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Schnelle Autos nur für Reiche? Studie berechnet die wahren Kosten von Golf, Corsa und Co.

Die wahren Kosten eines Autos sind höher als gedacht - und die gesamte Gesellschaft finanziert sie mit.
Foto: Zsolt Biczó / stock.adobe.com

Autofahren ist richtig teuer – nicht nur für Autofahrer:innen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die die wahren Kosten von PKWs berechnet und feststellt: Wir alle subventionieren Autos und deren negative Auswirkungen auf die Umwelt und unsere Gesundheit – mit durchschnittlich 5.000 Euro pro Jahr und Auto.

Autos kosten Geld, viel Geld. Das ist den meisten noch klar, schließlich zahlen wir neben den Anschaffungskosten für Sprit, Parken, Versicherung und die Kfz-Steuer. Doch bei diesen Kosten bleibt es nicht, denn auch Straßen, Parkplätze und Lärmschutzmauern müssen gebaut und instand gehalten werden.

Was also sind die wahren Kosten eines Autos? Eine neue Studie „The lifetime cost of driving a car“, die im Januar im Fachblatt Ecological Economics erschien, geht den versteckten Kosten von PKWs auf den Grund.

Studie: Autos sind viel teurer, als die meisten glauben

Das Auto ist eines der teuersten Konsumgüter. In der Europäischen Union sind nur Wohnen und Lebensmittel noch teurer. Dennoch gibt es laut den Studienautor:innen bislang wenig Kenntnisse darüber, wie hoch die PKW-Kosten für Einzelpersonen und für die Gesellschaft tatsächlich sind.

Autobesitzer:innen unterschätzen die Gesamtkosten für ihren PKW deutlich. Der Wertverlust eines Autos und die Reparaturkosten etwa sind hohe Kostentreiber, die zu gering eingeschätzt werden. Die Politik wiederum unterschätzt die sozialen Kosten von Autos.

Die These einer Studie aus dem Jahr 2020: Würden Autofahrer:innen die wahren Kosten des Autos kennen, würden sich signifikant weniger Menschen ein Auto kaufen. Die neue Studie von Stefan Gössling, Jessica Kees und Todd Litman hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, die bislang wenig erforschten „externen“ bzw. gesellschaftlichen Kosten von Automobilen genauer zu untersuchen.

weniger Autos Luisa Neubauer
Für jedes Auto auf den Straßen zahlt unsere Gesellschaft mit. (Foto: CC0 / Pixabay / Didgeman)

Insgesamt vergleicht die Studie dazu für das Jahr 2020 23 private und zehn gesellschaftliche Kostenpunkte für die drei beliebten Automodelle Opel Corsa, VW Golf und Mercedes GLC. Im Vergleich treten damit ein Kleinwagen, ein Mittelklasse-Auto und ein SUV gegeneinander an.

Zu den privaten Ausgaben rechnen die Studienautor:innen zum Beispiel Betriebsausgaben, die Wertminderung des Fahrzeugs und die Zeitkosten für die Zeit, die man im Stau steht. Gesellschaftliche Kosten entfallen unter anderem auf den Bau der Infrastruktur wie Straßen und öffentliche Parkplätze, die Bewältigung von Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen (Luftverschmutzung und Lärm) sowie auf Verkehrsunfälle. Diese versteckten Kosten beeinflussen laut Studie unser Mobilitätsverhalten und das Verkehrsaufkommen in Deutschland.

Wahre Autokosten für mittlere Einkommen schwer bezahlbar

Ein Ergebnis der Studie: Würden Autobesitzer:innen alle Kosten selbst tragen, könnten sich nur Superreiche einen großen und schnellen Wagen leisten. Für diese These berechneten die drei Forscher:innen die Gesamtkosten eines Autofahrerlebens über 50 Jahre, alle privaten und gesellschaftlichen Kosten eingeschlossen und auf die Autobesitzer:innen umgelegt. Mit einer typischen Fahrstrecke von 15.000 Kilometern im Jahr kostet damit

  • ein Opel Corsa 599.082 Euro,
  • ein VW Golf 653.561 Euro und
  • ein Mercedes GLC 956.798 Euro.

Diese Summen sind die „wahren“ Kosten eines Autobesitzes über 50 Jahre gerechnet. In der Realität allerdings tragen die Autobesitzer:innen diese Kosten nicht alleine, sie werden zu großen Teilen von der Gesamtbevölkerung mitbezahlt (unten liest du mehr dazu).

Die Studienautor:innen stellen die wahren Autokosten den Einkommen in deutschen Haushalten gegenüber (siehe Grafik). Müssten Autofahrer:innen alle Kosten selbst tragen, kommt die Studie zu folgenden Ergebnissen: Für Superreiche stellt ein Autokauf kaum eine finanzielle Herausforderung dar, da das Auto nur ein Prozent des Nettoeinkommens kostet. Für Millionär:innen und Manager:innen kosten die Klein- und Mittelklasseautos nur maximal 24 Prozent ihres Nettoeinkommens.

