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„Flow-Zustand“ in Arbeit und Freizeit erreichen: Damit es wie von selbst läuft

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Foto: CC0 / Pixabay / 422737

Manchmal ist man mit so viel Freude und Konzentration in einer Tätigkeit versunken, dass Zeit keine Rolle mehr spielt. Dann bist du „im Flow“. Was hinter diesem besonderen Zustand steckt und wie du ihn erreichst, erfährst du hier.

Es gibt Tage, an denen sich die Arbeit wie Kaugummi zieht, vielleicht weil du eine Aufgabe erledigen musst, die zu einfach, zu repetitiv oder zu uninteressant ist. An anderen Tagen siehst du dich vielleicht einer zu herausfordernden Aufgabe gegenüber, bei der du einfach nicht vorankommst. Und dann gibt es Momente, in denen du „im Flow“ bist: ein psychologischer Zustand, in dem du so sehr in eine Tätigkeit vertieft bist, dass Zeit und Selbstwahrnehmung in den Hintergrund treten. 

Im Flow-Zustand fließen die Handlungen mühelos und du bist vollständig konzentriert und fokussiert. Du empfindest dabei ein Gefühl von Kontrolle und gleichzeitigem Verlust der Selbstwahrnehmung. Das Erleben von Flow kann sehr bereichernd sein, dich mit Zufriedenheit und Energie erfüllen und besonders produktiv machen. 

Was ist der Flow?

Wenn du einen Flow erlebst, kannst du dich mühelos auf die Tätigkeit konzentrieren.
Wenn du einen Flow erlebst, kannst du dich mühelos auf die Tätigkeit konzentrieren.
(Foto: CC0 / Pixabay / Firmbee)

Der Begriff „Flow“ wurde vom ungarischen Psychologen Mihály Csíkszentmihályi geprägt, der als einer der Mitbegründer der Positiven Psychologie gilt und das Konzept in den 1970er Jahren erforschte. Csíkszentmihályi beschreibt damit einen Zustand des völligen Eintauchens in eine Tätigkeit: 

„Das Ego fällt weg. Die Zeit vergeht. Jede Handlung, jede Bewegung und jeder Gedanke folgt unweigerlich auf das Vorhergehende, wie beim Jazzspielen. Dein ganzes Wesen ist involviert und du setzt deine Fähigkeiten bis zum Äußersten ein“.

Du kannst den Flow-Zustand bei Aktivitäten jeglicher Art erreichen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich um eine Herausforderung handelt, bei der deine Fähigkeiten mit den Anforderungen der Aufgabe im Einklang stehen. Das heißt: Die Aufgabe ist weder zu einfach (was dich langweilen würde) noch zu schwer (was dich frustrieren würde), sondern von der Schwierigkeit her genau richtig kalibriert. Dadurch weißt du jederzeit und ohne nachzudenken, was als nächstes zu tun ist, musst dich nicht aktiv konzentrieren (vielmehr kommt die Konzentration von selbst) und du kannst gewissermaßen so mit der Aufgabe verschmelzen, dass sich Stunden wie Minuten anfühlen. 

    Einige charakteristische Merkmale des Flow-Zustands sind:

    1. Konzentration und fokussierte Aufmerksamkeit auf die gegenwärtige Tätigkeit
    2. Ein Gefühl der Herausforderung, bei dem deine Fähigkeiten mit den Anforderungen der Aufgabe im Einklang stehen
    3. Eine klare Zielsetzung und direktes Feedback über den Fortschritt
    4. Ein Gefühl von Kontrolle über die Handlungen
    5. Ein verändertes Zeitempfinden, bei dem die Zeit entweder verlangsamt oder beschleunigt erscheinen kann
    6. Ein Gefühl von intrinsischer Motivation und Freude an der Tätigkeit selbst

    Was passiert beim Flow im Gehirn?

