Alpenmilch steckt in vielen Produkten: Schokolade von Milka und Ritter Sport, Margarine von Rama und natürlich in zahlreichen Milchprodukten sowie Frischmilch und H-Milch. Doch kommt diese Alpenmilch wirklich aus den Alpen?
In TV-Spots werben Schokoladen-Hersteller und Milchproduzenten für ihre Alpenmilch-Produkte gerne mit glücklichen Kühen auf saftig-grünen Bergwiesen, vor einem atemberaubenden Alpen-Panorama. Viel Natur, scheinbar unbegrenztes Weideland und immer frisches Gras – der scheinbar absolute Kontrast zur hochindustrialisierten Milchwirtschaft. Doch kann das überhaupt sein? Wir erklären, was hinter dem Begriff „Alpenmilch“ steckt, was er mit den Alpen zu tun hat und welche Kriterien er erfüllen muss.
Alpenmilch: Viel Kopfkino, wenig Alpen
Alpenmilch klingt nach regionaler Milch, doch wo genau kommt sie her? Das Problem: Die Bezeichnung Alpenmilch ist nicht geschützt, sondern in erster Linie ein Werbebegriff. Er soll die Milch als etwas Besonderes anpreisen.
Das führt gleich zum nächsten Problem: Was ist an der Alpenmilch denn besonders? Verbraucher*innen haben hier keine verlässlichen Kriterien, da der Begriff weit ausgelegt wird. Für einige Hersteller genügt es, wenn der Stall der Kühe irgendwo südlich der Donau steht, andere Hersteller haben strengere Vorstellungen von Alpenmilch. In Bezug auf Tierwohl und Futter trifft die Bezeichnung Alpenmilch keine Aussage – anders als Bio-Siegel.
Wie inflationär der Begriff Alpenmilch verwendet wird, zeigen Berechnungen des bayrischen Landwirtschaftsministeriums: Vier bis fünf Prozent der Milch in Bayern stammt aus den Alpen, bis zu 20 Prozent sind es, wenn man das Alpenvorland mit einbezieht (BR). Zählen wir jeden voralpinen Hügel mit dazu, ist sogar jede dritte Milch eine Alpenmilch. Etwas Besonderes ist die Alpenmilch dann kaum noch. Strenger sind Begriffe wie „Bergbauernmilch“ und „Heumilch“, da sie sich nach EU-weiten Kriterien richten müssen.
Was bringt Alpenmilch wirklich?
Dass Alpenmilch als Werbebegriff inflationär missbraucht wird, ist schade. Eigentlich ist die Vorstellung von Kühen auf grüner Weide mit frischem Gras erstrebenswert, denn das Futter der Tiere wirkt sich auf die Qualität der Milch aus:
- Wenn Kühe viel Gras und Kräuter fressen, enthält ihre Milch besonders viele einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Sie sind von großer Bedeutung bei der Ernährung und für unsere Gesundheit. Durch Grünfutter erhöht sich der Anteil der Omega-3-Fettsäuren und Linolsäuren in der Milch und auch das Verhältnis von Omega-3-Fettsäuren zu Omega-6-Fettsäuren verbessert sich laut dem BR.
- Dies betrifft allerdings nicht nur Milch von Kühen auf Bergwiesen, sondern auch auf Wiesen im Flachland. Der Anteil an Grünfutter macht den Unterschied – unabhängig vom Standort. Sonst bekommen die Kühe Kraftfutter (Getreide/Mais), das diese Vorteile nicht mitbringt.
Wo kommt Alpenmilch wirklich her?
Da Alpenmilch keine geschützte Bezeichnung ist, genügt der Begriff auch nicht als durchgängiges Qualitätsmerkmal. Das ist bedauerlich für jene Betriebe, deren Kühe tatsächlich viele Monate in den Alpen oder im Alpenvorland weiden.
Greenpeace hat die Milch einiger Hersteller getestet und wirft bestimmten Unternehmen eine Täuschung der Verbraucher*innen vor: „Wir konnten in der Studie nachweisen, dass Bärenmarke-Milch und auch die Alpenmilch der Molkerei Weihenstephan mit viel mehr Mais und Kraftfutter erzeugt wurde, als das bei Milch aus den Alpen oder dem Allgäu eigentlich üblich ist“, so Greenpeace. Inzwischen verzichtet Weihenstephan auf die Bezeichnung Alpenmilch, da aufgrund der hohen Nachfrage auch Milch aus anderen Regionen verwendet werde, schreibt ein Branchenmagazin.
Wie wenig der Begriff „Alpenmilch“ über die Futterqualität aussagt, zeigt auch das Beispiel Bärenmarke. Die Kühe für die Alpenmilch von Bärenmarke sollen gentechnisch verändertes Futter erhalten (NDR).
Gute Milch und gute Alpenmilch finden
Wer im Süden von Bayern wohnt und regionale Produkte kaufen will, ist mit Alpenmilch tatsächlich oft gut bedient. Die Verbraucherzentrale Bayern hat festgestellt, dass hier die Bezeichnung „Alpenmilch“ meistens zutreffend ist. Was aber meist nicht zutrifft, ist das idyllische Bild von Kühen auf saftigen Wiesen in den Bergen. Denn nur weil ein Landwirt seinen Stall im Alpenvorland hat, müssen die Tiere noch lange nicht viel Auslauf und Weidefläche haben.
Sinnvoller sind Bio-Siegel, die genaue Vorgaben zur Weidefläche und dem Mindestzeitraum auf der Weide machen. Auch Heumilch und Bergbauernmilch sind geschützte Bezeichnungen, die etwas über die Qualität aussagen. Daher kann Alpenmilch tatsächlich empfehlenswert sein, wenn sie ein Bio-Siegel trägt und aus der Region kommt. Der Code auf der Milchpackung verrät es.
Wer in Norddeutschland wohnt, ist dort mir einer regionalen Bio-Milch oder Bio-Weidemilch / Bio-Heumilch besser bedient. Denn ob die Kühe viel Weidefläche und Grünfutter im Norden oder im Süden von Deutschland haben, ist in Bezug auf die Qualität egal. Nicht egal ist aber, ob die Milch von Bayern durch halb Deutschland in den Norden gefahren wird und so für unnötige CO2-Emissionen sorgt. Gute und regionale Milch sind daher sinnvoller als die Werbebilder von Alpenmilch, die nicht zwangsläufig etwas mit der glücklichen Kuh mitten in den Alpen zu tun haben müssen.
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