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1,5-Grad-Ziel: Wann ist diese Grenze erreicht?

1,5 Grad Ziel
Foto: CC0/pixabay/geralt

Mit dem 1,5-Grad-Ziel ließen sich die fatalen Folgen der Erderwärmung noch abmildern. Aber wie realistisch ist es, dieses Ziel rechtzeitig zu erreichen? Was die Forschung dazu sagt, liest du hier.

Am 1,5-Grad-Ziel müssen sich Staaten und Gesellschaft in ihrem Erfolg messen lassen, den Klimawandel noch in den Griff zu bekommen. Der Wert bedeutet, dass die durchschnittlichen Temperaturen auf der Erde nicht um mehr als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ansteigen dürfen. Das Alfred-Wegner-Institut (AWI) weist darauf hin, dass durch diese Eingrenzung Mensch und Ökosysteme mehr Spielraum erhalten, sich an den Temperaturanstieg und die damit verbundenen Veränderungen anzupassen.

Das Ziel geht zurück auf das Pariser Klimaabkommen von 2015. Die Staatengemeinschaft beschloss dort im internationalen Klimaschutzabkommen, den Klimawandel zu begrenzen. Das Bundesministerium für Wirtschaft erläutert, dass die Staaten damit eine gemeinsame Grundlage schufen, um die Erderwärmung zu verlangsamen.

Das 1,5-Grad-Ziel selbst wurde laut AWI erst 2018 beschlossen. Damit konkretisierten die internationalen Entscheidungsträger:innen die ursprüngliche Formulierung. Anfangs war es das Ziel der Staaten gewesen, „die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu drücken“.

Die kleine Differenz zwischen 1,5 Grad Celsius und „unter zwei Grad Celsius“ kann einen riesigen Unterschied für die Umwelt bedeuten. Das Alfred-Wegner-Institut erläutert, dass beispielsweise Korallenriffe so eine bessere Überlebenschance hätten. Durch Erreichen des 1,5-Grad-Ziels nimmt auch die Wahrscheinlichkeit ab, dass der arktische Ozean im Sommer eisfrei sein könnte.

Wie das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen ist

Wälder speichern Kohlenstoff und helfen so, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Wälder speichern Kohlenstoff und helfen so, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
(Foto: CC0/pixabay/Pexels)

Der Schlüssel, um katastrophale Klimaentwicklungen zu verhindern, sind die Treibhausgase. Ein Großteil der Treibhausgasemissionen geht auf das Konto des Menschen. Expert:innen sprechen daher vom menschengemachten beziehungsweise anthropogenen Klimawandel. Den immensen Energiebedarf von Industrie, Transportwesen oder privaten Haushalte decken seit der Industrialisierung vor rund 200 Jahren hauptsächlich fossile Brennstoffe. Die Verbrennung von Kohle, Erdöl oder Erdgas erzeugt Energie, aber setzt dabei das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) frei. Zusammen mit anderen Treibhausgasen sammelt es sich in der Atmosphäre und bewirkt den Treibhauseffekt, der die Erde aufheizt.

Das AWl rechnet vor, was zu tun ist, um das globale 1,5-Grad-Ziel zu erreichen:

  • Bis 2030 müssen die weltweiten CO2-Emissionen gegenüber dem Stand von 2010 um mindestens 35 Prozent sinken.
  • Bis 2050 muss die Netto-Null (oder Net Zero) erreicht sein. Das bedeutet, dass alle menschlichen Emissionen, die sich nicht einsparen lassen, auszugleichen sind. Das kann durch natürliche Kohlenstoffspeicher wie Wälder, Moore oder Ozeane erfolgen. Die Helmholtz-Klima-Initiative berichtet noch von anderen Möglichkeiten. Wissenschaftler:innen untersuchen zusätzliche technische Lösungen, um das CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.  

In Deutschland wie auch in anderen Staaten ist das Konzept Netto Null gesetzlich verankert. Mit der aktuellen Fassung des Klimaschutzgesetzes vom 2021 heißt das deutsche Ziel: Klimaneutralität bis 2045.

Ist das 1,5-Grad-Ziel noch zu schaffen?

Auch mit dem 1,5-Grad-Ziel schmilzt das Eis der Polarregion.
Auch mit dem 1,5-Grad-Ziel schmilzt das Eis der Polarregion.
(Foto: CC0/pixabay/12019)

Institutionen wie der Weltklimarat IPCC oder die Vereinten Nationen untersuchen regelmäßig die Entwicklung des 1,5-Grad-Ziels. Ihre aktuellen Bestandsaufnahmen bescheinigen, dass der Weg zur Klimaneutralität noch weit ist. Das 1,5-Grad-Ziel könnte dagegen schon bald überschritten sein.

Der UN-Generalsekretär Antonio Guterres stellte im September 2021 einen UN-Bericht vor, der eine Einschätzung abgibt, wie realistisch das 1,5-Grad-Ziel derzeit ist. Der Bericht zeigt laut Guterres, wie weit wir von den Pariser Zielen entfernt sind. Durch den Bericht alarmiert, rief er zu einem sofortigen Umdenken auf. Auch der sechste Sachstandsbericht des IPCC mit Stand Oktober 2021 zeichnet ein düsteres Bild.

Die Grenze von 1,5 Grad wird wohl noch im 21. Jahrhundert erreicht.

Bis Mitte des Jahrhunderts wird die Temperatur weiter ansteigen. Die Szenarien deuten darauf hin, dass der Temperaturanstieg noch in diesem Jahrhundert die Grenze von 1,5 Grad Celsius oder auch von zwei Grad Celsius überschreitet. Nur sofortige und drastische Maßnahmen könnten dies noch verhindern.

