Das Coronavirus verunsichert und beunruhigt viele – verständlicherweise. Doch durch zu viele Sorgen belastest du dich selbst und kannst sogar deiner Gesundheit schaden. Wie du ruhig bleibst und mit Angst vor Corona richtig umgehst, erfährst du hier.
Das Coronavirus hat unseren Alltag komplett verändert: Wir arbeiten von zuhause aus, müssen die Zahl unserer Kontakte begrenzen und müssen sogar beim Einkaufen und Spazierengehen Abstand voneinander halten, um uns oder andere nicht anzustecken.
Diese Maßnahmen sind gerechtfertigt und nötig, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Trotzdem können sie uns verunsichern. Zudem fürchten viele Menschen neben ihrer Gesundheit auch um ihren Job, ihr Einkommen, ihre finanzielle Zukunft. Wie damit umgehen? Und was kann man tun, um auch in der Krise ruhig zu bleiben?
Quarantäne: Sich gestresst zu fühlen ist ganz natürlich
Zuerst einmal solltest du dir Emotionen wie Angst und Stress zugestehen – sie sind in dieser Situation ganz natürlich. Dr. Iris Hauth ist Ärztliche Direktorin des Zentrums für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee. Sie erklärt das so: „Angst ist eine normale psychologische Reaktion, die uns davor schützt, gefährliche Dinge zu tun.“ In der jetzigen Situation sorge sie bei vielen zum Beispiel dafür, dass sie in ihren Wohnungen bleiben und sich an Ausgangsbeschränkungen halten.
Angst löst aber auch physiologische Reaktionen aus. Der Körper schaltet in den „Kämpfe oder flieh“-Modus. Das Problem: Wir können die Ursache für die Angst, nämlich Corona, nicht direkt bekämpfen und auch nicht vor ihm fliehen. Anders gesagt: Wir können die Situation nicht kontrollieren. Das führt zu einem Spannungszustand und kann heftige Emotionen wie Panik und Wut auslösen.
Viele Menschen haben also gerade mit Angst und Stress zu kämpfen – das ist ganz normal. Dr. Hauth zufolge bringe es auch nichts, diese Gefühle zu verdrängen. Stattdessen sollten Betroffene sie annehmen und sich darüber mit Freund*innen und Familienmitgliedern austauschen – das kann dabei helfen, ruhig zu bleiben.
Es sei wichtig, sich nicht in die Gefühle hineinzusteigern: Heftige Emotionen wie Panik können, wenn sie länger anhalten, zu ausgeprägten Stressreaktionen führen und das Risiko, an Depressionen oder Angststörung zu erkranken erhöhen. Deshalb sei es wichtig, bewusst dagegen vorzugehen. Wie, erfährst du im nächsten Abschnitt.
Ruhig bleiben: 8 Tipps, die helfen
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben verschiedene Tipps dazu zusammengestellt, wie man mit der Krise sowie mit Angst vor Corona richtig umgeht und dabei psychisch gesund bleibt:
- Schalte Dauer-Nachrichtensendungen oder Push-Nachrichten ab – diese können dich auf Dauer stressen. Informiere dich besser in regelmäßigen Abständen bei seriösen Quellen wie dem Bundesgesundheitsministerium oder dem Robert Koch-Institut.
- Schaffe dir eine tägliche Routine. Diese sollte möglichst ähnlich zu deinem üblichen Tagesablauf sein. Plane auch Zeit für Aktivitäten ein, die deinem Körper und deiner Psyche guttun, zum Beispiel Bewegung, Meditation, genug Schlaf und deine Hobbies (soweit möglich). Das alles hilft dir dabei, im neuen Alltag ruhig zu bleiben.
- Bleibe in Kontakt. Sich mit Freund*innen und der Familie über die aktuelle Situation auszutauschen, kann entlasten und Stress abbauen. Videoanrufe können das Gefühl von Nähe noch verstärken. Besonders ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen in deinem Bekanntenkreis sollten sich nicht alleingelassen fühlen – bleibe mit ihnen in Kontakt.
- Denke positiv. Erkenne an, wenn du dich überfordert, gestresst oder besorgt fühlst – das ist ganz normal. Nimm dir aber auch vor, dich nicht in diese Gefühle hineinzusteigern. Konzentriere dich stattdessen auf schöne Dinge wie einen feinen Kaffee am Morgen oder den Anruf bei einer Freundin. Versuch auch die positiven Aspekte zu sehen: Viele Eltern haben jetzt zum Beispiel mehr Zeit, die sie zusammen mit ihrer Familie verbringen können.
- Hol dir Hilfe, wenn du das Gefühl hast, dass du mit deinen Sorgen und Ängsten nicht alleine fertig wirst. Wende dich dafür zunächst an Hausärzt*innen, Ambulanzen der Kliniken und psychosoziale Beratungsstellen.
Dr. Hauth, Vorstandsmitglied der DGPPN, rät außerdem:
- Mache Sport. Bewegung baut erwiesenermaßen Stress ab. Wer dreimal pro Woche eine halbe Stunde trainiert, kann so seinen Angst- und Depressionsspiegel senken. Die Ärztin empfiehlt Bewegung an der frischen Luft. Falls dies nicht möglich ist, rät sie zu einem Workout am offenen Fenster.