Die wahren Kosten eines Autos (private und soziale Kosten) im Verhältnis zum Nettoeinkommen.
Die wahren Kosten eines Autos (private und soziale Kosten) im Verhältnis zum Nettoeinkommen. (Grafik: Studie "The lifetime cost of driving a car", Ecological Economics, Volume 194, April 2022, 107335; Stefan Gössling, Jessica Kees, Todd Litman (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921800921003943) )

Doch bereits gutverdienende Fachkräfte müssen für den Kauf eines SUVs wie den Mercedes GLC gut die Hälfte ihres Einkommens hinblättern. Fachkräfte und gelernte Arbeiter:innen zahlen für einen Kleinwagen rund die Hälfte ihres Nettoeinkommens. Ein SUV würde für gelernte und ungelernte Arbeitskräfte fast ihr gesamtes Einkommen verschlingen (86 bzw. 97 Prozent), auch ein Mittelklassewagen wie der VW Golf kostet sie rund zwei Drittel ihres Einkommens.

Aus der Grafik wird deutlich: Während sich sehr reiche Menschen locker mehrere Autos leisten können, müssen schlechter verdienende Arbeiter:innen für ein Auto einen großen Teil ihres gesamten Einkommens bezahlen.

Die wahren Kosten von PKWs: Gesellschaft finanziert jedes Auto mit

Besonders deutlich wird die Ungleichheit, wenn man die sozialen Kosten von Autos von den Gesamtkosten abzieht. Studienautor Stefan Gössling sagt: „Wenn man Autofahrer fragt, ob sie für alle Kosten aufkommen, die sie verursachen, nicken sie mit dem Kopf. Ihnen ist nicht klar, wie stark das Auto subventioniert wird.“

Laut der Studie aber bezahlt die Gesellschaft über einen Zeitraum von 50 Jahren für ein Auto wie den VW Golf 250.381 Euro an sozialen Kosten. Diese Geldsumme ist ausdrücklich nicht über Steuern oder Abgaben abgedeckt.

Pro Jahr gerechnet schlägt ein Opel Corsa mit 4.674 Euro an sozialen Kosten zu Buche, ein Mercedes GLC sogar mit 5.273 Euro. Je nach Fahrzeuggröße, Gewicht und Fahreigenschaften variieren die gesellschaftlichen Kosten. Die höheren gesellschaftlichen Kosten von SUVs ergeben sich mitunter aus einer höheren Luftverschmutzung durch mehr Treibhausgas-Emissionen.

Man kann also folgern: Für besonders umweltschädliche Autos wie SUVs bezahlt die Gesellschaft Jahr für Jahr einen höheren Preis als für Kleinwagen. Gleichzeitig können sich nur Gutverdiener solche Autos überhaupt leisten. Wir vergrößern mit dieser Politik die Schere zwischen sozialen Schichten immer weiter – gleichzeitig fördern wir den Kauf umweltschädlicher Fahrzeuge.

Fazit: Umweltfreundliche Verkehrsmittel statt Autos fördern

Im Umkehrschluss sollten nicht Autofahrer:innen subventioniert werden, sondern die Menschen, die Fahrrad fahren, zu Fuß gehen oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Bislang zahlen auch diese Menschen die Kosten der Autobesitzer:innen zu großen Teilen mit. Und das, obwohl Radfahrer:innen, Fußgänger:innen und Öffi-Fahrer:innen die Allgemeinheit nicht oder zumindest deutlich weniger mit Feinstaub, Stickoxiden und Lärm belasten. Auch die Verkehrsunfälle ohne Beteiligung von Autos fallen geringer und weniger gefährlich aus.

Stattdessen aber werden die Öffi-Tickets teurer – gerade erst hat die Bahn ihre Fahrpreise um durchschnittlich zwei Prozent erhöht, viele Verkehrsverbände zogen die Preise ebenfalls an. Zeit also für eine echte Verkehrswende: Hier steht die Politik in der Pflicht zu handeln und umweltschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg zu beenden. Gleichzeitig muss der öffentliche Nah- und Fernverkehr günstiger und zuverlässiger werden.

Doch auch du kannst im Alltag Zeichen setzen und das Auto zum Einkaufen stehen lassen, den Arbeitsweg mit dem Fahrrad oder Zug zurücklegen und beim Besuch von Freund:innen mehr Zeit einplanen und öfter mal zu Fuß gehen. Das funktioniert natürlich nicht immer und nicht für jede Distanz, doch wenn wir ehrlich sind, brauchen wir unser Auto für viele Strecken nicht, sondern benutzen es vorrangig aus Bequemlichkeit oder weil wir denken, es sei günstiger.

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