Nicht nur exotische Tiere sind vom Aussterben bedroht – auch in Deutschland gibt es etliche bedrohte Tierarten. Wie es um die Artenvielfalt in Deutschland steht und welche Tiere akut gefährdet sind, erfährst du hier.
Birkhuhn, Graues Langohr, Bekassine und Zwergwal: Das sind nur ein paar der vom Aussterben bedrohten Tierarten in Deutschland. Laut Bundesamt für Naturschutz waren 2020 knapp ein Drittel aller heimischen Säugetiere in ihrem Bestand gefährdet. Der Verlust der biologischen Vielfalt ist aber auch ein globaler Trend: Schätzungen zufolge sind weltweit über 37.000 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.
Welche Tierarten in Deutschland betroffen sind und wie wir sie schützen können, erfährst du hier.
Rote Listen geben Auskunft über bedrohte Tierarten in Deutschland
Welche bedrohten Tierarten es in Deutschland gibt, führen die Roten Listen des Bundesamts für Naturschutz (BfN) auf. Diese Verzeichnisse erfassen den Gefährdungsstatus von Tier-, Pflanzen- und Pilzarten für einen bestimmten Bezugsraum. Von den etwa 72.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten Deutschlands wurden für die Roten Listen mehr als 30.000 auf ihre Gefährdung hin untersucht.
Die neueste Rote Liste für Säugetiere in Deutschland stammt aus dem Jahr 2020. Ihr zufolge hat sich der Zustand vieler Säugetiere in Deutschland innerhalb der vergangenen zehn bis 15 Jahre verschlechtert. Andererseits haben gezielte Natur- und Umweltschutzmaßnahmen auch dazu geführt, dass es heute um einige Arten wieder besser bestellt ist.
Doch trotzdem sind 31 Prozent der untersuchten Säugetiere Deutschlands weiterhin bestandsgefährdet. Das heißt, dass sie in eine der vier Kategorien „Vom Aussterben bedroht“, „Stark gefährdet“, „Gefährdet“ oder „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“ fallen.
2021 wurden die aktuellen Roten Listen der Amphibien und Reptilien veröffentlicht. Auch diese zeichnen kein gutes Bild: Unter den Amphibien und Reptilien ist der Anteil bedrohter Arten höher als in jeder anderen Artengruppe in Deutschland. So ist jede zweite der 20 untersuchten Amphibienarten bestandsgefährdet, bei den Reptilien sind es sogar neun von 13 Arten.
Grund für den Gefährdung bestimmter Arten ist der Einfluss des Menschen auf ihre Lebensräume, insbesondere durch eine intensive Land- und Forstwirtschaft, die beispielsweise massiven Gebrauch von chemisch-synthetischen Pestiziden macht und Monokulturen bewirtschaftet. Hinzu kommt der fortschreitende Ausbau der Infrastruktur, wie beispielsweise von Verkehrswegen, der die Wanderrouten von Tieren zerschneidet. Auch die Bebauung von Flächen, zum Beispiel für Siedlungen, führt dazu, dass wichtige Lebensräume verloren gehen und es viele bedrohte Tierarten in Deutschland gibt.
Fünf vom Aussterben bedrohte Tierarten in Deutschland
Zu dem Drittel bedrohter Tierarten in Deutschland gehören unter anderem folgende Tiere:
Feldhamster
Bis in die 1960er Jahre hinein ging es dem Feldhamster in Deutschland außerordentlich gut. Doch dann modernisierte sich die Landwirtschaft: Monokulturen und größere Maschinen sorgten dafür, dass es immer weniger Schutzräume für Feldhamster gab. Heute gehören sie zu den am stärksten bedrohten Tierarten unter den Säugetieren Deutschlands. Laut der Roten Liste sind sie in einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen bereits ausgestorben. Dort gibt es jedoch Erhaltungszuchtprogramme, die dem Feldhamster eine neue Chance geben könnten. 2019 konnte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz erstmalig gezüchtete Feldhamster in ihre natürliche Umgebung aussiedeln. Auch in den folgenden Jahren war die Nachzucht sehr erfolgreich.
In anderen Bundesländern kämpfen die Feldhamster weiterhin in freier Wildbahn um ihr Überleben. So unter anderem in Thüringen, wo Nahrungsmangel die Bestände bedroht. Da Landwirt:innen die Felder nach der Ernte zu schnell umpflügen, haben die Tiere nicht genügend Zeit, ausreichend Wintervorräte anzulegen.
Graues Langohr
Innerhalb der Ordnung der Fledermäuse gibt es besonders viele bedrohte Arten in Deutschland. Das Graue Langohr ist sogar vom Aussterben bedroht. Diese Fledermaus fällt mit ihren fast körperlangen Ohrmuscheln auf. Dank ihrem empfindlichen Gehör kann sie nachts die Krabbel- und Fressgeräusche von Insekten wahrnehmen, von denen sie sich ernährt. Da Insekten aber ebenfalls im Rückgang begriffen sind, finden die Grauen Langohren entsprechend wenig Nahrung. Auch Gebäudesanierungen bedrohen diese Fledermäuse, denn dadurch verlieren sie ihre gewohnten Quartiere.
