Rassismus-Vorwurf: Rossmann erntet Shitstorm für „Wucherfrisur“-Post Von Nadja Ayoub Kategorien: Kosmetik Stand: 14. April 2020, 13:16 Uhr Foto: © Rossmann Die Drogeriekette Rossmann wollte am Freitag Werbung für Haarpflege machen – und hat mit einem Instagram-Post einen Shitstorm ausgelöst. Der Vorwurf: Rassismus. Rossmann hat den Post inzwischen wieder gelöscht. „Nach #stayhome kommt #badhair“, so begann der Instagram-Post von Rossmann. Die Botschaft: Wir verbringen viel Zeit zu Hause, außerdem haben Friseurgeschäfte geschlossen – darunter leiden die Haare. „Wie wir kämpfen sicher viele von euch momentan mit rausgewachsenen Ansätzen und einer Wucherfrisur“, hieß es in dem Post. Auf dem dazugehörigen Bild ist eine Schwarze Frau zu sehen, die unzufrieden auf eine ihrer Haarsträhnen schaut. Sie hat aber keine „Wucherfrisur“, sondern trägt einen Afro. Viele User*innen auf Instagram ärgerten sich über diese Bildauswahl. In kurzer Zeit sammelten sich unter dem Post mehrere hundert Kommentare – woraufhin Rossmann ihn löschte. „Einfach nur rassistisch und respektlos“ Auch auf Twitter beschwerten sich Nutzer*innen: „Hallo Rossmann, wieso ist ein Afro gleichbedeutend mit „Bad Hair“? Das ist rassistischer Bullshit“, lautet beispielsweise ein Tweet. „Wir haben das Jahr 2020 und Rossmann bebildert „Wucherfrisur“ und „bad hair“ mit Afrohaaren. Das ist einfach nur rassistisch und respektlos“, schrieb ein weiterer Nutzer. https://twitter.com/Flusswoelfin/status/1248259537494294529 https://twitter.com/FelixEd93/status/1248564875376418816 Instagram-Post von Rossmann: Warum geht es um Rassismus? Aber wieso wird Rossmann hier Rassismus vorgeworfen – und nicht bloß eine unpassende Wortwahl kritisiert? Weil Schwarze Menschen aufgrund ihrer Haare regelmäßig Diskriminierung erfahren, meist schon von Kindesalter an. „Da wird in die Haare gegriffen und einfach mal angefasst […], da werden wilde Vermutungen darüber angestellt, dass sie seltener gewaschen würden […] und abwertende Sprüche von Pudeln und Steckdosen gemacht“, schreibt etwa Noah Sow in ihrem Buch „Deutschland Schwarz Weiß“. „So gut wie jede afrodeutsche Frau kann von vollkommen unterschiedlichen Reaktionen der weißen Gesellschaft auf sie berichten, je nachdem, ob sie ihre Haare geglättet oder natürlich trägt.“ Schwarze Menschen erleben wegen ihrer Haare Diskriminierung. (© Paolese - Fotolia.com) Das ungebändigte Afrohaar Dass das Haar Schwarzer Menschen die Grundlage für vielfältige Diskriminierungen bildet, ist kein Zufall. Die negative Konnotation von Afrohaar hat sich während der Kolonialzeit entwickelt: „Im Kontext des Kolonialismus und Sklavenhandels stand Afrohaar für Unvollkommenheit, für Primitivität, für Unterlegenheit“, schreibt die taz. „Zuschreibungen, die taten, was sie sollten: das Selbstwertgefühl nachhaltig schädigen, um Menschen zu unterdrücken. Afrohaar wird bis heute als wild und ungebändigt angesehen.“ Auch Rossmann vermittelt indirekt, dass Afrohaar ungebändigt ist – indem die Drogeriekette das natürliche, gepflegte Haar einer Schwarzen Frau als Symbolbild für eine „Wucherfrisur“ verwendet. Rossmann entschuldigt sich Rossmann hat auf Instagram eine Entschuldigung veröffentlicht: „Auf euren ausdrücklichen Wunsch entfernen wir den Post zum Thema Bad Hair und entschuldigen uns nochmal von ganzem Herzen, wenn sich jemand von dem Beitrag diskriminiert gefühlt hat, dies war in keinster Weise unsere Absicht.“ Außerdem machte die Drogeriekette auf den besonderen Stilleschutz am Karfreitag aufmerksam, den sie auch auf Instagram wahren wolle: https://twitter.com/oldnegrospirit_/status/1248612966875803654 Utopia meint: „Es war nicht so gemeint“: Diesen Satz hören Betroffene immer wieder, wenn sie Rassismus ansprechen. Eine Aussage oder Handlung ist aber nicht erst dann rassistisch, wenn sie rassistisch gemeint war – sondern wenn sie verletzende und menschenverachtende Klischees reproduziert. Ob der Absender dies gewollt oder ungewollt tut, spielt keine Rolle. Das Bewusstsein für Rassismus ist noch zu niedrig – dadurch können Fehler wie der Instagram-Post von Rossmann passieren. Und sie passieren immer wieder, Kampagnen von H&M, der Frauenzeitschrift Elle oder des Keksherstellers Bahlsen sind nur einige Beispiele. Entscheidend ist, wie die Unternehmen mit Rassismus-Vorwürfen umgehen: Nehmen sie die Kritik ernst und vermeiden solche Fehler in der Zukunft? Oder schieben sie die Verantwortung von sich, indem sie sagen: „Es war nicht so gemeint“? ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 80 86 Vielen Dank für deine Stimme! Verwandte Themen: News soziale Gerechtigkeit Utopia auf Instagram HOL DIR DEN UTOPIA NEWSLETTER Leave this field empty if you're human: