Würden Autofahrer auch zuhause ihr Verhalten überdenken und verändern, können sie 10.000 Kilometer umsonst fahren. Wie das geht? Hier ein Rechenbeispiel – und ein spannender Gedankenanstoss von Utopia-Gastautor Prof. Dr. Rainer Grießhammer.
Beim Tanken ärgern sich viele über die hohen Benzinkosten. Ist das Benzin an irgendeiner Tankstelle ein paar Cent billiger, wird kein Aufwand gescheut, dorthin zu fahren. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Kosten an der Zapfsäule direkt ausgewiesen werden und hochrattern.
Auch über die hohen Preise von Haushaltsstrom beklagen sich viele, aber sie versuchen nicht ernsthaft, Strom zu sparen. Der wesentliche Grund hierfür ist, dass der Stromzähler irgendwo im Keller ist und die Stromrechnung zeitversetzt kommt und meist in der Größenordnung der Vorauszahlungen. Hinzu kommt, dass der Gesamtstromverbrauch durch die Nutzung mehrerer Dutzend Geräte zustande kommt und es keine direkte Rückmeldung gibt, wenn man ein effizienteres Gerät kauft oder sonstwie Strom spart.
Und damit zur Beispielrechnung: Bei einem Zwei-Personen-Durchschnittshaushalt liegen die jährlichen Kosten für Benzin oder Diesel und die für Strom in der gleichen Größenordnung – jeweils bei rund 1.000 Euro. Kann man da auch gleichermaßen sparen?
Beim Auto nur bedingt. Dort kann man bei gleicher Fahrtstrecke den Verbrauch und damit die Treibstoffkosten um die 20 Prozent senken – durch moderates Fahren und 120 bis 130 km/h auf der Autobahn. Mit einem Neuwagen natürlich noch mehr, aber die Autos haben ja eine lange Lebensdauer.
Der wirksame Hebel ist also der Strom.
Stromverbrauch reduzieren …
Den Stromverbrauch kann man im Vergleich deutlicher und schneller reduzieren. Denn viele Haushalte haben oft noch Dutzende konventioneller Lampen (oft noch viel Halogen an der Decke) mit typischem Gesamtverbrauch von 300 bis 500 kWh/Jahr. Auch stehen in vielen Haushalten diverse alte Geräte mit hohen Stand-by-Leistungen (Festplattenrekorder: 30W, alte Lieblingsstereoanlage: 20W, Faxgerät: 15W usw.). Dazu gesellen sich vermehrt Geräte, die bestimmungsgemäß in einem Netzwerk funktionieren und daher einen sogenannten Network-Stand-by von 6 Watt haben (dürfen), bei Geräten mit hoher Netzwerkverfügbarkeit (z. B. Router, VoIP-Telefon oder Videotelefon) sogar 12 Watt.
Ergo:
- Mit LED-Lampen allein könnte man rund 80% sparen – also schon allein hier rund 240 bis 480 kWh. Und für viele Haushalte gehen Quellen von einem (verschwendeten) Stand-by-Verbrauch von jährlich etwa 400 bis 500 kWh aus.
- Durch Einschrauben von LED und durch die gezielte Reduktion von unnötigem Standby mit Steckerleisten und Zeitschaltuhren kann ein Durchschnittshaushalt seinen Stromverbrauch also von rund 3.400 kWh locker um 500 kWh reduzieren.
- Und wenn man dann noch ausgediente Haushaltsgeräte im Laufe der Jahre durch effiziente Neugeräte in der gleichen Größe ersetzt, sinkt der Verbrauch auf die Hälfte (1700 kWh)– und das bei gleichem Komfort und geringerer Gesamtkosten.
… und beim Auto umsteigen auf e
Viele Verbraucher nutzen dieses Potential leider nicht aus, eben weil wie oben beschrieben die Anreize fehlen.
Aber: Mit dem Kauf eines Elektroautos könnte sich das schnell ändern. Denn mit den eingesparten 1.700 kWh Strom könnte ein Elektrokompaktwagen (z. B. der E-Golf oder ein Renault Zoe) rund 10.000 km weit fahren (bei angenommenen 17 kWh pro 100 km)!
Diese Beispielrechnung führt erneut vor Augen, dass wir uns auf der einen Seite über die falschen Dinge beklagen (hohe Preise für Benzin, Sprit) und auf der anderen Seite einfach nicht die vorhandenen Potentiale nutzen, die uns wirklich helfen würden, Geld zu sparen.
Fairerweise sei dazu gesagt: Nur ein sparsames E-Auto verbraucht 17 kWh, siehe etwa ADAC; aber es ist eben auch nicht nachhaltig, dicke SUVs zu fahren – auch elektrisch nicht. Und natürlich ist es nicht sinnvoll, noch gut funktionierende Elektrogeräte durch energiesparende Neugeräte zu ersetzen und es wird auch nicht jeder Haushalt gleichermaßen Stromsparpotential aufweisen. Und doch macht die Beispielrechnung einfach klar: Wir könnten enorme Potentiale nutzen, wenn wir insgesamt klüger haushalten!
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Prof. Dr. Rainer Grießhammer war langjähriger Geschäftsführer des Öko-Instituts. Er ist Honorarprofessor an der Universität Freiburg und Bestsellerautor. Der promovierte Chemiker ist Träger des Deutschen Umweltpreises und wurde unlängst mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Bereits früh warnte Grießhammer vor dem Klimawandel und forderte in Büchern eine engagierte Klimaschutzpolitik und nachhaltigen Konsum: mit den Bestsellern „Der Öko-Knigge“, „Der Ökokoch“, „Ozonloch und Treibhauseffekt“ (1989) und „Der Klimaknigge“ (2007).
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