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Die Schattenseiten des Blaubeer-Booms

Blaubeer-Boom: Die Folgen
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - Benjamin Finley

Blaubeeren sind supergesund – und voll im Trend. Unser hoher Konsum aber hat eine Schattenseite: Weite Transportwege und Wassermangel auf der anderen Seite der Welt.

Wem es so vorkommt, als wären Blaubeeren inzwischen überall präsent, wo es um Essen geht – vom Supermarkt bis auf Instagram ­– hat vermutlich recht: Seit einigen Jahren boomen Blaubeeren. Längst sind die Früchte so beliebt, dass heimische Produzenten nicht mehr hinterher kommen und viel Ware aus dem Ausland importiert wird.

Laut dem Branchen-Analysedienst Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) hat sich die Menge, die wir Verbraucher:innen jährlich einkaufen allein zwischen 2018 und 2021 verdoppelt. Zwar ist der Verbrauch laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) seitdem etwas gesunken, lag aber im Wirtschaftsjahr 2022/2023 immer noch bei rund 70.000 Tonnen Heidelbeeren – oder 800 Gramm pro Kopf.

Das Problem: Die regionalen Anbauflächen wuchsen im gleichen Zeitraum (2018 bis 2023) nur um knapp 15 Prozent. Rund 15.300 Tonnen Heidelbeeren konnten deutsche Anbaubetriebe im Jahr 2023 ernten.

Viel deutlicher als die Inlandsproduktion steigen die Importe: Innerhalb von nur fünf Jahren verdreifachte sich die Menge der importierten Heidelbeeren auf über 60.000 Tonnen im Jahr 2021.

Heidelbeer-Anbau in der peruanischen Wüste

Heidelbeeren: Hübsch anzusehen, lecker und gesund.
Wenn es sein muss, wachsen Kulturheidelbeeren auch in der Wüste, doch die Folgen der Bewässerung sind weitreichend. (Foto: CC0 / Pixabay / jill111)

Genau genommen handelt es sich bei fast allen Blaubeeren im Handel um Kulturheidelbeeren, die meist ergiebiger und größer sind als wilde Waldheidelbeeren und maschinell geerntet werden können. Viele dieser Blaubeeren oder auch Heidelbeeren stammen aus europäischen Nachbarländern. Das wichtigste Exportland aber liegt sehr viel weiter von uns entfernt: Peru im Nordwesten des südamerikanischen Kontinents. Allein in Peru werden inzwischen laut offiziellen Zahlen auf 18.000 Hektar Blaubeeren angebaut, vornehmlich für den Export.

Wie der Anbau dort aussieht und warum er problematisch ist, hat Funk (gemeinsames Angebot von ARD und ZDF) im Auslandsformat „Atlas“ aufgedeckt und in einem kurzen Doku-Film aufbereitet. Darin zu sehen: Blaubeeren wachsen mitten in einer öden peruanischen Wüstenlandschaft auf riesigen Feldern. Um die Pflanzen in der trockenen Wüste anbauen zu können, muss künstliche Bewässerung her.

Das Wasser stammt wohl teils aus Schmelzwasser, laut „Atlas“ aber auch aus einem Fluss, der eigens umgeleitet wurde, um fruchtbares Farmland zu schaffen. Er wurde in den Anden aufgestaut und abgelenkt und fließt nun zumindest teilweise anstatt nach Osten in Richtung Atlantik auf der anderen Seite der Anden in Richtung Westen. (Dem genauen im Video beschriebenen Ort auf die Spur zu kommen ist nicht ganz einfach – vermutlich handelt es sich um dieses Bauprojekt.)

„Gigantische Eingriffe in die Natur“ nennt ARD-Korrespondent Matthias Ebert das Bewässerungsprojekt im Film. Im Video heißt es, in der Folge der Fluss-Umleitung klagten nun Kleinbauern und -bäuerinnen östlich den Anden über Wassermangel. Allerdings kommen auch Menschen aus der heutigen Anbauregion zu Wort, die von den neu geschaffenen Arbeitsplätzen profitieren.

Blaubeeren: Miese Klimabilanz

Zu den aufwändigen Anbaubedingungen in trockenen Regionen kommt eine schlechte Klimabilanz: Über 10.000 Kilometer werden die peruanischen Blaubeeren auf Schiffen nach Europa transportiert. So lange Transportwege gehen beinahe zwangsläufig mit hohem Treibstoffverbrauch und damit hohen klimaschädlichen CO2-Emissionen einher.

Die Sendung Marktcheck weist darauf hin, dass die Beeren aus Südamerika für den Transport oft mit Pilzgiften behandelt werden, um während der rund dreiwöchigen Schiffsreise Schimmel zu vermeiden. Auch Rückstände von Pestiziden fanden die Redakteur:innen.

Weite Transportwege, hoher Wasserbedarf, Superfood-Hype ­– hier kann man sich vollkommen zu Recht an den Avodado-Boom der vergangenen Jahre erinnert fühlen. Genau wie Heidelbeeren gelten auch Avocados als sehr gesund. Auch hier führten Gesundheitsversprechen zu einem Foodtrend, der in Teilen Lateinamerikas massive Wasserprobleme verursachte und bis heute verursacht. Ist die Blaubeere also die neue Avocado?

Heidelbeere Beeren
Bei Heidelbeeren sollte man genau auf die Herkunft achten – und jeden Tag müssen sie auch nicht sein. (Foto: CC0 Public Domain / pixabay.de)

Jein – denn anders als die Avocado kann die Blaubeere ohne Probleme auch in Deutschland, Frankreich oder Polen wachsen. Genau wie bei der Avocado empfiehlt es sich aus Umweltsicht aber auf jeden Fall, es nicht zu übertreiben mit dem Konsum. Und genau auf die Herkunft zu achten. Nur dann ist die Heidelbeere wirklich das „heimische Superfood„, als das sie oft angepriesen wird.

Und wenn ich aber Blaubeeren kaufen will?

Wer sich nun schwer damit tut, mit seinem Geld die oben beschriebenen Bedingungen weiter zu unterstützen, muss nicht ganz auf Blaubeeren verzichten: Die Beeren werden auch in Deutschland und einigen Nachbarländern angebaut. Um die Herkunft zu erkennen, muss man beim Kauf aber genau hinschauen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, Bio-Beeren zu kaufen, da der Anbau Böden und Gewässer schont.

Gleichzeitig zwingt ein Fokus auf den heimischen Anbau dazu, die Beeren wirklich nur innerhalb der hiesigen Saison (etwa Juni bis September) zu kaufen ­– und damit vermutlich insgesamt weniger davon.

Es kann sich außerdem lohnen, sich nach lokalen Anbaubetrieben umzusehen: Vielerorts darf man während der Saison, also vor allem im Hochsommer, Beeren aller Art selbst pflücken. Und vereinzelt findet man auch wilde Waldblaubeeren.

Mehr lesen: Heidelbeeren pflücken: Diese Tipps solltest du beachten

Heidelbeeren kann man auch im Garten selbst anbauen und ernten. Tipps dazu:

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