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Comfort Binge: Gut für die Seele, schlecht fürs Klima

comfort binge
Foto: CC0 / Pixabay / Tumisu

Comfort Binge bezeichnet das Phänomen, dass Menschen immer wieder dieselben Lieblingsserien schauen. Für das Klima ist das ständige Streamen von Serien schädlich. Machen wir trotzdem weiter damit, weil es gut für unsere Seele ist?

Was genau ist Comfort-Binge-Watching?

Serien zu schauen gehört für viele Menschen zur täglichen Unterhaltung dazu. Netflix, Amazon Prime oder Disney Plus sind Streamingdienste, für die wir jeden Monat Geld bezahlen, um in eine Illusionswelt abtauchen zu können. Das Angebot an Filmen und Serien ist riesig und wird ständig erweitert. 

Trotz der riesigen Auswahl gibt es viele Menschen, die immer wieder die gleichen Serien schauen. Dieser Effekt ist unter der Bezeichnung „Comfort Binge“ bekannt. Comfort Binge bedeutet, bereits bekannte Serien immer wieder anzusehen (comfort bedeutet Komfort oder Trost) und dabei eine Folge nach der anderen zu schauen (binge bedeutet übertriebenen Konsum in kurzer Zeit, ursprünglich wurden so zum Beispiel Sauf- oder „Fress“-Gelage bezeichnet). Das fühlt sich so angenehm an, weil du dabei mit minimalem Aufwand größtmögliches Vergnügen erlangen kannst. Die Handlung hast du irgendwann so sehr verinnerlicht und die Charaktere kennst du so gut, dass du dich nicht mehr anstrengen musst, um dem Seriengeschehen zu folgen.

Beliebte Comfort-Binge-Serien sind zum Beispiel „Friends“, „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder „How I Met Your Mother“. Darüber hinaus gibt es aber noch viele weitere Feel-Good-Serien. Wenn du neue Inspirationen suchst, findest du hier unsere Empfehlungen: Diese 6 Filme und Serien sind Balsam für die Seele.

Die psychologische Erklärung für das Phänomen des Comfort Binge

Comfort Binge: Wegen der überwältigend riesigen Auswahl an Serien greifen wir oft zu bereits bekannten Serien.
Comfort Binge: Wegen der überwältigend riesigen Auswahl an Serien greifen wir oft zu bereits bekannten Serien.
(Foto: CC0 / Pixabay / afra32)

Der Psychologe Dr. Renee Carr erklärt, dass das Gehirn bei Binge-Watching Dopamin produziert. Dieser Botenstoff vermittelt deinem Körper eine natürliche, innere Belohnung. Wenn du deine Lieblingsserie schaust, produziert dein Gehirn ständig Dopamin. Dein Körper erlebt einen drogenähnlichen Rausch. Deshalb wirst du süchtig nach dieser einen Serie. 

Des Weiteren ist der Mensch evolutionär bedingt ein soziales Wesen. Er neigt dazu, sich emotional mit Geschichten zu identifizieren. Dieses Phänomen untersucht zum Beispiel der Forschungsbereich der Neurocinematics. Arjan Chatterjee, Professor für Neurologie an der Penn Medicine, erklärt das wie folgt: Menschen möchten in eine fiktive Welt eintauchen, um eine Pause von ihrem normalen Leben zu machen.

Ein weiterer Punkt, der zum Comfort Binge beträgt, ist die große Anzahl an Serien. Dadurch wird uns die Auswahl erschwert. Oft brauchen wir längere Zeit, bis wir uns schließlich für eine Serie entscheiden. Der Psychologe Berry Schwartz nennt das auch das „Paradoxon der Wahlmöglichkeiten„: Je mehr Wahlmöglichkeiten du zur Verfügung hast, desto schwerer fällt dir eine endgültige Entscheidung.

Was die Entscheidung außerdem erschwert: Viele Menschen stellen sich die Frage, ob sich der Zeitaufwand für das Ansehen einer Serie lohnt. Nur aufgrund der Serienbeschreibung kannst du oft schlecht vorhersehen, ob die Serie dir gefallen wird oder nicht. Bei deiner Lieblingsserie weißt du dagegen, was dich erwartet und dass du sie magst.

