„Klimaneutral“ hier, „Netto-Null“ dort – Unternehmen versprechen, ihre CO2-Emissionen zu senken und das Klima zu schützen. Doch Expert:innen kritisieren, dass dies oft nicht sehr glaubwürdig sei.
Es gibt klimaneutrale Kaffeesorten, To-go-Becher und WC-Reiniger. Sogar ganze Unternehmen geben an, klimaneutral zu sein. Das bedeutet, dass der CO2-Ausstoß um 100 Prozent kompensiert wird, beziehungsweise, dass ein Produkt die Menge an schädlichen Klimagasen in der Atmosphäre insgesamt nicht erhöht. Das NewClimate Institute in Bonn untersucht jährlich die Klimaschutz-Versprechen der weltweit größten Unternehmen.
Im Corporate Climate Responsibility Monitor 2022 kritisiert das Institut in Zusammenarbeit mit Carbon Market Watch 25 Unternehmen, deren Klimaschutzpläne nicht ausreichen, um sich die Label „Netto-Null“ oder „klimaneutral“ zu geben. Zu den untersuchten Unternehmen gehören Apple, Ikea, Google, Nestlé, Deutsche Post DHL, VW, BMW und Amazon.
Klimaneutral oder nicht? Das sind die besten und schlechtesten Unternehmen
In den Untersuchungen schnitt der dänische Logistikkonzern Maersk am besten ab. Die weltweit größte Reederei kündigte im Januar 2022 an, bis 2040 in seiner gesamten Wertschöpfungskette keine Emissionen mehr zu verursachen. Hinter Maersk folgen Apple, Sony und Vodafone. Apples Maßnahmen zur Emissionsreduzierung seien recht umfassend. Die Ziele zur Kohlenstoffneutralität jedoch irreführend.
Sony prüft alle fünf Jahre die Unternehmensstrategie. Laut der Studie legt das Unternehmen die Emissionen transparent offen, muss aber innovativere Maßnahmen ergreifen, um die Emissionen bei der Produktnutzung zu reduzieren.
Am schlechtesten schnitten die Unternehmen Carrefour, JBS, Nestlé und Saint-Gobain ab. Die Unternehmen haben laut Untersuchung teils oberflächliche Strategien und widersprüchliche Ziele. Der Fleischverarbeiter JBS mit Hauptsitz in Brasilien übernimmt schätzungsweise für 97 Prozent seiner ausgeschütteten CO2-Emissionen keine Verantwortung.
Im mittleren Bereich findet sich Ikea wieder. Der Möbelgigant räumt gegenüber tagesschau.de ein, er begrüße die Kritik: „Obwohl sich IKEA dem Klimaschutz verschrieben hat und bereits viel erreicht hat, wie zum Beispiel den Trend zu brechen, indem wir unsere absoluten Treibhausgasemissionen gesenkt und gleichzeitig das Unternehmenswachstum gesteigert haben, haben wir noch viel zu tun.“
„Vage Zielvorgaben könnten schlimmer sein als nichts zu tun“
Der Experte Gilles Dufrasne von Carbon Market Watch pocht auf strengere Regeln. „Wir brauchen Regierungen und Regulierungsbehörden, die diesem Greenwashing-Trend ein Ende setzen“, sagte er gegenüber der Deutschen Presseagentur. Vage Zielvorgaben könnten schlimmer sein als nichts zu tun, wenn sie die Öffentlichkeit in die Irre führten.
Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres Ende November gefordert, dass jedes Land, jede Stadt, jede Firma und jede Finanzinstitution „radikal, glaubwürdig und nachvollziehbar“ ihre Emissionen runterfahren und ihre Portfolios entsprechend bereinigen müsse – „und zwar ab jetzt“. Anders sei das gemeinsame Ziel nicht zu erreichen, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Utopia meint: Einige der Unternehmen versuchen, das „Netto-Null“-Ziel mit Kompensationen zu erreichen. Jedoch kann das nicht die absolute Lösung sein. Es braucht Technologien und Maßnahmen, durch die erst gar keine bzw. deutlich weniger Emissionen ausgestoßen werden. Daher ist die Vermeidung von CO2 besser als Kompensation.
Dennoch sollte das Problem der Treibhausgase nicht ignoriert werden. Es wäre wünschenswert, wenn große Konzerne ihr Geld und ihren Einfluss gewissenhaft nutzen würden, um die Entwicklung in eine „klimaneutrale“ Richtung voranzutreiben.
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