    Beim Flow gibt es Veränderungen im Gehirn.
    Beim Flow gibt es Veränderungen im Gehirn.
    (Foto: CC0 / Pixabay / NoName_13)

    Wissenschaftler:innen haben untersucht, was während des Flow im Gehirn passiert. Obwohl die Forschung über diese sehr subjektive Erfahrung noch nicht abgeschlossen ist, haben sich laut einer Übersichtsstudie aus dem Jahr 2020 zwei Theorien herauskristallisiert:

    1. Hypothese der vorübergehenden Hypofrontalität: Einige Forschungen konnten feststellen, dass ein Flow-Zustand mit einer Abnahme der Aktivität im präfrontalen Kortex des Gehirns einhergeht. Dieses Areal des Gehirns ist für höhere kognitive Funktionen, einschließlich des Gedächtnisses und der Selbstwahrnehmung, von wesentlicher Bedeutung. Eine verringerte Aktivität in dieser Region könnte erklären, warum Menschen im Flow-Zustand ein verzerrtes Zeitempfinden und einen Verlust der Selbstwahrnehmung erleben. Dadurch stehen mehr Ressourcen für das Ausführen von automatisierten Prozessen zur Verfügung, durch die man im Flow-Zustand nicht groß darüber nachzudenken braucht, was als nächstes zu tun ist. 
    2. Synchronisationstheorie: Die Synchronisationstheorie des Flow-Erlebnisses (STF) geht davon aus, dass ein Flow durch die Synchronisation von kognitiven Kontroll- und Belohnungsmechanismen im Gehirn gekennzeichnet ist. Nach dieser Theorie ermöglicht der Flow bestimmten Regionen des Gehirns, effektiver miteinander zu kommunizieren. In einem Flow-Zustand kann es zu einer erhöhten Aktivität im frontalen Kortex kommen, wodurch du besser in der Lage bist, deine Aktivitäten zu kontrollieren und zu koordinieren.

    Es gibt laut Medical News Today weitere Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass das Dopamin-Belohnungssystem eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit dem Flow-Zustand spielt. Dopamin ist ein chemischer Botenstoff im Gehirn, der mit Gefühlen der Motivation, Freude und Belohnung in Verbindung gebracht wird. Es spielt auch eine Rolle bei der Regulierung körperlicher Empfindungen wie Hunger.

    Es wurde beobachtet, dass Personen im Flow-Zustand einen erhöhten Dopaminspiegel aufweisen. Dies könnte erklären, warum sie möglicherweise Hunger oder Müdigkeit nicht bemerken, da Dopamin dazu beitragen kann, diese körperlichen Bedürfnisse vorübergehend zu unterdrücken. 

    Eine Review aus dem Jahr 2021 argumentiert außerdem, dass das Locus Coeruleus-Norepinephrin-System (LC-NE) im Gehirn am Flow mitwirkt. Dieses spezifische Gehirnsystem ist an der Regulierung von Entscheidungsprozessen und der Fokussierung auf Aufgaben beteiligt. Im Flow-Zustand muss eine Person sich intensiv einer herausfordernden Aufgabe widmen, die ihrem Fähigkeitsniveau entspricht, damit das LC-NE-System das Engagement für die Aufgabe angemessen regulieren kann.

    Wann tritt der Flow ein?

    Bei langweiligen oder repetitiven Aufgaben wirst du keinen Flow erleben.
    Bei langweiligen oder repetitiven Aufgaben wirst du keinen Flow erleben.
    (Foto: CC0 / Pixabay / JESHOOTS-com)

    Flow tritt vor allem dann auf, wenn du etwas tust, das dir Spaß macht und das du gut beherrschst. Das können kreativen Künste sein, wie Malen, Zeichnen, Schreiben oder Musizieren, sportliche Aktivitäten, aber auch solche, die sonst mit einer deiner Leidenschaften zu tun haben, wie das Lernen über ein Thema, das dich besonders interessiert, oder ein herausforderndes Spiel. 

