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Not-Schlachtungen: Zoo erarbeitet Plan für Corona-Krise

Eisbär, Zoo
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay

Wegen der Ausgangsbeschränkungen haben Zoos in ganz Deutschland geschlossen. Ohne Besucher*innen fehlen aber auch die Einnahmen, was viele Tierparks in Schwierigkeiten bringt. Ein Zoo in Schleswig-Holstein zieht als letzte Maßnahme in Betracht, Zootiere zu schlachten.

Viele Branchen haben wegen der Corona-Krise zurzeit finanzielle Einbußen – so auch hunderte Tierparks. Es gibt keine Besucher*innen mehr, die Eintritt zahlen. Gleichzeitig bleiben die Kosten: Tierpfleger*innen arbeiten weiter und müssen bezahlt werden, außerdem brauchen die Tiere Futter.

Besonders schwierig ist die Situation für einen Tierpark in Neumünster (Schleswig-Holstein). Laut Zoodirektorin Verena Caspari überlebt der Zoo aktuell nur durch Spendengelder. „Alles, was wir bis dato an Landesgeldern beantragt haben, ist noch nicht eingetroffen“, zitiert das ZDF die Direktorin. Für den Fall, dass das Geld ausgeht, hat der Zoo einen Notplan entwickelt – der auch die Schlachtung von Zootieren vorsieht.

„Tiere schlachten, um andere Tiere zu füttern“

„Doch wenn – und das ist wirklich der aller worst, worst case – wenn ich kein Geld mehr habe, Futter zu kaufen, oder wenn es passieren sollte, dass mein Futterlieferant aufgrund neuer Restriktionen nicht mehr liefern kann, dann würde ich Tiere schlachten, um andere Tiere zu füttern“, sagte Caspari demnach.

Massensterben Artensterben UN Eisbär
Ein Eisbär lässt sich nicht einfach in einen anderen Zoo übergeben (Symbolbild) (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - 3analytics (Symbolbild))

Eine andere Möglichkeit sei, die Tiere an andere Zoos abzugeben. Das sei aber nicht immer möglich – etwa bei dem 700 Kilogramm schweren Eisbär namens Vitus: „Es ist kein Pony, das man auch mal in einen Eselstall stellen kann. Er ist ein großes Raubtier, für das man eine adäquate Anlage benötigt.“

Schlachtungen in Zoos sind nicht ungewöhnlich

Wahrscheinlich kommt es gar nicht zu Schlachtungen – andere Tierparks haben dem Zoo in Neumünster zugesichert, zur Not Fleisch und Fisch für die Tiere zu liefern. Die Nachricht über die Pläne des Zoos sorgten jedoch deutschlandweit für Schlagzeilen. In den sozialen Netzwerken der Nachrichtenseiten sammelten sich hunderte entsetzte Kommentare.

Dabei sind Schlachtungen in Zoos keine Seltenheit. „Auch im normalen Betrieb werden bestimmte Tiere [als Futter für Raubtiere] genutzt, zum Beispiel eine bestimmte Antilopenart.“, sagt uns Volker Homes, Geschäftsführer des „Verbands der Zoologischen Gärten e.V.“ „Bei Ratten und Mäusen ist es Standard, dass sie von den Zoos gezüchtet und verfüttert werden.“

Viele Tiere in den Tierparks fressen Fleisch. Wenn es nicht aus dem eigenen Betrieb kommt, stammt es wahrscheinlich aus industrieller Massentierhaltung – außerdem wird es weitere Strecken transportiert. Eine Schlachtung „im Haus“ ist da noch vergleichsweise nachhaltig – auch wenn das erstmal makaber klingt. Man kann auch davon ausgehen, dass es den geschlachteten Zootieren besser ging, als den Kühen, Hühnern und Schweinen, deren Fleisch in unseren Supermärkten verkauft wird.

Milchkuh
Tierische Produkte aus industrieller Massentierhaltung: Eine Qual für die Tiere (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - Wolfgang Ehrecke)

Wie sinnvoll sind Zoos?

Volker Homes hält die Diskussion um den Zoo in Neumünster nicht für zielführend. Die Tierparks bräuchten jetzt keine Not-Schlachtungen, sondern finanzielle Hilfe von Bund oder Ländern. Außerdem müssten die Parks schnell wieder geöffnet werden – aber unter Auflagen wie Abstandsregelungen.

Grundsätzlich kann man jedoch die Frage stellen, wie vertretbar Zoos überhaupt sind. Die Tiere leben dort in Gefangenschaft, oft mit zu wenig Platz. Für hoch entwickelte Tiere wie Elefanten sind die Zustände in Zoos eine Belastung.

Zugleich beherbergen die Parks auch Arten, die vom Aussterben bedroht sind – und die wir ohne die die Zoos für immer verlieren würden. Wenn es keine Eisbären mehr in freier Wildbahn gibt, bleiben Bären in den Zoos, die (theoretisch) irgendwann wieder ausgewildert werden können.

Utopia meint: Uns sollte klar sein: Tiere leben zu unterschiedlichen Bedingungen in Zoos – mal mehr, mal weniger artgerecht, aber alle sind in Gefangenschaft. Tierschutzorganisationen lehnen Zoos darum kategorisch ab. Hilft da das Argument, dass Zoos inzwischen einen Beitrag dazu leisten, dass so manche Tierart überhaupt überleben kann? Schwer zu beantworten. Die Tatsache, dass es wiederum der Mensch ist, der Schuld am Artensterben hat, macht Zoos vor allem eines: absurd.

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