In Deutschland gilt das Graue Langohr als eine „Verantwortungsart“. Das heißt, dass die Bundesregierung eine besondere Verantwortung zum Erhalt dieser Art trägt, denn in Deutschland leben noch etwa zehn Prozent des weltweiten Bestands.
Europäische Sumpfschildkröte
Geröllhalden, Moore, Mauern aus Lesesteinen und Hecken: In solchen Lebensräumen fühlt sich die Europäische Sumpfschildkröte, die einzige Schildkrötenart Deutschlands, am wohlsten. Doch weil diese Lebensräume zunehmend schwinden, ist die Europäische Sumpfschildkröte eine akut vom Aussterben bedrohte Tierart. Weitere Gründe für ihre Gefährdung sind neben Fang und Handel auch, dass sie sich mit ausgesetzten, importierten Sumpfschildkröten vermischt hat. Stand 2019 gab es im Freiland nur noch weniger als 70 erwachsene Tiere, alle davon in Brandenburg.
Verschiedene Projekte unter anderem in Brandenburg, Niedersachsen und Hessen widmen sich dem Erhalt der Art und bemühen sich um die Zucht und Wiederaussiedlung der Sumpfschildkröte.
Birkhuhn
Zur Balzzeit im Februar geben Birkhühner glucksende und zischende Geräusche von sich, die jedoch kaum mehr in Deutschland ertönen. Das Birkhuhn ist nämlich ein deutschlandweit vom Aussterben bedrohter Vogel. In Hessen gilt er bereits seit 2014 als ausgestorben, doch intensive Bemühungen von Naturschützer:innen haben den Vogel zurückgebracht. Stand 2020 gab es im hessischen Teil der Rhön, einem Mittelgebirge zwischen Bayern, Thüringen und Hessen, 25 Birkhühner.
Um den Erhalt kämpfen die Naturschützer:innen weiter, doch ihr Erfolg ist unsicher, da auch die Rhön längst nicht mehr genug geeigneten Lebensraum bietet. Grund dafür ist das touristische Aufkommen in dem Gebirge.
Luchs
Der Luchs hat einen stabilen Bestand – wobei „stabil“ meint, dass er in Deutschland schon seit 150 Jahren ein extrem seltenes Tier ist. Jahrhundertelang wurde die Großkatze nämlich aufgrund ihrer vermeintlichen Gefährlichkeit gejagt. Auf der Roten Liste ist der Luchs daher als vom Aussterben bedrohte Tierart aufgeführt. Doch Sichtungen in Bayern machen Hoffnung: Inzwischen scheint sich der Luchs im ostbayerischen Grenzraum wieder angesiedelt zu haben.
Trotzdem mahnt BfN-Präsidentin Beate Jessel davor, den Erhalt der Tierart als gesichert zu betrachten. Die deutschen Luchsbestände seien „durch die Zerschneidung der Waldlebensräume, durch illegale Nachstellung und durch den Verkehr weiterhin stark gefährdet“.
Was du gegen das Artensterben tun kannst
Dass es so viele bedrohte Tierarten in Deutschland gibt, lässt sich auf die Zerstörung geeigneter Lebensräume zurückführen – durch Besiedlung, Verkehrsinfrastrukturen und vor allem intensive Landwirtschaft.
Die Land- und Forstwirtschaft muss daher dringend naturverträglicher werden. Konkret bedeutet dies unter anderem den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide und mehr Flächen für Tiere statt monotoner Getreidefelder.
Aber auch du persönlich kannst etwas gegen das Artensterben unternehmen:
- Unterstütze eine ökologische Landwirtschaft, indem du Bio-Produkte kaufst.
- Lege einen insektenfreundlichen Garten an, um den Bestand an Insekten zu schützen. Diese wiederum dienen vielen bedrohten Tierarten als Nahrung. Mehr dazu hier: 5 Tipps, was du gegen das Insektensterben tun kannst.
- Fähre häufiger Fahrrad. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern beispielsweise auch für viele Fledermäuse, die aufgrund ihrer niedrigen Flughöhe oft mit Autos kollidieren. Warum du auch noch auf das Auto verzichten solltest, erfährst du hier: 5 gute Gründe, Fahrrad statt Auto zu fahren.
- Verhalte dich Naturschutzgebieten richtig. Diese sind außerordentlich wichtig für den Artenschutz, den du gefährdest, wenn du dich abseits der erlaubten Wege aufhältst oder Müll hinterlässt.
- Engagiere dich im Artenschutz. Erkundige dich, ob es in deiner Nähe Vereine, Verbände und andere Stellen gibt, die sich aktiv für den Erhalt bestimmter Arten vor Ort einsetzen.
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- Biodiversität: Wie die Vielfalt von Ökosystemen und Arten unser Leben bestimmt
- Artenschutz: Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten für biologische Vielfalt
- Buchtipp: Die Triple-Krise – Artensterben, Klimawandel, Pandemien
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