- Hilf anderen. Das lenkt dich ab und gibt dir am Abend das gute Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben. Rufe zum Beispiel eine einsame Nachbarin an oder gehe für Menschen einkaufen, die ihre Wohnung nicht verlassen können. Tipps dazu: Nachbarschaftshilfe in Zeiten von Corona: Das musst du wissen
- Nutze Online-Anwendungen, zum Beispiel Fitness-Videos oder Apps für Achtsamkeitsübungen (zur Entspannung). Wer sich niedergeschlagen fühlt oder Probleme mit depressiven Verstimmungen hat, kann auf Anwendungen wie „I fight Depressions“ oder „moodgym“ zurückgreifen.
Damit auch Kinder ruhig bleiben: Was Eltern beachten sollten
Auch Kinder bekommen die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren. Sie reagieren darauf aber anders als Erwachsene: Zum Beispiel wirken sie oft aufgekratzter, anhänglicher oder werden schneller wütend. Damit deine Kinder mit Angst vor Corona richtig umgehen, rät die WHO:
- Höre dir die Sorgen deiner Kinder an und gib ihnen besonders viel Liebe und Aufmerksamkeit.
- Sprich freundlich mit ihnen und versuche, sie zu beruhigen.
- Erkläre deinen Kindern in einfachen Worten, was passiert, aber auch wie sie sich vor dem Virus schützen können.
- Versuche, die Routine deiner Kinder aufrecht zu erhalten. Schulkinder, die zum Beispiel wegen Symptomen nicht zur Schule dürfen, können zum Beispiel weiterhin lernen und Aufgaben machen. Sie sollten aber auch Zeit zum Spielen haben.
Mehr Tipps findest du hier.
Angst vor Corona: Was müssen Menschen mit psychischen Vorerkrankungen beachten?
Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, erklärte gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Spektrum, dass die Quarantäne für Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depression besonders belastend sei: „Die Betroffenen befinden sich ohnehin oft bereits in einer Krisensituation und sind auf ihr soziales Netzwerk angewiesen, auf Freunde und Familienmitglieder, die ihnen helfen und sich um sie kümmern.“ Ist das nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich, werde es für die Patienten sehr schwierig, ruhig zu bleiben.
Auch Patient*innen mit Angsterkrankungen und Suchtpatient*innen sind gefährdet. Zudem müssen gerade viele Therapiesitzungen abgesagt werden. Dafür haben Betroffene jetzt andere Möglichkeiten: Sie können sich zum Beispiel per Telefon oder Video-Chat mit ihren Therapeut*innen besprechen und Übungen für zuhause zu erhalten. Wer akut Hilfe braucht, kann sich weiterhin an die Notaufnahme, eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in der Region oder z.B. die Telefonseelsorge wenden. Auch der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. bietet eine Corona-Hotline an.
Da Krisensituationen zu einer stärkeren psychischen Belastung führten, seien sie ein Risikofaktor für das Auftreten von psychischen Erkrankungen, erklärt Meyer-Lindenberg in Spektrum. Der Mediziner geht deshalb davon aus, dass die Zahl psychischer Erkrankungen wegen der Corona-Pandemie zunehmen wird.
Doch auch das Gegenteil sei denkbar: „Zum Beispiel rücken die Menschen in einer Krise oft im übertragenen Sinn zusammen, helfen und achten mehr aufeinander.“
Beziehung und Familie: So vermeidet ihr Streit
Nicht alle Expert*innen-Tipps lassen sich einfach umsetzen. Denn viele Menschen leben nicht alleine in ihren Wohnungen, sondern mit Mitbewohner*innen, Familien oder Partner*innen. Kann eine Person im Haushalt zum Beispiel besser ruhig bleiben, wenn sie häufig Nachrichtensendungen ansieht, während die andere sich nicht ständig mit dem Thema befassen möchte, kann schnell ein Streit ausbrechen. So kann die Angst vor Corona sich auch auf Beziehungen auswirken.
Auch das ist laut Dr. Hauth ganz natürlich. Wenn Menschen mit unterschiedlichen Verhaltensweisen plötzlich viel Zeit miteinander verbringen, komme es darauf an, Kompromisse zu finden. Bei Nachrichten ist das einfach: Die kann man auch lesen oder mit Kopfhörern ansehen. Geht es um größere Probleme, zum Beispiel um die Kinderbetreuung während der Arbeitszeiten, müssen die Erwachsenen miteinander reden und gemeinsam eine Lösung finden.
Beziehungen werden in häuslicher Quarantäne aber nicht nur getestet. Probleme gemeinsam zu lösen kann den Zusammenhalt auch verbessern und stärken, so Dr. Hauth. Gleichzeitig sei es wichtig, nicht nur das Negative zu sehen. Viele Familien und Paare haben nun beispielsweise die Chance, mehr Zeit gemeinsam zu verbringen. Wenn sie diese Zeit sinnvoll nutzen, hilft das allen dabei, sich abzulenken und das beste aus der Situation zu machen.
Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.
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