Bequemer, stilvoller Genuss? Marktführer Nespresso macht Profit mit teuren Kaffeekapseln, für die Umwelt sind sie problematisch. Zeit für uns, „What else?“ zu fragen und Alternativen zu Nespresso zu suchen.
Nespresso-Kaffee ist längst zum Statussymbol geworden. Ein umschwärmter Hollywood-Schauspieler macht dafür Fernsehwerbung, kaufen kann man ihn in schicken Boutiquen und die Namen der Kaffeesorten erinnern an italienische Opern. Nespresso-Fans sind begeistert vom Geschmack und viele auch von der praktischen Einzelportionierung.
Nespresso und die Verkapselung der Gesellschaft
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass bei der Einzelportionierung weniger Kaffee im Ausguss landet als bei Systemen, die ganze Kannen statt Tassen befüllen. Angesichts einer steigenden Anzahl von Single-Haushalten befriedigt Nespresso also ein legitimes Bedürfnis und trägt möglicherweise sogar zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung bei.
Gerade das Kapselsystem aber ist für die Umwelt problematisch: Obwohl die Aluminiumkapseln im Prinzip recycelbar sind und in der gelben Tonne entsorgt werden dürfen, landen jährlich Millionen davon im Restmüll. Das Material Aluminium ist zudem aufgrund seines umweltschädlichen und energieintensiven Herstellungsprozesses stark umstritten.
Bitterer Beigeschmack
Der Kaffee, der in den Nespresso-Kapseln steckt, ist zwar zum Großteil zertifiziert vom „AAA Sustainable Quality Programm“. Dessen Kriterien sind aber weitaus schwächer als jene für eine Bio-Zertifizierung; sogar der Einsatz von Agrochemikalien ist zugelassen.
Nespresso will mit seinem Programm sozialverträglichen Anbau fördern. Doch auch hierfür sind die Anforderungen eher schwach und das Zertifizierungssystem undurchsichtig. Ein Mindestpreis, der die Kaffeebauern vom schwankenden Weltmarktpreis unabhängig machen könnte, ist nicht vorgesehen. Das Siegel auf den Nespresso-Verpackungen zeigt allenfalls, dass Nespresso versucht, erste Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu gehen.
Nespresso: ganz schön überteuert
Nespresso mag besonders schmackhaft sein, doch dafür ist er ist auch ganz besonders teuer. Etwa 35 Cent kostet eine Kapsel den Verbraucher; andere Anbieter sind nicht viel günstiger. Laut Nespresso befinden sich in einer Kapsel fünf bis sieben Gramm Kaffee. Das bedeutet, dass der Kunde pro 500 Gramm Kaffee rund 25 bis 35 Euro bezahlt oder bis zu 70 Euro pro Kilo. Zum Vergleich: 500 Gramm Röstkaffee kostete 2013 im Einzelhandel durchschnittlich 4,70 Euro, fair gehandelten Bio-Kaffee bekommt man für etwa 20 Euro pro Kilo.
Offenbar sind viele Konsumenten bereit, für ein (vermeintlich) hochwertiges Produkt eine Menge Geld auszugeben. Das könnte eigentlich eine Chance für die Alternative Fairtrade- und Bio-Kaffee sein: Der kostet in der Regel deutlich weniger als der Nespresso-Kaffee und ist weitaus günstiger für Umwelt und Arbeiter.
Bestenliste: Bio-Kaffee aus fairem Handel
Alternative zu Nespresso: umweltfreundliche Kapseln
Wer auf die Vorteile der Einzelportionierung à la Nespresso partout nicht verzichten möchte, auf die Müllmengen aber schon, hat mehrere Alternativen.
Noch recht neu auf dem Markt sind biologisch abbaubare Kapseln. Die Schweizer Firma Beanarella ist die einzige, deren Kaffee nicht nur in nachweislich kompostierbaren Kapseln aus Bio-Kunststoff steckt, sondern außerdem biologisch angebaut und fair gehandelt ist. Allerdings passen die Kapseln nur in die Beanarella-Maschine.
