Weißes Hemd auf grünem Grund – für Naturtextilien ist das GOTS-Siegel das am häufigsten vergebene Zertifikat. Der Global Organic Textile Standard steht für strenge ökologische Kriterien entlang der gesamten Produktionskette (mit Ausnahme des Einzelhandels).
Das Siegel wurde 2002 von Bio-Baumwollproduzenten, Textilindustrie, Nichtregierungsorganisationen und Zertifizierern entwickelt. GOTS verbessert über neue Standard-Versionen kontinuierlich seine Anforderungen, achtet aber zugleich darauf, dass sie für Hersteller und Einzelhändler im Massenmarkt umsetzbar bleiben, um eine möglichst große Hebelwirkung erzielen zu können.
Im März 2020 veröffentlichte GOTS die Version 6.0: Neue Versionen sind das Ergebnis eines sich alle drei Jahre wiederholenden Revisionsprozesses, zu dem internationale Stakeholder aus den Gebieten ökologischer Landbau, Textilverarbeitung, Textilchemie, Sozialkriterien, Industrie, NGOs und Verbraucherinteressen beitragen.
Wichtig: GOTS ist ein Processing Standard und eine eingetragene Gewährleistungsmarke: Die gesamte Herstellungskette, „from field to fashion“, muss zertifiziert sein, bevor Aussagen zu GOTS gemacht werden dürfen. Daher sind Aussagen wie „verwendet GOTS-zertifizierte Bio-Baumwolle“ mit Vorsicht zu genießen, denn sie sind eigentlich nicht erlaubt, solange nicht die gesamte Herstellungskette und damit das Endprodukt zertifiziert ist.
GOTS-Kriterien
Grundsätzlich müssen alle Produkte, die das GOTS-Siegel tragen, zu mindestens 70 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen, es trägt dann die Bezeichnung „hergestellt aus x% kbA/kbT Fasern“. Für die strengere GOTS-Kennzeichnung „Bio“ und „kbA/kbT“ ist ein Anteil von 95 Prozent erforderlich.
In den Textilien enthaltene chemische Stoffe müssen bestimmte Kriterien zur Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit erfüllen. Giftige Schwermetalle, Formaldehyd, funktionelle Nanopartikel oder gentechnisch veränderte Organismen sind verboten, ebenso wie Accessoires aus PVC, Nickel oder Chrom. Seit Version 6.0 müssen auch Hersteller zugelassener Chemikalien Anforderungen an Umwelt, Gesundheit und Sicherheit (Product Stewardship and Environmental Health and Safety, EHS) erfüllen.
Das GOTS-Zertifikat bezieht sich auf alle Herstellungs-, Transport- und Nutzungsphasen von Textilien, Veredelungsbetriebe müssen beispielsweise eine Kläranlage vorweisen, oder die Faserproduzenten nach Richtlinien für die ökologische Landwirtschaft wirtschaften, um eine Zertifizierung zu erreichen.
Auch die sozialen Bedingungen im Bereich der Lieferkette sind Teil des Siegels, hier müssen die Mindestkriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten werden. Darüber hinaus gelten bestimmte Grenzwerte bei Rückständen zum Schutz der Arbeiterinnen und Arbeiter.
Der Einsatz von Wasser und Energie muss entlang der Lieferkette dokumentiert werden, um die Umweltfolgen in diesem für die Textilproduktion besonders relevanten Bereich verbessern zu können.
GOTS 6.0 erlaubt keine Ausnahme mehr beim Faseranteil von Regenerat- und Synthetikfasern für Socken, Leggings und Sportbekleidung. Produktqualitätsstandards für Farbechtheit und Formbeständigkeit (Einlaufwerte) sind seit dieser Version ebenfalls verpflichtend.
Kontrollen beim GOTS
Alle Betriebe der Lieferkette müssen zertifiziert sein und sich einmal jährlich einer Vor-Ort-Inspektion unterziehen, damit Endprodukte das GOTS-Siegel tragen dürfen.
Nach Angaben von GOTS handelt es sich dabei sowohl um angekündigte, als auch – speziell in Verdachtsfällen – um unangekündigte Kontrollen. Die Betriebsbesichtigungen werden von Akkreditierungsstellen durchgeführt, die die ISO/IEC-Richtlinie 65 für Produktzertifizierungssysteme erfüllen. Die Liste der zugelassenen Zertifizierer ist auf der GOTS-Website abrufbar (hier).
Kritik am Global Organic Textile Standard
Das GOTS-Siegel ist in Sachen Umweltkriterien ein sehr weitgehendes Zertifikat, das nur wenig zu wünschen übrig lässt und selten kritisiert wird. Bei einem Test von Stiftung Warentest zur “Rückverfolgbarkeit von Bekleidung mit Textilsiegeln” belegte GOTS 2019 den ersten Rang. GOTS wird zudem laufend weiterentwickelt, der aktuelle Standard GOTS 6.0 muss von der Industrie bis März 2021 umgesetzt worden sein.
Im Bereich der sozialen Standards orientiert sich das Siegel an den Vorgaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Kritikern gehen diese nicht weit genug, etwa weil sie den Begriff der „existenzsichernden Löhne“ für nicht ausreichend definiert halten. Das GOTS-Siegel versucht das seit 2020 aufzufangen: Zertifizierte Betriebe müssen seit GOTS Version 6.0 die Differenz zwischen tatsächlich gezahlten Löhnen und „existenzsicherndem Lohn“ berechnen (nach „anerkannten Berechnungsmethoden“) und dokumentieren. Darüber hinaus „sollen sie darauf hinarbeiten, diese Lücke zu schließen“.
GOTS lässt bislang Kriterien für Leder– und Fellprodukte außen vor – sieht man sich die Entwicklung der Modelandschaft an, gehört dieser Aspekt allein aus Tierschutzgründen eigentlich auch fest zur Textilbranche.
Alternativen
Der Standard des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN zertifiziert) geht an einigen Stellen über die GOTS-Kriterien hinaus. Wer Wert auf hohe Sozialstandards legt, kann sich auch am Label der Fair Wear Foundation orientieren. Fairtrade Textile Production und Fairtrade Cotton bestätigen vor allem Fairer-Handel-Aspekte. Oeko-Tex 100 weist vor allem Giftfreiheit nach. Hier findest du die wichtigsten Siegel für Kleidung ohne Gift.
Fazit
Mit einem GOTS-zertifizierten Produkt kaufst du ökologisch einwandfreie Kleidung. Utopia empfiehlt daher ausdrücklich, beim Kauf von Textilien auf dieses Siegel zu achten. Nur weniger Textilien zu kaufen ist noch besser.
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