Fleischfreie Schnitzel und vegetarische Wurst werden den Herstellern förmlich aus den Regalen gerissen. Doch genauer hinschauen lohnt: Öko-Test lässt kein gutes Haar an Fleischersatzprodukten, bemängelt Mineralölrückstände und legt die Herkunft wichtiger Zutaten offen.
Pflanzen-Wurst aus Soja oder Weizen, braun gebratene Hackbällchen aus Zwiebeln und Ei, Schnitzel ohne Tier in der Panade: Fleischersatzprodukte sind heute vielfältig wie nie und erfreuen sich wachsender Beliebtheit – wie auch unsere Umfrage zeigte. Also alles super?
Nein, sagt Öko-Test und begründet das in der aktuellen Ausgabe 6/2016 auch: Viele Produkte enthalten Mineralölrückstände, sind überwürzt und werben mit irreführenden Aufschriften auf der Packung.
Test Fleischersatzprodukte: die wichtigsten Fakten von Öko-Test
Öko-Test kaufte 22 fleischfreie Lebensmittel. Nur ein einziges Produkt im Test verdiente in den Augen des Magazins ein „gut“, knapp die Hälfte fällt „mangelhaft“ oder gar „ungenügend“ aus. Hier die 8 wichtigsten Fakten:
Bio ist besser, im Test leider nur ein bisschen
Bio ist prinzipiell besser, weil die landwirtschaftliche Produktion ökologischer ist. Bio ist auch gesünder. In solchen Fertigprodukten spiegelt sich beides aber nicht immer wider. Nur ein einziges (Bio-) Produkt erhielt die Bewertung „gut“ – das „Aldi Nord Gut Bio Soja-Schnitzel“. Aber: Konventionelle Fleischersatzprodukte schafften gar kein „gut“.
Drei weitere Bio-Produkte schafften immerhin ein „befriedigend“: „Purvegan Alberts Lupinenschnitzel“, „Alnatura Veggie Aufschnitt Paprika“ und „Tofutown Veggie Life Power Hacksteak“.
Beachte dazu auch unsere aktualisierten Bestenlisten zu vegetarischer Bratwurst, Schnitzel und Steaks.
Gentechnisch verändertes Soja kommt vor
Drei Produkte enthielten laut Öko-Test gentechnisch veränderte Soja-DNA, eines davon sogar ein Bio-Produkt (Taifun). In den Produkten von Lidl und Real konnte Öko-Test gleich zwei gentechnisch veränderte Sojasorten nachweisen.
Allerdings gelangt das GMO-Soja offenbar nicht willentlich in das Produkt. Stattdessen stammt das Gen-Soja in betroffenen Fällen aus Ländern wie den USA oder Kanada. Wegen des laxeren Umgangs mit Gentechnik ist dort offenbar die Verunreinigung von natürlichem Soja schwerer zu verhindern.
Die Herkunft ist überraschend regional
Öko-Test befragte die Anbieter nach den Herkunftsländern der enthaltenen Haupteiweißquellen. Ergebnis: Zwar kamen Tofu, Soja, Weizeneiweiß gerne auch mal aus China, aber viel häufiger aus EU-Ländern wie Frankreich und Österreich, aber auch Deutschland, Ungarn oder Italien.
Vor allem Discounter (Aldi Nord, Penny, Edeka, Lidl) kauften laut Test-Tabelle ihre Ware tendenziell eher in China und Nordamerika ein. Heirler („Wie Salami“) wollte keine Angaben zur Herkunft des Erbseneiweiß machen, auch beim Reformhaus-Produkt Eden („Vegetarische Fleischwurst“), Tofutown („Viana Veggiefresh Bratwurst mild“) und einigen anderen schwieg man dazu.
„Alberts Lupinenschnitzel“ punktet aus unserer Sicht mit Lupinen als regionaler Soja-Alternative und „Artland Vegetaria Nuggets“ mit Weizeneiweiß aus Deutschland. Regionaler geht es derzeit nicht.
Pflanzliche Schnitzel sind oft überwürzt
Utopia warnte im August 2015 vor zu viel Salz bei Veggie-Schnitzeln. Oft ist so viel Salz in den Produkten enthalten, dass man schnell die empfohlene Tagesdosis von 6 Gramm sprengt. Auch Öko-Test kritisierte zu viel Salz. Auch mahnte das Verbrauchermagazin enthaltenen Hefeextraxt an oder wenn ein Produkt wie „Like Meat Döner-Chunks“ mit dem Hinweis „Ohne Geschmacksverstärker“ warb, aber glutamathaltige Würze enthielt. Allerdings ist das zuweilen auch streitbar: So verteidigt zum Beispiel Wheaty hier lesenswert seine Produkte.
