Naturkosmetik ist irgendwie besser als herkömmliche Kosmetik, so viel wissen viele Menschen. Aber was genau ist „zertifizierte Naturkosmetik“ eigentlich? Wie unterscheidet sie sich von Bio-Kosmetik? Und: Auf welche Siegel kann man sich verlassen? Utopia.de gibt einen Überblick.
Natürliche Kosmetik, Naturkosmetik, Bio-Kosmetik – damit bezeichnen Kosmetikfirmen meistens Produkte, die (nur) natürliche, umwelt- und gesundheitsschonende Inhaltsstoffe enthalten und dabei bestimmten Standards genügen. Im Prinzip kann diese Begriffe aber jede:r für alles verwenden: Sie sind in Deutschland nicht rechtlich geschützt. Anders als zum Beispiel beim Begriff „Bio“ ist bislang nicht gesetzlich festgelegt, was Naturkosmetik ist.
Zum Glück kommt es selten vor, dass herkömmliche Produkte irreführend als „Naturkosmetik“ vermarktet werden. Dennoch gelingt es Unternehmen immer wieder, auf subtile Weise den Eindruck zu erwecken, ihre Kosmetika seien besonders natürlich. Es hilft daher, zu wissen, wie man sie von zertifizierter Naturkosmetik unterscheidet und welche vertrauenswürdigen Siegel für echte Naturkosmetik stehen.
Was ist Naturkosmetik?
Die gängigen Siegel für zertifizierte Naturkosmetik und Bio-Kosmetik haben einige wesentliche Kriterien gemeinsam:
- Verzicht auf synthetische Farb- und Duftstoffe sowie Konservierungsstoffe (z.B. Parabene)
- Verzicht auf erdölbasierte Inhaltsstoffe (z.B. Paraffine)
- Verzicht auf Silikone
- Verzicht auf PEG (Polyethylenglykole), die in herkömmlicher Kosmetik oft als Emulgatoren oder Schaumbildner verwendet werden.
- Mineralölbasiertes Mikroplastik ist verboten.
- Verzicht auf chemische UV-Filter, erlaubt sind ausschließlich mineralische Lichtschutzfilter wie Zinkoxide, die auch in Form von Nano-Teilchen eingesetzt werden dürfen.
- Verzicht auf gentechnisch veränderte Organismen
- Möglichst umwelt- und ressourcenschonende Herstellung der Produkte
- Möglichst umweltschonende bzw. recycelbare Verpackungen
- Fas alle Inhaltsstoffe müssen natürlichen Ursprungs oder naturidentisch sein.
- Einige natürliche Rohstoffe wie pflanzliche Öle dürfen aber chemisch verändert werden.
- Für Tierversuche gelten strengere Verbote als gesetzlich vorgeschrieben.
- Je nach Zertifizierungsstufe muss ein bestimmter Mindestanteil der Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammen – denn Naturkosmetik ist nicht automatisch Bio-Kosmetik. Tipp: In der Inhaltsstoffliste sind diese Bestandteile meist extra gekennzeichnet, zum Beispiel durch ein Sternchen.
Die wichtigsten Naturkosmetik-Siegel
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Naturkosmetik-Siegeln. Die bekanntesten und am weitesten verbreiteten in Deutschland sind das Cosmos und das Natrue -Siegel, die wir im Folgenden näher vorstellen.
Cosmos
Der Cosmos-Standard wird von der gemeinnützigen und unabhängigen Organisation Cosmos-Standard AISBL mit Sitz in Brüssel verwaltet. Er wurde von mehreren europäischen Naturkosmetik-Verbänden gegründet: dem deutschen BDIH, den französischen Organisationen Cosmebio und Ecocert, ICEA aus Italien sowie der britischen Soil Association. Das Ziel war, gemeinsame Kriterien und Definitionen für Bio- und Naturkosmetik festzulegen. Inzwischen hat der Cosmos Standard nationale Standards wie jenen vom deutschen BDHI abgelöst.
- Der Cosmos-Standard basiert auf vier zentralen Prinzipien, die entlang der gesamten Produktionskette – von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt – berücksichtigt werden: 1. Einsatz von Rohstoffen aus Bio-Landwirtschaft und Schutz der Biodiversität. 2. verwantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und möglichst geringe Umweltbelastung. 3. gesundheits- und umweltschonende Verarbeitungs- und Herstellungsverfahren. 4. Konzept der „grünen Chemie„
- Cosmos bietet zwei Zertifizierungsstufen für Kosmetikprodukte an: Cosmos Organic und Cosmos Natural.
- Das Cosmos Organic-Siegel erhalten Produkte, die in allen Bereichen den Cosmos-Standard erfüllen und bei denen mindestens 95 Prozent der pflanzlichen (oder gegebenenfalls tierischen) Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammen.
- Das Cosmos Natural-Siegel kennzeichnet hingegen Produkte, die ebenfalls alle Anforderungen des Cosmos-Standard erfüllen, jedoch nicht die Mindestanteile an Bio-Inhaltsstoffen erreichen.