    Laut der Forschungsergebnisse, die in der 2020er-Übersichtsstudie zusammengetragen wurden, kannst du im Flow-Zustand deine volle Leistungsfähigkeit erreichen, bist höchst konzentriert und lernst effizienter. Der Grund ist, dass diese Erfahrung von intrinsischer Motivation charakterisiert ist: Die Tätigkeit an sich ist bereits lohnend für dich, was dich motiviert, sie häufiger auszuüben. Dies trägt dazu bei, dass du immer höhere Komplexitätsstufen bei der Herausforderung anstrebst, wodurch sich letztlich dein Fähigkeitsniveau und deine Produktivität verbessern. Tatsächlich konnten Forschende herausfinden, dass Menschen im Flow-Zustand um 500 Prozent produktiver sind. 

    So kannst du den Flow erreichen

    Wenn du im Flow bist, dann vergisst du Zeit und Raum.
    Wenn du im Flow bist, dann vergisst du Zeit und Raum.
    (Foto: CC0 / Pixabay / wal_172619)

    Wenn du also etwas Neues lernen, dich in deinen Hobbies verbessern oder im Beruf konzentriert arbeiten willst, kann dir der Flow helfen. Doch wie erreichst du ihn am besten? Manchmal ist der Flow-Zustand etwas, was einfach kommt. Mit ein paar Strategien kannst du Medical News Today zufolge allerdings nachhelfen. Grundsätzlich geht es darum, mit diesen die richtigen Umstände für einen Flow zu schaffen, denn erzwingen kannst du den Flow an sich nicht:  

    • Denke über frühere Gelegenheiten nach, bei denen du in einen Flow-Zustand geraten bist, und über die Faktoren, die dabei geholfen haben:
    • In welcher Art von Aufgabe fand der Flow statt? Wie war die Umgebung? Wie war dein geistiger Zustand?
    • Auf Basis dieser Überlegungen kannst du versuchen, für andere Aktivitäten dieselben Umstände zu schaffen
    • Vielleicht stellst du fest, dass du bei einem früheren Flow in einer ruhigen Umgebung gearbeitet hast. Dann ist es hilfreich, während einer Aktivität alle Ablenkungen zu eliminieren. Zum Beispiel solltest du dein Handy ausschalten oder zumindest Push-Benachrichtigungen deaktivieren.  
    • Räume dir auch ausreichend Zeit ein, denn es kann eine Weile dauern, um in den Flow-Zustand zu kommen. Strebe den Flow daher eher für längere als für kürzere Aufgaben an und plane dir dafür genügend Zeit ein. 
    • Übe Achtsamkeit: Die Fähigkeiten, mit denen eine Person einen achtsamen Zustand erreicht, sollen denen ähneln, die auch beim Flow eine Rolle spielen. Das ergab eine kleine Studie mit Sportler:innen, die mithilfe von Achtsamkeitsübungen ihre Leistung und ihren Flow verbessern konnten. 
    • Passe die Aufgabe an: Du wirst nicht in einen Flow geraten, wenn die bevorstehende Aufgabe zu langweilig, repetitiv oder einfach ist. Suche dir stattdessen eine Aufgabe, die dich mit Sinn erfüllt (wie ein sinnvolles Hobby) oder mit einer Herausforderung einhergeht (wie das Erlernen eines neuen Stücks beim Musizieren). Diese sollte allerdings nicht so groß sein, dass du Schwierigkeiten bekommst. Zu schwierige oder komplexe Aufgaben kannst du stattdessen in machbare Teilaufgaben zu zerlegen.  

    Es ist nicht immer einfach oder möglich, den Flow Zustand zu erreichen, insbesondere wenn wir von Umwelteinflüssen auf der Arbeit oder zu Hause abgelenkt werden. Sei dann nicht zu hart mit dir, übe dich in Geduld und warte, bis sich der richtige Moment für deinen Flow ergibt.

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