Zusätzlich vermitteln die bekannten Charaktere und die vertraute Handlung ein Gefühl von Geborgenheit. Die Charaktere fühlen sich wie alte Freund:innen an und erfüllen oft auch eine gewisse Vorbildfunktion. So entsteht schnell ein Gefühl von Nachhausekommen, nach dem sich viele Menschen sehnen.

Comfort Binge: Wohltuender Komfort oder eine gefährliche Sucht?

Comfort Binges können emotional abhängig machen und auch das analoge Leben negativ beeinflussen.
Comfort Binges können emotional abhängig machen und auch das analoge Leben negativ beeinflussen.
(Foto: CC0 / Pixabay / 1388843)

Andererseits beschreibt der klinische Psychologe Dr. John Mayer gegenüber „nbc News“, dass das Ende einer Serie demnach auch depressive Gefühle und eine innere Leere auslösen kann: Das Gehirn trauere sozusagen um den Verlust der liebgewonnen fiktiven Charaktere der Serie. Gemäß einer Studie haben selbst-identifizierte Binge-Watcher sogar höhere Stresslevel als solche Menschen, die nicht regelmäßig viele Episoden ihrer Lieblingsserien schauen.

Pychologin Dr. Judy Rosenberg fügt bei nbc News hinzu, dass durch diese pseudosozialen Beziehungen mit fiktiven Charakteren auch echte menschliche Kontakte vernachlässigt werden könnten. Das führe wiederum zu emotionaler Abschottung und Einsamkeit.

Sobald du also merkst, dass du öfter eine bekannte Serie einem echten Treffen mit Freunden oder Bekannten vorziehst, oder sie in deinem Leben eine größere Rolle einnehmen, solltest du dir über dein Comfort-Binge-Verhalten Gedanken machen.

Warum Comfort Binge dem Klima schadet

Jeder Comfort Binge, so wie Streaming generell, verbraucht sehr viel Energie.
Jeder Comfort Binge, so wie Streaming generell, verbraucht sehr viel Energie.
(Foto: CC0 / Pixabay / fancycrave1)

Mit Comfort Binge tust du deiner Seele kurzzeitig vielleicht etwas Gutes. Davon abgesehen schadest du mit der ständigen Wiederholungsschleife jedoch langfristig möglicherweise dir selbst, und bewiesenermaßen auch dem Klima.

Jedes Video, jeder Film und jede Serie verbrauchen beim Abspielen viel Energie. Über Netzwerke, Kabel und Mobilfunk werden die Bild- und Tondaten aus den Serverzentren in die Endgeräte geschickt. Sowohl die Datenübertragung als auch die Server verbrauchen dabei viel Strom und es entstehen große Mengen CO2. Allein eine Stunde Video-Streaming in Full-HD-Auflösung verursacht circa 100 bis 175 Gramm Kohlendioxid. Dadurch schadest du der Umwelt und deiner Ökobilanz.

Laut Prognosen vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit könnte der aktuelle Energiebedarf in den nächsten zehn Jahren um mehr als 60 Prozent ansteigen – wenn die Streaming-Branche weiterhin so rasant wächst. Dadurch rückt das Ziel, die Energiewende voranzubringen, weiter in die Ferne.

Deshalb gilt: Wenn schon streamen, dann so, dass du dabei Strom sparst. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit denen du umweltfreundlicher streamen kannst:

Oft unterschätzen wir die Auswirkung stark, die unser Streamingverhalten auf das Klima hat. Wenn du dir ein besseres Bewusstsein dafür verschaffen möchtest, nutze zum Beispiel einen CO2-Rechner. Er ermöglicht es dir auch, den CO2-Ausstoß zu berechnen, der durch deine Internetaktivität entsteht.

Fazit: Comfort Binge kann deiner Seele etwas Gutes tun, dich aber emotional auch abhängig von einer virtuellen Realität machen. Gleichzeitig schadest du damit außerdem dem Klima. Vielleicht findest du manchmal auch Alternativen zu deiner Lieblingsserie, wenn du dich entspannen willst. Hier findest du ein paar Tipps für Aktivitäten, die dir Trost und Entspannung bringen können – ganz ohne Stromverbrauch und Suchtfaktor.

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