Fleischersatzprodukte sollten kein Functional Food sein
„Valess fleischfreie Filets“ warb mit hohem Calciumgehalt, wobei es sich um Calciumalginat (E404) handelt, das vor allem als Gelier- und Verdickungsmittel dient. Einigen Produkten ist Eisen, Zink, Vitamin B12 zugesetzt, wohl auch ein Gesundheitsversprechen mit anklingen zu lassen. Alles Unfug: Klüger ist, sich gesund und ausgewogen zu ernähren. Veganer, die Vitamin B12 zusätzlich einnehmen, kontrollieren besser selbst, wie sie das Vitamin dosieren.
Fleischersatzprodukte sind nicht fettarm
Vor allem Verbraucher haben zuweilen die Vorstellung, vegane oder pflanzliche Produkte würden zum Beispiel beim Abnehmen helfen. Doch beim Fett sind pflanzliche Produkte mit tierischen vergleichbar. Der Fettgehalt liegt typischerweise bei 10 bis 20 Gramm Fett pro 100 Gramm. Utopia rät: Achte auch darauf, ob zum Beispiel Palmfett verwendet wird und bevorzuge das Produkt ohne Palmöl.
Plastikverpackungen machen Probleme
Öko-Test wies in etlichen Produkten problematische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) nach. Nur in sechs Produkten maß Öko-Test keine erhöhten Werte. Schuld an erhöhten Werten ist mit einiger Wahrscheinlichkeit das Plastik der Verpackung, das unerwünschte Stoffe in Lebensmittel abgeben kann.
Auch ohne MOSH ist Verpackungsplastik aus Utopia-Sicht ein Problem, weil es per se unnachhaltig ist. Die Schuld darf man aber nicht einfach dem Hersteller in die Schuhe schieben: Es sind die Vorschriften im Lebensmitteleinzelhandel, welche die Plastikpackungen erzwingen. Anders als bei Fleisch gibt es (noch) kaum Frischetheken für Fleischersatzprodukte – vorbildlich sind hier Edekas Vegitheken. Hier darf man aber für die kommenden Jahre eine Trendwende erhoffen.
Der Geschmack ist in Ordnung
Öko-Test ließ die Fleischersatzprodukte von sensorischen Testern blind prüfen: Sie waren weicher als echtes Fleisch, schmeckten aber nicht schlecht – jedenfalls gab es keine ausdrücklichen sensorischen Mängel. Auch unser eigener Test Veggie-Schnitzel zeigte: In Sachen Geschmack können Fleischersatzprodukte heute gut mithalten.
Fleischersatzprodukte: die Utopia-Empfehlung
Utopia rät bei Fleischersatzprodukten:
- Genieße in Maßen: Fleischersatzprodukte sollten eine gelegentliche Ergänzung sein. Auch pflanzliche Aufstriche aus Hülsenfrüchten wie Kichererbsen helfen, vegetarischen Eiweißbedarf zu decken.
- Bevorzuge Bio-Produkte: Sie sind eindeutig gekennzeichnet und stehen für eine ökologischere, also umweltfreundlichere Produktion der Zutaten. Sie sind auch bei preiswerten Produkten zu finden, etwa bei Aldi Süd und Nord.
- Achte bei Produkten mit Ei auf die Herkunft: Nur bei Bio-Produkten ist auch Bio-Ei enthalten. Achte bei konventionellen Produkten auf Eier aus „Freilandhaltung“. „Bodenhaltung“ ist ein No-Go.
- Achte auf den Salzgehalt: Mehr als 2 Gramm pro 100 Gramm sollten es nicht sein, sonst erreicht man zu schnell das Tageslimit von 6 Gramm Salz.
- Achte auf die Herkunft: Manche Hersteller geben (zumindest auf Webseiten) an, woher wichtige Zutaten stammen. Beispielhaft sind Lupinen aus Deutschland.
Dinge, die geändert werden müssen: Plastikverpackungen bleiben ein Problem, hier müssen endlich Alternativen gefunden oder pflanzliche Frischetheken etabliert werden. Und die Angabe der regionalen Herkunft ist bei Lebensmitteln derzeit keine Pflicht – hier sollte der Gesetzgeber tätig werden.
Den Test der Fleischersatzprodukte findest du in Öko-Test Ausgabe 6/2016, die seit heute zu haben ist. Weitere Themen im Heft: Kesselchips, Kinderdrinks, Elektrotacker, Kompakt-Deos, Mittel gegen Reisekrankheiten.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Fleischersatz: die vegetarischen Alternativen
- Ratgeber: vegetarische und vegane Schnitzel
- Vegane Wurst – muß das sein?
- Umfrage Veggie-Fleisch: 4 von 5 haben schon probiert
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