Wer seine Nespresso-Maschine weiter nutzen möchte, steigt am besten um auf eine wieder befüllbare Kapsel. Ökotest befand 2013 die alternative Edelstahl-Kapsel My Coffeestar für „sehr gut“. Mit Mister Barista und Coffee Duck gibt es inzwischen weitere Alternativen.
Kaffeepads sind ebenfalls für einzelne Tassen konzipiert, aber sie sind in der Regel biologisch abbaubar und werden inzwischen auch von einer ganzen Reihe Bio- und Fairtrade-Kaffeeherstellern angeboten. Auch hier gibt es aber wiederverwendbare Systeme (Coffee Duck).
Ob Kaffee auf Knopfdruck allerdings überhaupt eine wünschenswerte Option ist, muss jeder für sich entscheiden. Die einzige Option ist es keinesfalls, schließlich gibt es Alternativen zu Kapseln und Pads.
Ökologische Nespresso-Alternative: Kaffeebereiter bzw. „Durchdrückkanne“
Kapsel-, Pad- und Vollautomaten verbrauchen nicht nur in der Produktion, sondern auch im Betrieb vergleichsweise viel Energie. Etwas weniger Strom braucht die Filterkaffeemaschine. Noch einfacher ist es, den Kaffee in einem Espressokocher auf der Herdplatte oder in einem Kaffeebereiter, auch Durchdrückkanne („French Press“) aufzubrühen.
Der Kaffeebereiter hat einen besonders günstigen ökologischen Fußabdruck, da das Wasser dafür energieeffizient im Wasserkocher erhitzt werden kann und das Glasgehäuse weder in der Produktion noch in der Entsorgung besonders aufwendig ist. Weiterer Vorteil der Duchdrückkanne: Man kann damit immer genau so viel Kaffee kochen, wie man gerade braucht. Wenn man den Kaffee gemeinsam mit Familie, Freunden oder Kollegen trinkt, lohnt es sich auch, den Kaffeebereiter voll zu machen.
Tipp: Falls ein Rest übrig bleibt, einfach in einen Thermobecher füllen und mitnehmen. Das spart nebenbei den Pappbecher für den „Coffee-to-go“.
Kaffeekultur statt Kultkaffee
Die Kaffeezubereitung in der Durchdrück- oder Espressokanne braucht selbstverständlich etwas mehr Zeit als der Knopfdruck auf die Kapsel-Maschine, sei sie nun von Nespresso oder einem anderen Anbieter. Und Zeit ist für viele von uns ein knappes Gut. Doch ähnlich wie beim Kochen könnte der bewusste Zubereitungsprozess uns helfen, dem Endprodukt die verdiente Wertschätzung entgegenzubringen.
Der Anbau und die Weiterverarbeitung von Kaffee erfordert viel (Hand-)Arbeit. Da Kaffee fast ausschließlich in tropischen Regionen angebaut wird, sind die Transportwege nach Europa lang. Obwohl Kaffee also eigentlich ein Luxusgut ist, ist er für uns so alltäglich, dass wir kaum Zeit oder Gedanken daran verschwenden.
Hat die Zubereitung eines so weit gereisten und wirkungsvollen Getränks nicht eigentlich etwas mehr Aufmerksamkeit verdient? In einigen afrikanischen Ländern wie etwa Äthiopien gibt es für die Zubereitung sorgfältige Zeremonien; in Syrien wird er traditionell im Kupferkesselchen, in Schweden auf dem offenen Feuer gekocht.
Wir empfehlen: Führe deine eigene Kaffeezeremonie ein. Leg dir eine Durchdrückkanne zu, womöglich sogar eine kleine Hand-Kaffeemühle zum Mahlen der Bohnen, und nimm dir die Zeit, den Morgenkaffee bewusst zu trinken.
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