- Bei der Zulassung von Rohstoffen unterscheidet Cosmos zwischen zwei Kategorien: „Cosmos Certified“-Rohstoffe, die einen Bio-Anteil enthalten, und „Cosmos Approved“ -Rohstoffe, die keinen Bio-Anteil haben. Diese dürfen aber trotzdem in Kosmetikprodukten verwendet werden, die nach dem Cosmos-Natural-Standard zertifiziert sind.
- Die Anforderungen des Siegels gehen in Bezug auf verbotenene Stoffe deutlich über die EU-Kosmetik-Verordnung hinaus: So sind chemisch-synthetische Stoffe wie Paraffine, Erdölprodukte, Silikone, PEG, synthetische Duftstoffe sowie organisch-synthetische Lichtschutzfilter und Farbstoffe nicht erlaubt.
- Die Veränderung von Inhaltsstoffen aus pflanzlichem oder tierischem Ursprung ist nur durch bestimmte chemische Reaktionen zulässig.
- Gentechnisch veränderte Organismen und ihre Bestandteile sind weder als Inhaltsstoffe noch bei der Produktion erlaubt.
- Tierische Inhaltsstoffe sind nicht erlaubt, wenn sie aus Teilen des Tieres stammen oder dessen Tötung voraussetzen. Erlaubt sind aber Inhaltsstoffe, die von Tieren produziert werden, wie beispielsweise Honig.
- Nach eigenen Angaben tragen über 33.000 Produkte in 82 Ländern die Cosmos Organic- oder Cosmos Natural-Siegel. Zudem sind mehr als 12.500 Rohstoffe mit dem Cosmos Certified-Siegel ausgezeichnet.
- Du findest zertifizierte Produkte in Drogerien, Supermärkten und Biomärkten. Marken: z.B. Apeiron, Ayluna, Benecos, Bioturm, i+m Naturkosmetik und Speick.
- In der Produktdatenbank von Cosmos kannst du alle Kosmetikprodukte die die Siegel tragen einsehen.
Natrue
Das Natrue Siegel wurde 2007 auf Initiative der Naturkosmetikbranche gegründet und ist heute international weit verbreitet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Wala, Weleda, Laverana, Primavera, Logocos und Cep. Ziel war es, eine klare und einheitliche Definition für Natur- und Bio-Kosmetik zu schaffen – als Schutz vor Greenwashing und irreführende Werbeaussagen bei sogenannten Naturkosmetikprodukten.
- Natrue zertifizierte Produkte bestehen zu 100 Prozent aus natürlichen, naturnahen oder naturidentischen Inhaltsstoffen.
- Dazu zählen zum Beispiel Pflanzenextrakte, ätherische Öle, aber auch „naturnahe“ Stoffe, die aus natürlichen Ausgangsstoffen durch chemische Prozesse gewonnen werden, wie etwa Glycerin aus Pflanzenölen. Naturidentische Stoffe sind chemisch nachgebildete Substanzen, die zwar in der Natur vorkommen, dort aber nicht in ausreichender Menge oder Qualität gewonnen werden können. Dazu zählen bestimmte Pigmente, Mineralien oder Konservierungsstoffe, die laut Natrue in begrenztem Umfang erlaubt sind.
- Welche Stoffe konkret zugelassen sind, ist in den offiziellen Natrue-Kriterien einsehbar.
- Produkte mit dem Natrue-Siegel dürfen keine gentechnisch veränderten Stoffe enthalten
- Ausgeschlossen sind auch Silikone, Parabene, Mikroplastik, synthetische Duftstoffe und Mineralöle.
- Das Natrue-Siegel unterscheidet zwischen zwei Zertifizierungsstufen: Naturkosmetik und Bio-Kosmetik.
- Für die Auszeichnung als Bio-Kosmetik müssen mindestens 95 Prozent der natürlichen oder naturnahen Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammen.
- Damit ein Produkt das Natrue-Label tragen darf, müssen mindestens 75 Prozent aller Produkte einer Marke oder Untermarke Natrue-zertifiziert sein. Einzelne Produkte werden nicht ausgezeichnet, so soll Greenwashing verhindert werden.
- Natrue teilt Produkte in 13 Kategorien ein, um sowohl den höchstmöglichen Anteil an natürlichen und biologischen Inhaltsstoffen als auch die unterschiedlichen Anforderungen und Funktionen der jeweiligen Produktarten angemessen zu berücksichtigen.
- Natrue zählt ausschließlich Wasser, das aus pflanzlichen Quellen stammt, als natürlichen Inhaltsstoff. Wasser, das einem Produkt zusätzlich bei der Herstellung zugesetzt wird, wird bei der Berechnung des natürlichen Gesamtanteils nicht berücksichtigt.
- Tierversuche sind ausgeschlossen. Natrue erweitert das in der EU geltende Tierversuchsverbot für Kosmetikprodukte auch auf Länder außerhalb der EU.
- Jedes Produkt, das das Natrue-Label erhalten soll, wird von unabhängigen, externen Prüfstellen bewertet. Natrue selbst übernimmt keine Zertifizierung, sondern akkreditierte Zertifizierer.
