Alle Jahre wieder pünktlich zur Weihnachtszeit sorgt sich manch ein Bürger um die abendländischen Kultur. Den Auftakt macht dieses Mal ein Aldi-Kunde, der sich über einen „Winterstern“ aufregt. Aldi reagierte souverän.
Aldi Süd hat vor kurzem „Wintersterne“ ins Sortiment aufgenommen – Topfpflanzen in verschiedenen Sorten und Farben. Einem Kunden gefiel das gar nicht: Er ärgerte sich über den Namen „Wintersterne“: Die Pflanze heiße nämlich „Weihnachtsstern“ oder „Christstern“.
„Er gehört mit diesen Namen zur Advents- und Weihnachtszeit. Der Weihnachtsstern hat in Deutschland als Zimmerpflanze längst seit mehreren Generationen Tradition. Er gehört zu unserer gewachsenen christlich-abendländischen Kultur“, schrieb der Kunde in einem Post auf der Aldi-Süd-Facebookseite.
Nutzer wirft Aldi Süd „Unterwerfung“ vor
Dass Aldi Süd nun Wintersterne statt Weihnachtssterne verkaufe, sei „vorauseilender Gehorsam“ und wäre nicht im Sinne der beiden verstorbenen Aldi-Gründer. „Sie würden wahrscheinlich beide in ihrer Urne rotieren, ob der Unterwerfung der neuen Aldi-Süd-Administration gegenüber linken Foren und dem Islam.“
Der Post sorgte auf Facebook für Diskussionen. „Der Erhalt von Werten und Traditionen ist mir persönlich sehr wichtig und bedeutet mir mehr als nur Dekoration! Als Konsequenz werde ich deshalb den Winterstern von Aldi boykottieren“, schrieb beispielsweise eine Userin. Andere Nutzer kritisierten den Post: „Unchristliche Pseudoaufregung, mehr nicht. Astreiner verpackter Rassismus, klassisches AfD-Material, nichts anderes ist dieser vergiftete, abstoßende Post.“
Aldi Süd antwortet auf Facebook
Auch Aldi Süd reagierte bei Facebook auf den Beitrag. In einem Kommentar erklärte der Discounter, dass es sich bei dem Winterstern gar nicht um den klassischen Weihnachtsstern handle, sondern um eine Abwandlung. Den traditionellen Weihnachtsstern werde Aldi ab dem 21. November noch anbieten – mit dem „richtigen“ Namen.
„Um die Verwechslung damit zu vermeiden, haben wir uns für den Namen „Winterstern“ entschieden“, schrieb Aldi Süd. „Du darfst ihn aber auch gerne Horst nennen, wenn du dich damit besser fühlst.“ Auf die anderen Vorwürfe wolle man gar nicht erst eingehen. „Seit jeher begrüßen wir und unsere Gründer alle Menschen, gleich welcher Religion, sozialer, ethischer oder nationaler Herkunft oder Staatsangehörigkeit. Deine seltsamen Mutmaßungen darfst du gerne anderswo verbreiten, aber bitte nicht hier.“
Echte Gefahr für weihnachtliche Werte: Die Konsumspirale
Solche Kommentare wie die des Aldi-Kunden wiederholen sich Jahr für Jahr. Mal ist es der Lindt-Adventskalender, der zu orientalisch aussieht, mal der Weihnachtsmarkt, der nicht mehr „Christkindlmarkt“ heißt, sondern „Wintermarkt“. Jedes Mal lautet der Vorwurf: Aus Rücksicht vor Muslimen geben Unternehmen christliche Bräuche auf – und leiten so das Ende der christlich-abendländischen Kultur ein. Auch einige Medien machen mit: „So wird Weihnachten in Deutschland versteckt“ oder „Kreuzberg verbietet Weihnachten“, titelten bekannte Tageszeitungen in der Vergangenheit.
Dabei ist der Hintergrund ein ganz anderer: Weihnachtsmärkte beispielsweise wurden an einigen Orten in „Wintermärkte“ umbenannt, weil sie auch lange nach der Adventszeit geöffnet haben. Bei der Pflanze bei Aldi Süd handelte es sich schlicht nicht um einen „Weihnachtsstern“.
Utopia meint: Weihnachten in Gefahr – dieses Narrativ nutzen „besorgte Bürger“ und rechte Akteure schon lange. Mit Erfolg: Wie in den Kommentarspalten zu sehen ist, gibt es erschreckend viele Menschen, die den Behauptungen glauben. Das einzige, was das Fest und die christlichen Werte dahinter wirklich gefährdet, ist der zunehmende Konsumwahn zur Weihnachtszeit.
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