Man darf davon ausgehen, dass die Corona-Lockdowns des vergangenen Jahrs Online-Shops viel Kundschaft beschert haben. Ende 2020 ermittelte das Umweltbundesamt (UBA), wie die Klimabilanz von Onlineshopping im Vergleich zum Einkauf im Laden aussieht. Eine neuere Studie kommt im April 2021 zu einem noch klareren Ergebnis.
Das Ergebnis der UBA-Studie beim Vergleich Onlineshopping oder Einkauf im Geschäft: Vor allem, was wir kaufen entscheidet über die Klimabilanz – und weniger, wo wir es kaufen. Bis zu drei Viertel der Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus eines Produkts entstehen nämlich bereits bei der Herstellung. Der Anteil von Handel und Transport an den Gesamtemissionen macht dagegen nur etwa zwischen einem und zehn Prozent aus.
Das dürfte das Gewissen vieler Online-Käufer:innen beruhigen. Eine neue Analyse zweier Unternehmensberatungen (Oliver Wyman und Logistics Advisory Experts GmbH) vom April 2021, aus der das Handelsblatt zitiert, bestätigt das noch. Sie kommt zu dem Schluss, die Klimabilanz des Onlinehandels sei besser als die des stationären Handels. Demnach soll der berechnete CO2-Ausstoß beim stationären Handel pro verkauftem Produkt durchschnittlich um den Faktor 2,3 höher liegen als im Onlinehandel.
„Die größte Stellschraube für den ökologischen Einkauf sind langlebige Produkte“
UBA-Präsident Dirk Messner sagt zu den Ergebnissen seiner Studie:
„Ob wir online oder im Geschäft einkaufen, ist nicht so entscheidend für unsere Klimabilanz. Die größte Stellschraube für den ökologischen Einkauf sind langlebige Produkte, die umweltfreundlich hergestellt sind. Bestenfalls bekomme ich diese auch im Geschäft um die Ecke, das ich mit dem Fahrrad oder zu Fuß gut erreichen kann.“
Ein wesentlicher Faktor für die Treibhausgasemissionen ist demnach der Weg zum Einkauf im Unterschied zur Lieferung des Produkts. Ein Beispiel: Eine Einkaufsfahrt von fünf Kilometern mit dem Auto verursacht 600 bis 1100 Gramm CO2. Die selbe Fahrt mit dem Fahrrad erzeugt gar keine CO2-Emissionen. Für eine Lieferung aus dem Onlineshop fallen durchschnittlich zwischen 200 und 400 Gramm CO2 an.
Das UBA erklärt, dass der niedrigere CO2-Ausstoß der Lieferdienste unter anderem an der besseren Auslastung der Fahrzeuge, der effizienten Gestaltung der Lieferrouten und dem zunehmenden Einsatz von Elektrofahrzeugen liegt.
Die neuere Studie der Unternehmensberatungen legt ebenfalls nahe, dass der Weg der Kund:innen zum Einkauf einen großen Einfluss hat – aber auch die Beheizung und Beleuchtung der Filialen im stationären Handel. Die Untersuchung von Oliver Wyman und Logistics Advisory Experts wurde von Amazon in Auftrag gegeben, soll aber nach Angaben der Autor:innen unabhängig durchgeführt worden sein.
Das könnten stationärer und Online-Handel besser machen
Die Schlussfolgerung, die man aus beiden Untersuchungen ziehen kann: Im stationären Handel können Läden ihre Klimabilanz vor allem verbessern, indem sie ihren Energieverbrauch reduzieren; Kund:innen indem sie umweltfreundliche(re) Verkehrsmittel für den Einkauf nutzen.
Der Online-Handel dagegen müsste, um noch umweltfreundlicher zu werden, weniger Verpackungsmüll produzieren – etwa durch weniger unnötige Umverpackungen und das Nutzen von Mehrwegverpackungen. So könnten der UBA-Studie zufolge jährlich bis zu 370.000 Tonnen Verpackungsabfall (45 Prozent) eingespart werden.
Das UBA nennt außerdem den Lieferabschnitt bis zur Haustür („letzte Meile“) als „umweltbelastenden Faktor“. Hier würde die Umweltbilanz verbessert, wenn statt Lieferwagen mit Verbrennungsmotor noch mehr Elektrofahrzeuge oder Fahrräder zum Einsatz kämen. Statt direkt an die Haustür an Packstationen zu liefern, könnte ebenfalls für weniger Emissionen sorgen.
In einer weiteren Studie kritisiert das UBA außerdem, dass Produktinformationen zu Umweltsiegeln, Herstellergarantie, Produkt-Lebensdauer, Reparierbarkeit und Update-Verfügbarkeit in Onlineshops nicht ausreichen, um informierte Kaufentscheidungen zu ermöglichen.
Fazit: Was Verbraucher:innen tun können
Vor allem können wir unsere Umweltbilanz verbessern, wenn wir umweltverträgliche, möglichst langlebige Produkte kaufen. Dass das Produkt selbst laut UBA den größten Klima-Impact hat, dürfte für viele Online-Shopper:innen eine Erleichterung sein. Aber:
Erstens spielt das Verkehrsmittel, das man zum Einkauf verwendet, eine große Rolle. Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad einkaufen kann, spart in jedem Fall Emissionen.
Zweitens sollten wir beim Online-Kauf immer unnötige Retouren vermeiden und wenn möglich verpackungsarmen Versand bevorzugen – oder danach fragen.
Drittens: Wo wir einkaufen, hat auch eine gesellschaftlich-soziale Dimension. Tote Innenstädte will (nach Corona) niemand.
Viertens: „Es muss nicht immer der Neukauf sein. Oft sind gute gebrauchte Geräte oder eine Leihe oder Miete eine gute Alternative – vor allem bei Produkten, die man ohnehin selten nutzt wie Bohrmaschine, Rasenmäher oder Heckenschere. Auch die Reparatur scheinbar defekter Haushaltsgeräte kann den Neukauf oft vermeiden“, so UBA-Präsident Messner.
Fünftens: Online und Offline sollte man als verantwortungsvolle:r Verbraucher:in darauf achten, wen man mit seinem Geld unterstützt – und im Zweifel ökologisch und/oder sozial ausgerichtete, regionale Shops gegenüber internationalen Konzernen mit unübersichtlichen Lieferketten bevorzugen.
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