Pizza bestellt, Karton in der Mülltonne – damit könnte bald Schluss sein. Zumindest wenn es nach Hendrik Single aus Nordrhein-Westfalen geht: Er hat einen Mehrweg-Karton aus Plastik entwickelt. Doch wie nachhaltig ist diese Alternative wirklich?
Klar: Dinge, die man nur sehr kurze Zeit nutzt, bevor man sie wegwirft, sind nicht nachhaltig. Pizzakartons sind aber nicht nur fragwürdig, weil sie Einweg-Produkte sind. Laut Deutschlandfunk sind sie auch oft mit Schadstoffen belastet. Verschmutzte Pizzakartons dürfen nicht als Papiermüll recycelt, sondern müssen im Restmüll entsorgt und verbrannt werden.
Auch Hendrik Single störte sich an den unpraktischen Pizzakartons. Deshalb hat der 28-jährige aus Herford ein Mehrweg-System entwickelt: Seine achteckigen „Pizza-Bows“ aus grünem Hartplastik sollen Pappkartons ersetzen – und so den riesigen Müllberg vermeiden, den die Kartons bei Pizzabesteller:innen hinterlassen. Singles Werbeslogan lautet „Pizza ohne Papperlapapp“, Pizza also ohne Müll.
Mehrweg-Pizzakartons: Vorteile für Pizzerien und die Umwelt
Und so soll das Mehrweg-System für die Pizzabehälter funktionieren: Wenn die Pizza geliefert wird, können die Kund:innen die Pizza schnell in der Küche auf einen Teller legen. Die Lieferant:innen nehmen den Plastik-Karton wieder mit und können die nächste Lieferung darin transportieren. Nur das Papp-Tablett, auf dem die Pizza liegt, wandert in den Müll. Weil die Boxen höher sind als gängige Pizzakartons, kann man auch mehrere Pizzen darin stapeln. Sie werden durch weitere Papp-Einlagen voneinander getrennt.
Ein weiterer Vorteil der Mehrweg-Pizzakartons: Sie sollen Pizza-Bäcker:innen die Arbeit erleichtern, weil diese die Kartons dann nicht mehr von Hand falten müssen. Zudem sind die Boxen platzsparend. Ein Pizzadienst kommt in der Regel mit nur 50 Mehrweg-Kartons aus, so der Jung-Unternehmer gegenüber der „Neuen Westfälischen“. Und die Boxen lassen sich laut Single schnell reinigen: Oft reicht es, den Karton mit einem feuchten Tuch auszuwischen.
Einige Lieferdienste verwenden Pizza-Bows bereits
In Herford lieferten 2019 drei Lieferdienste mit Pizza Bows aus. Inzwischen sind sie schon im zweistelligen Bereich, auch in Köln sind die Mehrweg-Boxen im Einsatz. Doch auch wenn immer mehr Pizzerien Singles Produkt nutzen: Richtig etabliert haben sie sich noch nicht.
Pizzerien zeigen sich zwar interessiert, doch der Ausbau schreitet nur langsam voran. Auch Corona habe ihn ausgebremst, erklärt Single. Große Franchises konzentrieren sich im Marketing gerade vermehrt auf „kontaktlose Lieferungen“. Aktuell testet der Jung-Unternehmer größere Boxen, arbeitet an einem separaten Deckel für die Pizza Bows und kooperiert mit Vytal, einem Anbieter für digitale Mehrwegsysteme. Inzwischen verkauft er die Bows auch oft an Privatkund:innen, die damit Pizzen selbst bei der Pizzeria abholen können.
Pizzakartons aus Plastik: Kann das nachhaltig sein?
Single hat sich entschieden, seine Mehrweg-Kartons aus Hartplastik zu fertigen, da das Material besonders stabil, gut zu reinigen und „lebensmittelecht“ sei. Die Boxen bestehen aus dem Kunststoff Polypropylen, welcher in der Regel keine giftigen Weichmacher und wenig Zusatzstoffe wie Dioxine enthält. Aus dem Material werden auch z.B. Joghurtbecher, Strohhalme oder Kochbeutel gefertigt.
Allerdings basiert der Kunststoff auf dem fossilen Rohstoff Erdöl, der nur begrenzt vorhanden ist und dessen Reserven irgendwann ausgeschöpft sein werden. Erdöl wird zudem meist unter extrem umweltschädlichen Bedingungen gewonnen. Außerdem zerfällt das Plastik nicht wie organische Materialien, sondern bleibt über Jahrzehnte in der Umwelt und zerreibt sich u.a. in Mikroplastik. Ein weiterer Wermutstropfen: Ganz müllfrei ist auch das Mehrweg-System nicht. Die Papp-Tabletts landen nach einmaliger Verwendung auch im Müll – ob sie ins Altpapier können, dazu macht der Hersteller keine Angaben.
Die Boxen selbst sind aber recycelbar: Wenn die Mehrweg-Pizzakartons beschädigt werden, können die Pizzerien sie an Hendrik Single zurückschicken. Er fertigt zum Beispiel kleinere Teile aus ihnen, die für die Produktion benötigt werden.
Mehrweg-Optionen für Essen to Go
Nicht alle Lieferdienste bieten Mehrwegverpackungen an, aber die Idee ist auch nicht neu. Verschiedene Anbieter stellen wir zum Beispiel in diesem Artikel vor: Essen-to-go ohne Verpackungsmüll: Mehrwegboxen statt Einwegverpackung.
Bei Pizzarien ist die Mehrwegverpackung noch weniger verbreitet. Utopia-User:innen berichteten uns aber von lokalen Pizza-Lieferdiensten, die mit Edelstahlbehältern arbeiten. Unter anderem in Hamburg liefert zum Beispiel die Kette Smiley’s Pizzen in Mehrwegbehältern aus.
Utopia meint: Hendrick Single ist nicht der erste, der Mehrwegverpackungen für Pizzarien anbietet und seine Option ist vielleicht nicht die nachhaltigste auf dem Markt. Aber da das Angebot insgesamt noch recht klein ist, ist jede neue Lösung ein Schritt in die richtige Richtung.
Wenn du noch mehr Verpackung sparen willst, kannst du Pizza auch einfach selber machen.
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