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Whataboutism: Was das ist und wie du kontern kannst

Whataboutism
Foto: CC0 / Pixabay / jmexclusives

Whataboutism ist sowohl auf öffentlicher als auch persönlicher Ebene eine verbreitete Diskussionsstrategie. Warum sie zu nichts führt und wie du ihr begegnen kannst, zeigen wir dir hier.

Hast du auch schon mal Diskussionen geführt, in denen sich das Gespräch nur im Kreis gedreht und dich die Argumente deines Gegenübers permanent irritiert und vom eigentlichen Thema abgelenkt haben? Dann war das vielleicht ein klassischer Fall von Whataboutism.

Was ist Whataboutism?

Whataboutism bist du wahrscheinlich schon einmal in einer Diskussion begegnet oder hast das Konzept vielleicht sogar selbst bewusst oder unbewusst angewandt. Es handelt sich dabei um eine Argumentationsstrategie. Eine Person weicht einem Argument aus, indem sie den Fokus einfach auf einen anderen Missstand richtet. Oft tut sie dies mithilfe einer Gegenfrage im Sinne von: „Aber was ist mit…?“ Whataboutism ist also im Wesentlichen eine Ablenkungstaktik.

Im Gespräch greift eine Person oft auf Whataboutism zurück, wenn sie selbst keine Argumente mehr hat, mit der sie ihre eigene Position verteidigen könnte. Um der Gegenseite nicht zustimmen oder eigenes Unwissen eingestehen zu müssen, wechselt sie einfach schnell das Thema. Das kann den/die Gesprächspartner:in auch kurzfristig überrumpeln und die eingebrachten Argumente unwichtig und nutzlos erscheinen lassen.

In der politischen Arena war Whataboutism unter anderem im Kalten Krieg als Propaganda-Taktik beliebt. Wenn zum Beispiel öffentlich ein Missstand der Sowjetunion kritisiert wurde, ging diese nicht näher darauf ein, sondern lenkte den Fokus auf ein Problem der USA. Auch heute noch bedienen sich Politiker:innen dieser Technik, wenn sie ihr Gesicht wahren und andere diskreditieren wollen.

So erkennst du Whataboutism in Diskussionen

Whataboutism ist eine Strategie, die vom eigentlichen Diskussionsthema ablenkt.
Whataboutism ist eine Strategie, die vom eigentlichen Diskussionsthema ablenkt.
(Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap)

Whataboutism kannst du in einem Gespräch relativ leicht erkennen – zum Beispiel, wenn jemand eine Gegenfrage äußert, die nichts mit dem eigentlichen Diskussionsthema zu tun hat. Da sich die Person dann bereits meist in einer Abwehrhaltung befindet, ist die Gegenfrage oft provokativ und/oder in einem scharfen Tonfall formuliert. Whataboutism muss aber nicht immer in einer Frage verpackt sein. 

Wenn es zum Beispiel darum geht, wie wir im Alltag nachhaltiger leben und dadurch unseren CO2-Fußabdruck reduzieren können, wären typische Whataboutism-Antworten:

  • „Solange andere Kontinente unkontrolliert CO2-Emissionen produzieren, bringt es auch nichts, wenn wir uns in Europa damit befassen.“
  • „Aber Veganer:innen essen ja auch Avocados, Chia-Samen und andere nicht regionale Produkte.“
  • „Wir reden immer über unsere persönliche Lebensweise, aber was ist denn mit den ganzen großen Firmen und Unternehmen, die ja auch nicht nachhaltig arbeiten?“

In einer Diskussion zum Thema Feminismus und mehr Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern wären mögliche Whataboutism-Beiträge:

  • „Früher durften Frauen gar nicht arbeiten und nicht mal wählen gehen!“
  • „Also echt, immer mehr Menschen verlieren ihre Jobs – wie kann man da gerade übers Gendern reden?“
  • „Es gibt auch Männer, die von Frauen diskriminiert werden! Was ist mit denen?“
  • „Und was ist mit den ganzen Männern, die im Gerichtssaal viel härter bestraft werden als Frauen?“

Whataboutism: So kannst du kontern

Um Whataboutism kontern zu können, solltest du in erster Linie ruhig und rational bleiben.
Um Whataboutism kontern zu können, solltest du in erster Linie ruhig und rational bleiben.
(Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos)

Whataboutism ist nicht darauf ausgelegt, eine Diskussion voranzubringen. Selbst wenn der Fakt stimmt, den die Gegenfrage in den Raum stellt, hat er nichts mit dem eigentlichen Gesprächsthema zu tun. Es handelt sich in diesem Rahmen lediglich um ein Scheinargument, das darauf ausgelegt ist, Gesprächspartner:innen aus der Fassung zu bringen.

Anstatt einen Missstand und mögliche Lösungen auszudiskutieren, dreht sich das Gespräch dadurch nur im Kreis. Das ist besonders auf politischer Ebene problematisch, da die Ablenkungsstrategie Fortschritt hemmt.

Um dich selbst nicht verwirren zu lassen und schlagfertig auf Whataboutism zu reagieren, können dir vielleicht folgende Tipps helfen:

  • Wenn du dem Gegenbeitrag im Kern zustimmst, ihn aber trotzdem als Whataboutism entlarven willst, kannst du zum Beispiel antworten: „Ja, das stimmt. Das ist auch ein Problem. Ich würde aber gern wieder zum eigentlichen Thema zurückkehren.“ Oder: „Ja, ich verstehe, dass dich dieser Missstand auch beschäftigt. Wir können gern darüber reden, wenn wir mit dem jetzigen Thema fertig sind.“
  • Wenn du einem Whataboutism-Beitrag nicht zustimmst, weil er faktisch falsch ist, solltest du am besten auf Grundlage von Daten oder wissenschaftlich bewiesenen Annahmen kontern.
  • Das Wichtigste: Bleib ruhig! Nimm den Angriff nicht persönlich (auch wenn er vielleicht sogar so gemeint war), sondern führe dir die Fakten vor Augen: Du hast offenbar jemanden mit deinen Argumenten überzeugt, der:die dir aber nicht zustimmen will und deshalb ablenkt. Du hast also keinen Grund, jetzt auch in eine provokante Abwehrhaltung zu verfallen. Bleib stattdessen beim Thema und versuche weiterhin ruhig zu argumentieren.
  • Und denke immer daran: Wird die Diskussion zu kraftraubend für dich, hast du immer das Recht, das Gespräch zu beenden. Das bedeutet nicht, dass du die Diskussion „verloren“ hast, sondern dass du dich zu deinem Selbstschutz einer energiezehrenden Situation entziehst.

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