- Das Natrue-Siegel ist auf rund 10.100 Kosmetikprodukten und Rohstoffen zu finden.
- Zertifizierte Produkte gibt es in Drogeriemärkten, vielen Supermärkten, Biomärkten und Reformhäusern.
- Bekannte Marken mit Natrue-Zertifizierung sind unter anderem Dr. Hauschka, Weleda, Lavera, Dr. Bronner’s, Logona, Sante. Auch viele Naturkosmetik-Eigenmarken der Drogerieketten wie Alverde (dm), Alterra (Rossmann) oder Terra Naturi (Müller) sind Natrue-zertifiziert.
- In der öffentlichen Datenbank von Natrue kann man einsehen, welche Beauty-Produkte und Rohstoffe das Siegel tragen.
Weitere Naturkosmetik-Siegel
Deutlich seltener, aber ebenfalls vertrauenswürdig sind unter anderem:
- Demeter – auf Kosmetika selten, aber mit sehr strengen Ansprüchen.
- NCS – strenger Naturkosmetik-Standard der „Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsethik“. Es gibt das Siegel auch in Kombination mit einem zusätzlichen Vegan-Siegel.
- ICADA – Lobby-Verband und Naturkosmetik-Zertifizierung für kleine und mittelständische Unternehmen
- Neben Naturkosmetik-Siegeln gibt es auch das Fairtrade-Siegel, das Waren aus fairem Handel auszeichnet. Auf Kosmetik- und Pflegeprodukten darf das Fairtrade-Siegel nur zusammen mit dem Hinweis „mit Fairtrade-Zutaten“ erscheinen. Außerdem muss angegeben werden, welcher Anteil und welche Inhaltsstoffe fair gehandelt sind. Bei Produkten, die auf der Haut verbleiben, wie Cremes oder Lotionen, müssen mindestens fünf Prozent der Inhaltsstoffe aus fairem Handel stammen. Für abwaschbare Produkte wie Duschgel genügt ein Mindestanteil von zwei Prozent.
- Zusätzlich zu einem Naturkosmetik-Siegel: Produkte mit Halal-Zertifizierung verzichten u.a. auf Alkohol, das macht sie besonders hautverträglich.
Ist Naturkosmetik vegan und frei von Tierversuchen?
Naturkosmetik ist nicht automatisch vegan: Auch zertifizierte Naturkosmetik kann Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs enthalten – etwa Bienenwachs, Seide, Milch oder Honig. Das trifft auf Produkte mit dem Cosmos- oder Natrue-Siegel zu. Beide Siegel schreiben jedoch ausdrücklich vor, dass weder die Endprodukte noch ihre Inhaltsstoffe an Tieren getestet werden dürfen.
Kosmetiksiegel mit Fokus auf Tierschutz
Wem es besonders wichtig ist, dass Kosmetikprodukte frei von Tierversuchen sind, kann zusätzlich zu den Naturkosmetik-Siegeln auf Tierschutz-Siegel achten: Die Label „Leaping Bunny“ und der „Hase mit schützender Hand“ sowie das Vegan–Label garantieren, dass das Produkt tierversuchsfrei hergestellt wurde; letzteres zertifiziert vegane Produkte.
Leaping Bunny
Wer das international anerkannte Leaping Bunny-Siegel tragen möchte, muss strenge Kriterien erfüllen: Weder das Unternehmen selbst noch deren Zulieferer dürfen Tierversuche durchführen, in Auftrag geben oder daran beteiligt sein – weder für das Endprodukt noch für einzelne Inhaltsstoffe. Zugelassen sind nur Rohstoffe, die ab einem festgelegten Stichtag nachweislich ohne Tierversuche entwickelt wurden.
Hase mit schützender Hand
Der IHTN e.V. (Internationaler Hersteller tierversuchfreier Naturkosmetik) ist ein Fachverband mit dem Schwerpunkt auf Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz. Er vergibt das Label „Hase mit schützender Hand“; es gehört zu den strengsten Siegeln für tierversuchsfreie Kosmetik. Eine zentrale Vorgabe ist der sogenannte Stichtag: Nach dem 1. Januar 1979 dürfen weder für die fertigen Produkte noch für deren Inhaltsstoffe Tierversuche durchgeführt worden sein. Zudem dürfen Produkte nicht in Länder exportiert werden, in denen Tierversuche vorgeschrieben sind.
Vegan Label
Das Vegan-Siegel der britischen Vegan Society, auch als Veganblume bekannt, ist eine weltweit anerkannte Kennzeichnung für vegane Produkte. Seit den 1990er-Jahren nutzen Unternehmen das Label. Von der Entwicklung bis zur Herstellung sind alle tierische Bestandteile – ob von lebenden oder toten Tieren – strikt verboten. Mit über 70.000 registrierten Produkten ist das Siegel heute ein internationaler Standard für vegane Produkte. Es findet sich nicht nur auf Kosmetika, sondern auch auf Lebensmitteln, Kleidung, Getränken, Haushaltswaren und vielem mehr.
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