„Dieser Wahnsinn muss aufhören“ – Appell aus dem Amazonas geht uns alle etwas an Von Katharina Siegl Kategorien: Umweltschutz Stand: 19. Mai 2020, 07:30 Uhr Foto: © Heloisa Bortz, Pixabay/ CC0/ picography In klaren Worten hat die indigene Aktivistin Kay Sara beschrieben, was für unaussprechliche Zustände derzeit im Amazonas herrschen, auch wegen Corona. Ihr bewegender Appell geht um die Welt – und richtet sich an uns alle. Eigentlich hätte die indigene Aktivistin und Schauspielerin Kay Sara die Wiener Festwochen von der Bühne des Burgtheaters aus eröffnen sollen. Doch wie viele andere Veranstaltungen musste auch diese ins Netz verlegt werden. Kay Sara hat ihre Eröffnungsrede deshalb aus ihrer Heimat, einem Dorf im Norden Brasiliens, gesendet. Allerdings ging es darin nur am Rande um Theater. Die Aktivistin machte ihre Zuhörer*innen stattdessen eindringlich darauf aufmerksam, dass in diesem Moment ein Genozid im Amazonas stattfinde. Sie appellierte an jeden von uns, endlich wirklich zuzuhören – und diesen Wahnsinn zu beenden. Wir haben die wichtigsten Passagen ihrer Rede im folgenden zusammengefasst. Kay Sara: Mitreißender Appell aus dem Amazonas „Meine europäischen Freunde haben mich gefragt, wie es mir geht“, erklärte Kay Sara in dem Video. Die Klimaaktivistin und Schauspielerin trug eine traditionelle Gesichtsbemalung und zeichnete ihre Nachricht vor einem Regenwald-Panorama auf. „Mir geht es gut. Ich befinde mich im Wald bei meinem Volk, ganz im Norden Brasiliens, am Ufer des Flusses Oiapoque. […]“ „Heute sind nur noch wenige von uns übrig. Ich bin eine der Letzten der Turiano. Und vor einigen Wochen also kam die nächste Krankheit aus Europa zu uns: Corona.“ In Manaus, Hauptstadt des Amazonas, wüte die Krankheit besonders schrecklich. „Es ist keine Zeit mehr für richtige Beerdigungen. Menschen liegen in Massengräbern, Traktoren schütten sie zu. Andere liegen in den Straßen.“ Im Schatten von Corona: Massive Abholzungen im Brasilianischen Regenwald „Die Weißen nutzen das Chaos, um noch tiefer in die Wälder einzudringen“, erklärte Kay Sara ihren Zuschauer*innen. „Die Feuer werden nicht mehr gelöscht. Von wem auch? Wer den Holzfällern in die Hände fällt, wird ermordet. Und was hat Bolsonaro getan? Das, was er immer getan hat: Er schüttelt die Hände seiner Unterstützer und verspottet die Toten. Er hat seine Mitarbeiter beauftragt, die indigenen Völker zu benachrichtigen, dass eine Krankheit ausgebrochen sei. Das ist ein Aufruf zum Mord an uns. Bolsonaro will den Genozid an den Indigenen, der seit 500 Jahren anhält, zu Ende bringen.“ Dass gerade die Hauptstadt des brasilianischen Amazonasgebietes, Manaus, besonders stark vom Coronavirus betroffen ist, hängt auch mit Abholzungsarbeiten zusammen: Denn erst durch Holzfäller und andere Arbeiter*innen konnte sich das Virus in den entlegenen Gebieten ausbreiten, so das Online-Magazin Klimareporter. Der Amazonas-Regenwald ist von der Abholzung bedroht. (Foto: CC0/pixabay/AndyFaeth) „In zehn Jahren wird das Ökosystem des Amazonas kippen.“ Gegen Ende ihrer Rede richtete sich Kay Sarah direkt an ihr Publikum. „Ich weiß: Ihr seid Reden wie diese gewohnt,“ erklärte sie. „Das Problem ist nicht, dass ihr nicht wisst, dass unsere Wälder brennen und unsere Völker sterben. Das Problem ist, dass ihr euch an dieses Wissen gewöhnt habt.