebene Platz laut der Albert-Schweitzer-Stiftung den meisten Tieren nicht aus, um sich hinzulegen oder aufrecht zu stehen. Zudem sind die zulässigen Transportzeiten sehr lang. Der Tierschutzbund bemängelt, dass diese Transportzeiten auch noch bei belastenden Temperaturen über 30 Grad erlaubt sind.

Worunter leiden Tiere beim Transport?

Für Jungtiere ist der Transport getrennt von der Mutter besonders belastend.
Für Jungtiere ist der Transport getrennt von der Mutter besonders belastend. (Foto: CC0 / Pixabay / ptfrancesco)

Die Albert-Schweitzer-Stiftung zählt diverse Belastungen für Tiere bei Tiertransporten auf, unter anderem auf der Grundlage einer Untersuchung des Wissenschaftlichen Ausschusses für Tiergesundheit und Tierschutz (AHAW) der EU:

  • schlechte Luft, vor allem in niedrigen Transportboxen und Laderäumen
  • zu hohe oder zu niedrige Temperaturen
  • lange Zeit im Stehen, wenn kein Platz zum Liegen ist
  • Spalten, scharfe Kanten und rutschige Böden können zu Verletzungen führen
  • die Versorgung, insbesondere mit Trinkwasser, ist oft mangelhaft
  • plötzliche Bewegungen können die Tiere erschrecken und verletzen
  • Geburten oder Todesfälle während der Fahrt bedeuten zusätzlichen Stress
  • Jungtiere leiden unter der Trennung von ihrer Mutter

Die traurige Konsequenz: Bei ungünstigen Bedingungen (zum Beispiel an einem heißen Sommertag) kann die Todesrate eines Tiertransports bei mehreren Prozent liegen, so die Albert-Schweitzer-Stiftung. Besonders gefährdet seien Jungtiere, überzüchtete Mastschweine oder -hühner und kranke oder verletzte Tiere.

Besonders schlimm: Tiertransporte in Drittländer

Wie die Albert-Schweitzer-Stiftung und der Tierschutzbund berichten, sind Transporte in Drittländer oft besonders qualvoll. Zum einen liegt das daran, dass die Strecken sehr lang sind. Außerdem leiden die Tiere unter dem teilweise brutalen Umgang in den Zielländern. Theoretisch müssen die EU-Standards vom Start bis zum Ziel eingehalten werden, so Schrot und Korn. Praktisch kann man dies aber kaum kontrollieren.

Lies hier zum Beispiel, wie Tiere für die Lederproduktion in der Türkei während des Transports leiden:

Was sagt die Politik zur Problematik der Tiertransporte?

Alternative zu Tiertransporten: Fleisch transportieren.
Alternative zu Tiertransporten: Fleisch transportieren. (Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos)

Dem Tierschutzbund zufolge forderte der EU-Agrar-Ausschuss kürzlich eine Überarbeitung der EU-Verordnung. Unter anderem wollte der Ausschuss damit erwirken, dass Transporte in Drittstaaten wirklich streng kontrolliert werden. Außerdem sollen in Zukunft nach Möglichkeit statt lebenden Tieren Fleisch beziehungsweise im Fall von Zuchttieren Sperma auf die Reise gehen. Das EU-Parlament stimmte dem Bericht in weiten Teilen zu. Transporte in Drittstaaten sind jedoch weiterhin erlaubt.

In Deutschland haben die Grünen und die FDP Schrot und Korn zufolge Anträge gestellt mit dem Ziel, Tiertransporte aus Deutschland in Drittstaaten zu verbieten. Dem ist die Regierung bisher jedoch nicht nachgekommen. Dafür hat der Baden-Württembergische Landwirtschaftsminister ein solches Verbot für sein Bundesland ausgehandelt.

Tiertransporte von Bio-Tieren: Bessere Bedingungen?

Beim EU-Bio-Siegel gibt es laut dem Tierschutzbund keine gesonderten Vorgaben hinsichtlich des Transports der Tiere – das bedeutet, es gilt die EU-Verordnung. Bioland, Naturland und Demeter haben strengere Vorgaben. Die Publikation des Tierschutzbundes zählt die Regelungen für Schweine auf:

  • Bioland und Naturland: Maximal vier Stunden oder 200 Kilometer
  • Demeter: So kurz wie möglich, maximal 200 Kilometer

Schrot und Korn zufolge müssen zudem die Böden immer eingestreut sein und Elektroschocker sind verboten.

Doch der Tierschutzbund bemängelt, dass es auch hier zu Verstößen kommt. Zudem sind laut Schrot und Korn in Ausnahmefällen längere Transportdauern erlaubt. Davon müssen Bio-Landwirte zunehmend Gebrauch machen – denn es gibt immer weniger Schlachtereien und immer weniger, die Bio-Tiere schlachten. Schrot und Korn zufolge liegt das daran, dass sich die vergleichsweise kleinen Mengen von Bio-Betrieben nicht rentieren.

Kann man qualvolle Tiertransporte umgehen?

Schlachthöfe werden weniger und größer, Tiertransporte werden dementsprechend länger.
Schlachthöfe werden weniger und größer, Tiertransporte werden dementsprechend länger. (Foto: CC0 / Pixabay / Jai79)

Lange Tiertransporte sind nicht nur extrem belastend, sondern verschlechtern auch die Ökobilanz von tierischen Produkten. Zudem begünstigen die laxen EU-Vorschriften, dass es immer weniger und immer größere Schlachthöfe gibt. Es ist also aus vielen Gründen sinnvoll, tierische Produkte zu kaufen, die von Anfang bis Ende in der Region geblieben sind. Leider gibt es kein Siegel, dass das garantiert. Die Garantie kann dir höchstens dein Bauer oder Händler deines Vertrauens geben.

Ansonsten sind Bio-Produkte von Bioland-, Naturland- oder Demeter-Betrieben die beste Wahl. Außerdem gibt es vom Tierschutzbund ein eigenes Tierschutzlabel, bei dem die gleichen Regeln für die Dauer von Tiertransporten gelten wie bei den Bio-Zertifikaten. Ein ähnliches Label gibt es auch von der Tierschutz-Organisation „Vier Pfoten„.

Labels hin oder her – am besten isst du tierische Produkte nur in Maßen. So schonst du nicht nur die Tiere, sondern auch das Klima. Mehr dazu hier: Studie: So viel Treibhausgas sparen Veganer ein.

Tiertransporte: Was du sonst noch tun kannst

Wenn du aktiv gegen Tiertransporte vorgehen möchtest, kannst du dich in einer der zahlreichen Tierschutz-Organisationen wie Peta, Vier Pfoten, Animal Rights Watch oder dem Tierschutzbund engagieren. Außerdem gibt es regelmäßig Petitionen für strengere Regeln bei Tiertransporten – wie aktuell eine Petition von Peta gegen Tiertransporte in Drittländer.

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