Utopia Image

Buchtipp – Frank Schätzing: Was, wenn wir einfach die Welt retten?

Foto: Utopia / Leonie Barghorn

Im neuen Buch von Frank Schätzing geht es diesmal nicht um einen fiktiven, sondern einen realen Thriller – die Klimakrise. Wir haben uns das Buch für dich angesehen.

Frank Schätzing ist bekannt für Thriller wie „Der Schwarm“. Aktuell schreibt er an einem neuen Roman – den er Anfang des Jahres jedoch beiseite gelegt hat, um ein Sachbuch über die Klimakrise zu schreiben. Herausgekommen ist „Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise“. 

An dieser Entwicklung ist eine andere Krise – die Coronapandemie – nicht ganz unschuldig. Schätzing beschreibt im ersten Kapitel des Buches, wie er beobachtet, dass der Klimaschutz durch die Coronapandemie ins Hintertreffen zu geraten scheint. Zudem fühlten sich viele Menschen „dauerbedroht“, da die Medien ständig neue Alarmmeldungen brächten. Das führe dazu, dass wir uns wie gelähmt fühlen und die Probleme zu verdrängen versuchen.

Schätzing glaubt, dass Wissen hier helfen kann – denn: „Wissen versetzt uns in die Lage, zielgerichtet zu handeln. […] Wissen erzeugt Zuversicht!“ Mit seinem Buch möchte Schätzing dazu beitragen, dass mehr Menschen die Klimakrise verstehen und infolgedessen selbst zum Klimaschutz beitragen.

Aufbau des Buches

Schätzing beschäftigt sich intensiv mit der Frage, welches Potential die Bewegung "Fridays for Future" hat.
Schätzing beschäftigt sich intensiv mit der Frage, welches Potential die Bewegung „Fridays for Future“ hat.
(Foto: CC0 / Pixabay / geralt)

Schätzings Buch ist in acht Kapitel unterteilt, die sich jeweils noch in Unterkapitel gliedern:

  • Im ersten Kapitel beschreibt Schätzing wie oben erwähnt, weshalb er dieses Buch geschrieben hat.
  • Das zweite Kapitel verschafft den Leser:innen einen kurzen Überblick über die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels
  • Weiter geht es mit einer fiktiven Reise in die Zukunft, die im Stil einer Netflix-Serie geschrieben ist. In dem Kapitel beschreibt Schätzing, was im Worst-Case-Szenario des Weltklimarats (IPCC) bis zum Ende des Jahrhunderts auf uns zukommt.
  • Anschließend ist noch einmal Zeit für ein paar wissenschaftliche Grundlagen. Schätzing gibt einen Überblick über die verschiedenen Kipppunkte im Klima, die für den Fortgang der Klimakrise entscheidend sind.
  • Im fünften Kapitel begibt sich Schätzing auf eine Reise durch die Gesellschaft. Er trifft Politiker:innen, Aktivist:innen, Klimaleugner:innen und Verschwörungtheoretiker:innen in fiktiven Dialogen und nennt die größten Treibhausgasemittenten.
  • Das nächste Kapitel heißt schlicht „Handeln“. Zunächst untersucht Schätzing, weshalb es uns Menschen so schwerfällt, mit öffentlichen Gütern sorgsam umzugehen. Er gibt aber auch Anstöße, wie sich das ändern lässt. Anschließend nennt er eine Fülle an Maßnahmen, mit denen Politik, Wirtschaft und jede:r Einzelne das Klima retten können.
  • Anschließend folgt erneut ein theoretischer Exkurs zu einer Frage, die sich bei diesem Thema unweigerlich stellt: Können wir das Klima retten und gleichzeitig am Wirtschaftswachstum festhalten?
  • Den Abschluss bildet eine weitere Reise in die Zukunft. Diesmal geht es jedoch nicht um Schreckensszenarien, sondern „das Szenario einer Zukunft, in der wir das meiste richtig gemacht haben“.

Wissenschaftlich fundiert, vielfältig, unterhaltsam

Schätzings Buch ist ein Sachbuch – streckenweise kommt es jedoch wie ein Roman oder manchmal sogar wie ein Theaterstück daher. Die stilistischen Wechsel, verschiedenen Perspektiven und Schätzings kurzweiliger, manchmal humorvoller Schreibstil machen sein Werk zu einem Lesevergnügen. Gleichzeitig erklärt Schätzing die wissenschaftlichen Grundlagen überwiegend präzise und verständlich. Selbst für Leser:innen, die bereits gut über die Klimakrise Bescheid wissen, bieten die psychologischen und gesellschaftlichen Aspekte möglicherweise neue Erkenntnisse. 

An einigen Stellen wird Schätzing allerdings einen Hauch zu polemisch – beispielsweise, wenn er die Postwachstumstheorie und das Konzept der Suffizienz ins Lächerliche zieht. Sicherlich sind Zweifel an der Theorie einer völligen Abkehr vom Wirtschaftswachstum berechtigt. Man sollte aber zumindest anerkennen, dass nicht alle Anhänger:innen dieser Theorie romantisch verklärt sind oder sich gar eine Ökodiktatur herbeiwünschen. Hier wird Schätzing etwas zu undifferenziert und einer wissenschaftlichen Theorie nicht gerecht. Zudem springt er in dem ganzen Kapitel so sehr zwischen verschiedenen Ansichten hin und her („Also Wachstum! Oder doch nicht?“), dass man als Leser:in zwar gut unterhalten, aber am Ende immer noch etwas verwirrt ist. Eine klare Argumentationsstruktur und etwas mehr Sachlichkeit wären bei so einem komplexen Thema vielleicht von Vorteil gewesen.

Kein Masterplan, aber viele Ideen und Optimismus

In seinem neuen Buch will Schätzing uns dazu ermuntern, selbst zu Klimaschützer:innen zu werden.
In seinem neuen Buch will Schätzing uns dazu ermuntern, selbst zu Klimaschützer:innen zu werden.
(Foto: Utopia / Leonie Barghorn)

Letztendlich soll Schätzings Buch aber vor allem ein Aufruf zum Handeln sein – zur Rettung des Klimas. Gelingt das? Kapitel sechs des Buches enthält sehr viele Handlungsvorschläge und Forderungen an Politik und Wirtschaft. Ein minutiös ausgearbeiteter Masterplan ist es jedoch nicht. Beispielsweise sagt Schätzing nichts dazu, ob und wie sich die extrem klimaschädliche Zementindustrie umweltfreundlicher gestalten ließe oder wie sich Menschen mit wenig Geld Bio- oder Fairtrade-Produkte leisten sollen.

Außerdem gibt er keine abschließende Antwort auf die umstrittene Frage, ob das 1,5- oder Zwei-Grad-Ziel nur mit Kernkraftwerken erreichbar wäre oder auch rein mit erneuerbaren Energien. In der fiktiven Zukunft, die Schätzing im letzten Kapitel schildert, hat die Kernkraft einen Teil zur Rettung des Klimas beigetragen. Er stellt uns Leser:innen implizit die Frage, ob wir so strikt gegen Atomkraft sind, dass wir deren Potential gar nicht mehr sehen. Das bedeutet jedoch noch nicht, dass Schätzing als Unterstützer der Atomkraft auftritt. Er nennt zwar neuartige Reaktortypen, die sicherer sind als die herkömmlichen und viel weniger Atommüll produzieren. Ganz ohne Müll und ohne Restrisiko würde es jedoch auch diese Reaktoren nicht geben – und bis sie eventuell marktreif sind, werden noch viele Jahre vergehen. Eine abschließende Antwort auf die Frage „Atomkraft ja oder nein?“ gibt Schätzing also nicht.

Ein perfekter Masterplan ist aber vielleicht auch gar nicht das Ziel des Buches. Wenn man wieder in die Einleitung schaut, erinnert man sich: Es geht vor allem darum, dass wir als Gesellschaft Zuversicht erlangen und aus der kollektiven Lähmung erwachen. Schätzing gelingt es – ohne die momentane Situation schönzureden – Optimismus zu verbreiten. Ob der an allen Stellen berechtigt ist, sei dahingestellt. Wichtig ist, dass wir überhaupt versuchen zu handeln. Schätzings Buch vermittelt: Eigentlich haben wir alle Werkzeuge, um das Klima zu retten. Wir müssen sie nur konsequent nutzen und fördern.

Titel: „Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise“

Autor: Frank Schätzing

ISBN: 978-3-462-00201-0

Preis: 20,00 € (gebundene Ausgabe – mit dem Kauf unterstützt du das Buchen-UrwaldProjekt von Wohllebens WALDAKADEMIE)

Online kaufen**: Zum Beispiel bei buch7, bücher.de oder Thalia

Weiterlesen auf Utopia.de:

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.

War dieser Artikel interessant?

Vielen Dank für deine Stimme!

Verwandte Themen: