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Eisbaden: Ist das gesund oder gefährlich?

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Foto: CC0 / Pixabay / Seregei

Bei eisigen Temperaturen ins Wasser: Eisbaden wird immer beliebter. Wie du sicher Eisschwimmen betreibst und ob es deiner Gesundheit dient, erfährst du hier.

Wenn die ersten Schneeflocken fallen und das Thermometer niedrige Temperaturen anzeigt, ist die Badesaison vorbei – für die meisten jedenfalls. Denn Fans vom Eisbaden warten sehnsüchtig, bis es frostig kalt wird und sie ins eisige Wasser steigen können. 

In diesem Artikel erklären wir, was Eisbaden ist, wie es sich auf deinen Körper auswirkt und worauf du dabei achten solltest.

Was ist Eisbaden?

Eisbaden wird in Deutschland immer beliebter.
Eisbaden wird in Deutschland immer beliebter.
(Foto: CC0 / Pixabay / fintuq)

Beim Eisbaden taucht man den Körper bis zum Kopf für wenige Sekunden oder Minuten in Wasser, das Temperaturen von beinahe null Grad aufweist. Viele Kältefans versprechen sich von der Grenzerfahrung ein starkes Immunsystem und einen gesunden Kreislauf.

Das Eis- oder Winterbaden hat unter anderem in Russland Tradition. Aber der Trend ist auch in Deutschland angekommen: Laut der Süddeutschen Zeitung gab es im Jahr 2015 bundesweit bereits rund 3000 Eisschwimmer:innen und immer mehr Menschen treffen sich zum Neujahrsschwimmen an Seen und Gewässern.

Unter den fortgeschrittenen Winterbader:innen ist die „Wim-Hof-Methode“ beliebt. Dabei atmen die Badenden tief ein und aus, was den Kälteschock mildern soll. Danach halten sie die Luft für eine kurze Zeit an. Wim Hof – der Erfinder der Methode – ist ein niederländischer Extremsportler, der sich regelmäßig klirrender Kälte und Extremsituationen aussetzt. Er lief bereits barfuß einen Halbmarathon am Polarkreis und bestieg den Kilimandscharo – einzig mit einer Badehose bekleidet. 

Ist Eisbaden gesund?

Regelmäßiges Eisbaden kann positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Körper und Psyche bei geübten Eisschwimmer:innen haben.
Regelmäßiges Eisbaden kann positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Körper und Psyche bei geübten Eisschwimmer:innen haben.
(Foto: CC0 / Pixabay / SawanJuggessur)

Richtiges Saunieren stärkt bekanntlich die Abwehrkräfte. Dabei wird der Körper einer extremen Hitze ausgesetzt. Kann ein umgekehrter Reiz, also das Auskühlen des Körpers, denselben Effekt haben? 

„In der Wissenschaft gibt es keine sicheren Befunde zu positiven Gesundheitseffekten“, sagt der Sportmediziner Prof. Martin Busse mit Blick aufs Eisbaden gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Aber: Es gebe viele Hinweise auf günstige Effekte – konkret darauf, dass es das Risiko für Atemwegsinfekte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren und zu einer verbesserten Stresstoleranz führen könnte.

„All dies gilt natürlich nur für regelmäßiges Kaltwasser-Baden, also nicht nur für ein einmaliges Baden bei irgendeinem speziellen Anlass“, stellt Busse klar, der die sportmedizinische Hochschulambulanz in Leipzig leitet.

Es gibt zudem eine Studie, die zeigt, dass der winterliche Badespaß die Gefäße trainiert. Fakt ist, dass sich beim Eintauchen die Gefäße in der Haut verengen und vermehrt Blut in die geweiteten, inneren Blutbahnen fließt. Mit diesem Mechanismus stellt der Organismus sicher, dass die Kerntemperatur erhalten bleibt. Die verstärkte Durchblutung (Hyperämie) hat einen stabilisierenden Effekt auf den Blutdruck und das Herz-Kreislaufsystem.

Die Studie beschreibt außerdem, dass Eisbaden oder Eisschwimmen positive Auswirkungen auf den Insulinspiegel zu haben scheint und ebenso andere Hormone beeinflussen kann. In einer weiteren Studie treten auch bei Rheuma, Fibromyalgie oder Asthma gesundheitliche Verbesserungen durch das Winterbaden auf.

Das Eisbaden setzt Adrenalin und Endorphine frei. Sie sorgen für den besonderen „Kick“ und ein euphorisches Gefühl nach dem Bad. Dieser Effekt könnte langfristig der psychischen Gesundheit dienen. Falls du kein Mensch der Extreme bist: Untersuchungen legen nahe, eine regelmäßige kalte Dusche ebenso gegen depressive Verstimmungen hilft, da der Körper dabei Beta-Endorphin und Noradrenalin ausschüttet.

So bereitest du dich richtig aufs Eisbaden vor

Den ersten Schritt in Richtung Eisbad startest du am besten im heimischen Badezimmer – und zwar, indem du kalt duschst. „In der ersten Woche können es nur kurze Intervalle sein, die man dann sukzessive nach oben schraubt“, sagt Constantin Falcoianu vom Online-Portal eisbaden.de, der selbst seit mehr als zehn Jahren regelmäßig Eisbaden geht. Dank der kalten Duschen könne sich der Körper nach und nach an Kälte gewöhnen. Auch Wim Hof empfiehlt zum Einstieg kalte oder wechselhafte Duschen am Morgen.

Das kann heißen: 

  • In einer Woche duscht man 15 Sekunden am Stück kalt,
  • in der folgenden verdoppelt man auf 30 Sekunden.
  • Dann steigert man sich auf 45 Sekunden und
  • schließlich auf 60 Sekunden.

Wer nach diesem Schema vorgeht, sollte nach rund einem Monat bereit für das erste Eisbad sein.

Übrigens: Auch die Regentonne oder das Badefass im Garten sind eine Option. Dort fällt der Einstieg ins Eisbaden oft leichter, weil man seine gewohnte Umgebung nicht verlassen muss.

Die Gefahren vom Eisbaden

Das Eisbaden kann für Ungeübte oder kranke Menschen lebensgefährlich sein. Ratsam ist es, vor dem kalten Bad eine:n Kardiolog:in aufzusuchen, um mögliche Herzfehler auszuschließen. Wer Probleme mit dem Herz-Kreislauf hat, sollte auf Eisschwimmen verzichten, da der Kälteschock zu Herzrhythmusstörungen oder zum Herzstillstand führen kann. Denn durch die plötzliche Kälte sinkt die Herzfrequenz, aber der Blutdruck steigt an. „Diese teilweise entgegengesetzten Reaktionen erhöhen das Herzrisiko“, erklärt Mediziner Busse.

Auch die Gefahr der Unterkühlung besteht beim Eisbaden. Bereits eine Körpertemperatur von 30 Grad Celsius ist lebensgefährlich, unterschreitet sie 26 Grad, gibt es keine Überlebenschancen mehr. Martin Busse erklärt, wie schnell das beim Eisbaden gehen kann: Man erkenne eine sich anbahnende Unterkühlung „durch beginnendes Kältezittern, das immer auf einen Abfall der Körperkerntemperatur schließen lässt.“ Tritt es auf, sollte man das Wasser unbedingt verlassen. „Im Zweifel können 30 Sekunden schon viel sein.“

Besonders für untrainierte Eisschwimmer:innen sind Kälteschock, Unterkühlung oder eine schnell abnehmende Schwimmleistung sehr gefährlich und können zum Tod führen.

Darauf solltest du beim Eisbaden achten

Eisbaden kann Lebensgefahr bedeuten – mache es nicht ohne vorbereitendes Training!
Eisbaden kann Lebensgefahr bedeuten – mache es nicht ohne vorbereitendes Training!
(Foto: CC0 / Pixabay / 12019)

Falcoianu rät zu flachen Gewässern. „Dadurch hat man einen leichten Einstieg und kann in einer Notsituation schnell reagieren und aus dem Wasser gehen.“ Gefährlich hingegen sind steil abfallende Ufer. „Grundsätzlich gilt: nie allein, nie ohne möglichen Bodenkontakt, Schwimmen nur direkt an der Uferlinie und immer für Helfer erreichbar sein“, fasst Martin Busse zusammen.

Außerdem solltest du niemals alleine baden gehen. Im Fall der Fälle ist Hilfe unerlässlich. Da besonders beim Eisbaden oft Löcher in die Eisdecke eines Sees geschlagen werden, ist auch hier eine erfahrene Aufsicht sehr zu empfehlen. Sie kann helfen oder Hilfe holen, falls Menschen plötzlich unter der Eisschicht verschwinden.

Wie beim klassischen Schwimmen im Sommer gilt übrigens auch beim Eisbaden: nicht mit vollem Magen ins Wasser. „Die Verdauung wird beim Eisbaden unterbrochen und dadurch wird das Essen im Magen länger nicht verdaut“, sagt Falcoianu.

Und danach?

Falcoianu hält das Aufwärmen für einen der wichtigsten Momente beim Eisbaden. „Nach dem Eisbad setzt der sogenannte „After Drop“ ein“, erklärt er. „Dabei öffnen sich die Blutgefäße wieder und das kalte Blut der Peripherie vermischt sich mit dem warmen Blut aus dem Körperinneren.“ Dadurch komme es erstmal zu einem deutlichen Kältegefühl.

Beim Aufwärmen sollte man dem Körper genug Zeit geben. „Wenn man sich zu schnell aufwärmt, löst sich die Verengung der Blutgefäße schlagartig und das kalte Blut aus der Körperschale fließt zu schnell zurück in den Körperkern. Dies kann lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen“, warnt Falcoianu.

Der richtige Weg sei, in einen angenehm temperierten Raum zu gehen und sich warm zu zittern. „Dabei kann man sich in eine Decke dick einpacken, eventuell auch ein Wärmekissen oder eine Wärmeflasche dazu nehmen.“ Und dann gilt: Einfach nur genießen – und stolz sein, dass man sich überwunden hat.

Zusammengefasst solltest du vor, während, und nach dem Eisschwimmen beachten:

  • Nur bei klarer Sicht und windstillem Wetter
  • In flachen Gewässern, mit Grund unter den Füßen
  • Jogge für etwa 15 Minuten vor dem Eisbaden, um dich aufzuwärmen (Empfehlung der Informationsseite www.eisschwimmer.de)
  • Wir verlieren viel Wärme über den Kopf – tauche also nur bis zur Brust ein und ziehe am besten eine Mütze auf.
  • Bade nur kurz: Das eisige Bad sollte nicht länger als fünf Minuten dauern. Höre auf deinen Körper und verlasse das Wasser im Zweifel früher!
  • Ziehe anschließend schnell warme Kleidung an, trinke, wenn möglich, einen warmen Tee und begib dich in einen warmen Raum.
  • Wichtig: Auch, dich zu schnell wieder aufzuheizen, kann gefährlich sein.
  • Gehe nicht mit komplett vollem oder komplett leerem Magen ins Wasser.
  • Nur mit Begleitung, niemals allein!

Weiterlesen auf Utopia.de:

English version available: 9 Health Benefits of Ice Baths That Will Make You Brave the Cold

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