“ „Ich sage euch also, was ihr alle wisst: Vor einigen Jahren trockneten die Nebenflüsse des Amazonas zum ersten Mal seit Menschengedenken aus. In zehn Jahren wird das Ökosystem des Amazonas kippen, wenn wir nicht sofort handeln. Das Herz dieses Planeten wird aufhören zu schlagen. Das sagen unsere und das sagen eure Wissenschaftler, und vielleicht ist es das Einzige, worin sie sich einig sind. Wir werden untergehen, wenn wir nicht handeln.“ „Dieser Wahnsinn muss aufhören“, mahnte die Aktivistin „Denn wenn Rechtlosigkeit Gesetz wird, wird Widerstand zur Pflicht. Lasst uns gemeinsam Widerstand leisten, lasst uns Menschen sein. Jeder in seiner Art und an seinem Ort, vereint durch unsere Unterschiedlichkeit und unsere Liebe zum Leben, das uns alle vereint.“ Die vollständige Rede ist im folgenden Video miteingebunden, das zur Livestream-Debatten-Serie „School of Resistance“ gehört. Du kannst es mit deutschen Untertiteln ansehen. Katastrophe im Amazonas: Was du tun kannst Der Amazonas wird auch „Lunge der Erde“ genannt, denn er liefert etwa 20 Prozent unseres Sauerstoffs. Außerdem beherbergt er zehn Prozent der weltweiten Artenvielfalt – 40.000 Pflanzen- und über 4.500 Tierarten sind laut WWF im Amazonas-Regenwald zuhause. Doch das Gebiet ist bedroht. 2019 herrschten dort Waldbrände, die sich über Hunderte Quadratkilometer Regenwaldgebiet erstreckten. Medienberichten zufolge wurden diese sehr wahrscheinlich absichtlich gelegt, um die Gebiete besser roden und in Nutzflächen umwandeln zu können. Während der Corona-Krise wurde weniger über den Zustand des Regenwaldes berichtet. Doch das heißt nicht, dass die Zerstörung aufgehört hat. Im Gegenteil: Sie geschieht schneller als im Vorjahr. Allein im April wurden laut der Nachrichtenagentur Reuters 64 Prozent mehr Wald abgeholzt als im selben Monat des Vorjahres. Das entspricht 405 Quadratkilometern – also etwa der Fläche von Köln. Inzwischen sollen laut CNN 3.000 Soldaten im Amazonas positioniert sein, um die Abholzung zu stoppen. Trotzdem befürchten Experten laut Klimareporter, dass es 2020 zu noch schlimmeren Bränden kommen könnte als im Vorjahr. Mehr Informationen: Im Schatten von Corona: Im Amazonas passiert gerade eine große Katastrophe Utopia meint: Kay Saras Botschaft ist klar und deutlich: Wir müssen handeln. Vor allem aber ist sie für uns alle relevant: Der Amazonas-Regenwald trägt einen großen Teil dazu bei das globale Klima zu stabilisieren. Er liefert zudem 20 Prozent unseres Sauerstoffs – wir brauchen ihn zum Überleben. Um den Regenwald effektiv zu schützen, sind vor allem politische Maßnahmen nötig. Aber auch jede*r Einzelne kann etwas tun. Zum Beispiel indem du keine Produkte aus Massentierhaltung kaufst. Denn: Das Soja, mit dem die Tiere gefüttert werden, stammt oft aus Plantagen, für die Regenwald gerodet wurde. Dasselbe gilt für konventionelles Palmöl, das sowohl in Snacks, Kosmetika als auch in Suppen stecken kann. Hier findest du mehr Tipps, wie du dem Amazonas helfen kannst. ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 386 2 Vielen Dank für deine Stimme! Verwandte Themen: Coronavirus News Regenwald Umweltschutz Utopia auf Instagram HOL DIR DEN UTOPIA NEWSLETTER Leave this field empty if you're human: