Die Artenvielfalt ist nicht nur wichtigstes Merkmal der Natur, sondern auch eine bedeutende Ressource – die Nutzpflanzenvielfalt ist essentiell für unsere Ernährung. Doch weltweit geht die biologische Vielfalt zurück, seit 1990 sind ungefähr 75 Prozent der Kulturpflanzensorten ausgestorben. Um diese auch für künftige Generationen zu bewahren, sammeln Wissenschaftler im großen Stil Proben von Nutzpflanzen.
Millionen von Samenproben für die Landwirtschaft lagern in einem arktischen Berg auf der norwegischen Insel Spitzbergen und sollen im Ernstfall die Ernährung der Weltbevölkerung sicherstellen. Den Tresor im ewigen Eis betreibt die internationale Organisation Global Crop Diversity Trust, der Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt, mit Sitz in Bonn.
Die 2004 gegründete Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, die Vielfalt essbarer Pflanzen zu erhalten. Zu diesem Zweck finanziert und unterstützt der Crop Trust ein weltweites Netzwerk an Samenbanken und betreibt das Saatgutlager im ewigen Eis. Im 2008 eröffneten „Svalbard Global Seed Vault“ auf Spitzbergen lagern derzeit rund 860.000 Samenproben von Nutzpflanzen aus aller Welt: Von afrikanischen und asiatischen Pflanzen wie Mais, Reis, Weizen und Hirse bis hin zu europäischen und südamerikanischen Nutzpflanzen wie Aubergine, Gerste, Kopfsalat oder Kartoffel.
Artenvielfalt im Eistresor: doppelte Absicherung
Der tief im Eis gelegene Bunker ist nicht die einzige Samenkammer – weltweit gibt es mehr als 1.700 Genbanken für Pflanzensamen. In vielen dieser Genbanken ist der wertvolle Schatz jedoch nicht ausreichend geschützt vor Naturkatastrophen, Kriegen oder etwa dem Ausfall der Kühlung. Daher die Idee eines Samentresors in Spitzbergen: Dort lagern Duplikate der weltweit aufbewahrten Samenproben, sie sind sozusagen ein finales Ernährungs-Back-up und sollen im Fall der Fälle einen landwirtschaftlichen Neuanfang ermöglichen.
Die Kammern des „Svalbard Global Seed Vault“ liegen mehrere Hundert Meter tief im gefrorenen Eis und sollen einmal bis zu 4.5 Millionen Samenproben beherbergen. Permafrost und dickes Gestein sorgen dafür, dass die Samen auch bei Stromausfall gekühlt bleiben. Bei -18°C lagern die Samen in auf Regalen gestapelten Boxen – im besten Fall für Jahrhunderte.
Dass der Erhalt der Sorten- und Artenvielfalt von Nutzpflanzen alle Länder etwas angeht, zeigt eine aktuelle Studie des Crop Trust: Mittlerweile stammen 70 Prozent der Pflanzen auf unserem Teller aus mehr oder weniger weit entfernten Regionen. Die Studie umfasst 151 Pflanzenarten und 177 Länder und zeigt, wie stark vernetzt unsere Landwirtschaftssysteme weltweit sind. „Durch unsere Nahrung sind wir alle wie ein Netz miteinander verbunden“, so die Wissenschaftler der Studie.
Artensterben ist „eine der schlimmsten Katastrophen“
Die heutige biologische Vielfalt unseres Planeten hat sich im Laufe der Erdgeschichte entwickelt. Von etwa 10 Millionen Tier- und Pflanzenarten sind bislang nur etwa zwei Millionen Arten beschrieben worden – und jedes Jahr verschwinden mehrere tausend Tier- und Pflanzenarten für immer von der Erde. Wenn eine Art verschwindet, gibt es Verschiebungen und Ausfälle im komplexen Ökosystem – ob diese Veränderungen groß oder klein ausfallen, ist oft unmöglich vorherzusagen.
„Der Verlust der Artenvielfalt stellt heute eine der schlimmsten Katastrophen weltweit dar“, warnt der WWF. Um eine intakte Umwelt auch für künftige Generationen zu erhalten, ist es daher wichtig, die Artenvielfalt so gut es geht zu schützen.
Fazit: Genbanken wie jene auf Spitzbergen bewahren zwar die Artenvielfalt und konservieren Informationen, beschränken sich aber auf den Menschen „nützliche“ Arten. Den aktiven Schutz unserer biologischen Vielfalt ersetzen sie nicht. Wir sollten – gerade in Zeiten von Monsanto & Co. – nicht aus den Augen verlieren, wie wertvoll die Vielfalt für uns und für die Erde ist und unseren Beitrag zu ihrem Erhalt leisten, sowohl durch Anbau und Verarbeitung seltener Pflanzen als auch den Schutz bedrohter Tierarten.
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