Feierabend um 13 Uhr? In einer Agentur in Bielefeld ist das seit etwas mehr als zwei Jahren Alltag. Die Angestellten arbeiten nur noch fünf Stunden täglich – bei vollem Gehalt. Zwar gibt es einige Herausforderungen, der Chef ist jedoch überzeugt von dem Konzept.
Was passiert, wenn der Arbeitstag nicht mehr acht Stunden dauert, sondern deutlich kürzer ist? Weniger Krankmeldungen, mehr Produktivität und zufriedenere Mitarbeiter – so lautet zumindest die Theorie. Ein Unternehmer in Bielefeld wollte sich selbst von dem Konzept überzeugen – und führte eine 25-Stunden-Woche ein.
Die Angestellten der Kommunikationsagentur „Rheingans Digital Enabler“ arbeiten seit Oktober 2017 von acht bis 13 Uhr. Sie bekommen weiterhin ihr volles Gehalt, auch am Urlaubsanspruch hat sich nichts geändert.
Während der Arbeitszeit: volle Konzentration
Aber wie schafft man die Arbeit eines regulären Arbeitstags in nur fünf Stunden? Indem man sich nur auf seine Aufgaben konzentriert, sagt Geschäftsführer Lasse Rheingans in einem aktuellen Interview: „Wir haben geschaut, was eigentlich Zeit frisst. Früher wurde intern viel über einen Firmenchat kommuniziert. Heute stellen wir dort nur noch Fragen, die sich mit Ja oder Nein beantworten lassen. Braucht es mehr, trifft man sich kurz zur Besprechung“.
Meetings dauern in der Regel nur noch eine Viertelstunde, verriet Rheingans der „Zeit online“. Ohne Smalltalk und mit einer klaren Agenda reiche das aus. „Wir haben uns außerdem darauf geeinigt, E-Mails nur zweimal am Tag zu checken. Wir wollen jede unnötige Ablenkung in Form von Benachrichtigungen oder Pop-up-Nachrichten vermeiden.“
Gesündere Beziehungen zu anderen und zu sich selbst
Der Fünf-Stunden-Tag habe viele Vorteile: „Dass plötzlich auch alleinerziehende Elternteile Vollzeit einen guten Job machen könnten, während ihre Kinder in einer Vormittagsbetreuung sind. Ich glaube, gesündere Beziehungen resultieren daraus, mit dem Partner, der Familie, den Kindern, beruflich und auch zu sich selbst“, sagte Rheingans in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Ein weiterer positiver Nebeneffekt der kürzeren Arbeitszeit: Die Mitarbeiter unternehmen privat mehr miteinander. Freitags koche das Team nach 13 Uhr gemeinsam, erzählt Rheingans Zeit online. Gelegentlich gebe es gemeinsame Events.
Der Fünf-Stunden-Tag war ein Experiment
Nicht immer klappt es allerdings, den Fünf-Stunden-Tag einzuhalten. „In stressigen Zeiten oder personellen Engpässen kommt es schon mal vor, dass auch wir sechs, sieben oder sogar acht Stunden im Büro sitzen“, sagt Rheingans Zeit online. Er selbst arbeite ebenfalls bis 13 Uhr, nachmittags beschäftige er sich mit Presseanfragen und anderen Projekten.
Anfangs hatte der Geschäftsführer den Fünf-Stunden-Tag noch als Experiment bezeichnet – weil er nicht sicher war, ob das Konzept wirklich funktioniert. Inzwischen ist jedoch klar: Die Agentur bekommt genug Aufträge und ist profitabel. Rheingans hat vergangenes Jahr sogar ein Buch zum Thema veröffentlicht. („Die 5-Stunden-Revolution. Wer Erfolg will, muss Arbeit neu denken“). Mit seinem Buch will er andere Unternehmen dazu motivieren, ebenfalls die Arbeitszeit zu verkürzen. Mindestens einen Geschäftsführer hat er bereits inspiriert: Ein Steuerberater aus Schenefeld hat ebenfalls eine Fünf-Stunden-Woche eingeführt.
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