In den letzten paar Jahren hat sich schon einiges verändert.

  • Die vom Menschen verursachten Klimaveränderungen sind schon sichtbar. Zahlreiche Extremereignisse sind schneller eingetreten. Das sind zum Beispiel Überschwemmungen, Hitzewellen, Wirbelstürme oder Dürren. 
  • Das Ausmaß der jüngsten Veränderungen ist beispiellos. Ähnliche Entwicklungen gab es in den letzten Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden nicht.

Einige Veränderungen der Umwelt bleiben.

  • Einige Veränderungen sind aller Wahrscheinlichkeit schon jetzt unumkehrbar, wie die Eisschilde, die weiter schmelzen oder der Anstieg des Meeresspiegels.
  • Dagegen bewerten die Expert:innen beispielsweise die abrupte Veränderung der Ozeanzirkulation als weniger wahrscheinlich – aber trotzdem durchaus möglich.

Was ist zu tun?

Der IPCC weist darauf hin, dass an Netto Null für die Menschheit kein Weg vorbeiführt. Zusätzlich müssen auch noch die Emissionswerte anderer Treibhausgase wie Methan (CH4) stark sinken. Dadurch ließe sich der Erwärmungseffekt noch begrenzen, so die Einschätzung des IPCC.

Was, wenn das 1,5 Grad Ziel kippt?

Das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels könnte einige Korallenriffe retten.
Das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels könnte einige Korallenriffe retten.
(Foto: CC0/pixabay/joakant)

Die Klimaforscher warnen, dass jedes zusätzliche Grad über der 1,5-Grad-Grenze das Risiko erhöht. Es können unwiderrufliche Veränderungen eintreten. Beispielsweise könnte das Grönlandeis abschmelzen.

Die Helmholtz-Klima-Initiative erklärt, dass die Eisschicht in Grönland kilometerdick ist. Die kühleren Temperaturen in dieser Höhenlage schützen das Eis zusätzlich vor Erwärmung. Würden diese Eismassen tatsächlich schmelzen, bräuchte es auf der Erde im Mittel vier Grad Celsius weniger, damit das Eis wieder den derzeitigen massiven Zustand erreichen könnte.

Das Grönlandeis gilt daher als Kippelement. Der Begriff bezeichnet Ereignisse, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen, sobald sie einmal eingetreten sind. Andere Kippelemente sind zum Beispiel die Vernichtung des Amazonas-Regenwaldes oder das Absterben der Korallenriffe.

Daneben gibt es auch Kippelemente, die das Potenzial haben, den Klimawandel noch zu verstärken. Eines ist zum Beispiel der Permafrostboden. Taut er einmal auf, tritt das gebundene Methan aus. Das Treibhausgas entweicht in die Atmosphäre und verstärkt die Erderwärmung.

Das kannst du zum 1,5-Grad-Ziel beitragen

Erneuerbare Energien unterstützen das 1,5-Grad-Ziel.
Erneuerbare Energien unterstützen das 1,5-Grad-Ziel.
(Foto: CC0/pixabay/ulleo)

Die Forderung zum sofortigen Umdenken betrifft nicht nur Politik und Wirtschaft, sondern auch jeden einzelnen Menschen. Eine Studie der Universität Hamburg untersuchte, inwieweit soziale Faktoren bereits auf das globale 1,5-Grad-Ziel ausgerichtet sind.

  • In die falsche Richtung weisen laut der Studie die allgemeinen Konsumgewohnheiten. Ebenso mangelt es in Unternehmen noch an Verantwortungsbewusstsein für den Klimaschutz.
  • Das 1,5-Grad-Ziel unterstützen dagegen die Aktivitäten internationaler Organisationen wie der UN oder staatliche Gesetzgebungen und Regulierungen. Die Studie wertete auch die Divestment-Bewegung in der Finanzwirtschaft als positives Zeichen. Dabei ziehen meist nachhaltige Wertpapierfonds ihre Gelder systematisch aus Industrien ab, die mit fossilen Brennstoffen Geld verdienen. Sie investieren stattdessen in grüne Technologien, die den Klimaschutz voranbringen.

Mit deinem eigenen Konsumverhalten kannst du bereits einen Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel leisten. Folgendes kannst du im Alltag beispielsweise zum Klimaschutz beitragen:

  • Weniger kaufen: Es muss nicht immer etwas Neues sein. Statt zu kaufen, kannst du deine gebrauchten Sachen vielleicht reparieren lassen oder du beispielsweise Werkzeug von Nachbar:innen leihen. Auch gebrauchte Second-Hand-Produkte sind eine Möglichkeit, Ressourcen zu sparen. Bei einem Neukauf kannst du auf klimaneutrale Produkte achten.
  • Du kannst deinen CO2-Fußabdruck minimieren.
  • Hilf mit, Strom zu sparen: Schalte den Stand-by-Modus an deinen Geräten aus, zum Beispiel an der Mikrowelle. Achte auf energieeffiziente Elektrogeräte. Denke daran, regelmäßig deine E-Mails zu löschen, denn jede gespeicherte Nachricht verbraucht zusätzlich Strom und kann dadurch das Klima durch Treibhausgase belasten.
  • Wechsle zu einem Ökostromanbieter: Unser Vergleich der wichtigsten Ökostrom-Label hilft dir bei der Orientierung.
  • Das Auto stehen lassen: Für kurze Wege, zum Beispiel unter drei Kilometern, nimm das Rad oder geh die Strecke zu Fuß.
  • Nachhaltige Geldanlage: Lege dein Geld in grünen Fonds an, die eine Divestment-Strategie haben. Eine ethische Bank kann dich bei der klimafreundlichen Geldanlage beraten. 

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