Wir brauchen mehr Verbote: Mit dieser Forderung sorgte der Philosoph Richard David Precht vergangenes Jahr für Schlagzeilen. Auf einem Jahresempfang wiederholte Precht diese Forderung nun erneut – und argumentierte, dass bestimmte Verbote eigentlich Freiheit bedeuten.
Was kann jede:r Einzelne gegen den Klimawandel tun? Wie effektiv ist die aktuelle Klimapolitik? Unter anderem um diese Fragen ging es bei einer Podiumsdiskussion im August, an der Richard David Precht teilnahm. Die Diskussion war ein Programmpunkt des Jahresempfangs der Online-Plattform „WIWIN“ für nachhaltiges Investieren. Auf Twitter kursieren aktuell Ausschnitte daraus – und werden hundertfach geteilt.
In einem der Ausschnitte wiederholt Precht seine Forderung an die Politik, für effektiven Umwelt- und Klimaschutz mehr Verbote zu erlassen. Nur mit bestimmten Verboten lasse sich auf lange Sicht die Freiheit bewahren.
Die Freiheit von Kindern und Enkelkindern schützen
„Der klassische Gedanke des Liberalismus ist, dass die Freiheit des Einzelnen dort endet, wo man die Freiheit der anderen so einschränkt, dass die ihr Leben nicht mehr entsprechend leben können“, sagte Precht. Das sei auch der Grund für Verkehrsregeln – sie schützen die Freiheit aller Verkehrsteilnehmer: „Es sind mir nicht nur bestimmte Sachen verboten, sondern ich habe jetzt die Möglichkeit, mich im Verkehr so zu bewegen, dass ich nicht überfahren werde, oder dass ich eine Riesengefahr für Leib und Leben habe.“
Ähnlich seien auch bestimmte Verbote zu bewerten, die den Klimaschutz stärken würden. Precht nennt als Beispiele ein Verbot von Inlandsflügen und SUVs. „Dann geht es genau darum: Die Freiheit meiner Kinder und Enkelkinder und ihrer Kinder und Enkelkinder zu schützen, weil die sonst in einer Welt leben, in der aufgrund der dramatischen Umweltverschlechterungen ihre Freiheit massivst gefährdet ist.“
Die Gefahr einer rechtspopulistischen Diktatur
Wichtig sei, solche Verbote bald zu verabschieden. Wenn die Politik noch abwarte, werde sich die Situation weiter verschlechtern. In 20 bis 30 Jahren seien dann viel striktere Maßnahmen nötig, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen.
Hier lauere eine weitere Gefahr: „Und da bin ich gar nicht sicher, dass diese drakonischen Maßnahmen dann von einer Öko-Diktatur gemacht werden. Sondern ich persönlich vermute, wenn wir das nicht einbremsen, wir eine faschistoide Diktatur bekommen, eine rechtspopulistische.“
Umweltkatastrophen würden dazu führen, dass „Abermillionen Klimaflüchtlinge“ nach einem neuen Zuhause suchen. Die rechtspopulistische Regierung würde dagegen vorgehen – etwa mit Mauern und Grenzen, aber auch mit Maßnahmen zur CO2-Reduktion. Die Frage sei daher: „Kriegen wir das demokratisch hin? Kriegen wir es sozusagen ökologisch grün hin? Oder wollen wir warten, bis in einer Notfallsituation Nationalisten oder Faschisten diese Sachen erledigen?“
Die Politik hat sich aus der Verantwortung gezogen
Um die Klimakrise abzuwenden, reiche es laut Precht nicht, wenn der/die Einzelne versucht, umweltfreundlicher zu leben . An das Umweltbewusstsein der Konsument*innen zu appellieren, sei ein Trick: „Von oben hat man sich aus der Verantwortung gedrückt, irgendetwas verbieten zu müssen und hat jedem aufgebürdet: ‚Versucht mal, ökologisch zu leben.‘“ Für wirkliche Veränderungen brauche es politische Maßnahmen – und eben Verbote. Was du auf politischer Ebene selbst tun kannst: Wie kann ich mich politisch für Klimaschutz engagieren?
Utopia meint: Es stimmt: Für effektiven Klimaschutz braucht es Maßnahmen, die ein:e Einzelne:r alleine gar nicht leisten kann. Zugleich entlässt einen das nicht komplett aus der individuellen Verantwortung: Mit dem eigenen Verhalten trägt man entweder zu einer positiven Veränderung bei – oder eben nicht.
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