Free Bleeding können sich die meisten Menschen nicht so recht vorstellen. Wie die freie Menstruation funktioniert, Tipps für den Start und was die Vor- und Nachteile sind, erfährst du hier.
Durchschnittlich zwölf mal im Jahr hat eine Frau ihre Periode. Eine einzige Frau verwendet in ihrem Leben durchschnittlich zwischen 10.000 und 17.000 verschiedene Einmal-Hygieneprodukte während der Menstruation. In Deutschland, Österreich und der Schweiz entstehen durch die Menstruation jährlich zwischen 75.000 und 125.000 Tonnen Müll.
Viele umweltbewusste Frauen suchen daher nach Alternativen zu Tampons und Binden. Neben Menstruationstasse, Menstruationsschwämmchen und waschbaren Stoffbinden ist in letzter Zeit immer öfter auch „Free Bleeding“ im Gespräch.
Free Bleeding: So funktioniert die freie Menstruation
Um Free Bleeding zu verstehen, hilft es, ein paar Fakten über die Anatomie der Frau zu wissen.
Das passiert während der Menstruation
Du kannst dir die Gebärmutter so ähnlich wie einen Luftballon vorstellen. Die Gebärmutter ist ein hohler Muskelkörper mit einer Engstelle am Ende, dem Gebärmutterhals. Der Muttermund verengt den Gebärmutterhals.
Das Innere der Gebärmutter ist mit Schleimhaut ausgekleidet. Wenn eine Frau nicht schwanger ist, blutet die Schleimhaut jedes Monat während der Menstruation ab.
Das Blut von der Schleimhaut sammelt sich im Inneren der Gebärmutter. Wenn sich immer mehr Blut ansammelt vergrößert sich der Druck auf den Muttermund und das Blut fließt schwallartig durch den Muttermund und die Vagina aus der Frau heraus.
So funktioniert die freie Menstruation
Der Muttermund verschließt die Gebärmutter also und das Blut fließt nicht ständig während der Periode. Mit ein wenig Übung ist es für viele Frauen möglich, das in der Gebärmutter angesammelte Blut willentlich fließen zu lassen – das ist das Kernidee von Free Bleeding. Anstatt das Blut mit Tampons, Menstruationstasse oder Schwämmchen abzufangen, lässt die Frau das Blut bewusst in regelmäßigen Abständen in die Toilette abfließen.
- Um das Blut fließen zu lassen, soll es helfen, einen ähnlichen Druck auf die Gebärmutter auszuüben, wie während des Stuhlgangs.
- Kippe das Becken nach hinten und spanne die Bauchmuskeln an.
- Weite den Beckenboden.
- Manchmal hilft es die Füße zu erhöhen, indem du die Zehen aufstellst oder eine Fußstütze verwendest.
- Auch in die in die Hocke zu gehen ist anfangs hilfreich.
- Lass das Blut fließen bis nichts mehr kommt.
Wenn die Regelblutung am Beginn der Periode sehr stark ist, musst du möglicherweise alle 20 bis 30 Minuten die Toilette aufsuchen. An den schwächeren Tagen reicht meist der übliche Rhythmus, in dem du die Toilette aufsuchst.
Waschbare Slipeinlagen schützen die Kleidung und sorgen für ein sicheres Gefühl während der Periode. Falls du einmal nicht schnell genug zur Toilette kommst, fangen sie die ersten Bluttropfen sicher auf.
Free Bleeding: Vorteile der freien Menstruation
Free Bleeding ist ein natürlicher Zugang zur Periode und hat viele Vorteile:
- Die freien Menstruation hygienischer. Tampons und Binden können den Körper mit Keimen und chemischen Stoffen belasten.
- Tampons können die Scheide austrocknen. Oft entstehen Mikrorisse und kleine Verletzungen. Die Haut ist dadurch anfälliger für Infektionen.
- Frauen berichten, dass sie durch Free Bleeding weniger Regelschmerzen haben.
- Es fällt durch die Periode kein Müll oder zumindest weniger Müll an. Das ist gut für die Umwelt.
- Durch die intensiven Beobachtungen während der freien Menstruation lernst du deinen Körper besser kennen und gehst achtsamer mit ihm um. Frauen berichten darüber, dass sie durch Free Bleeding einen noch besseren Zugang zu ihrem Körper gefunden haben.
Free Bleeding: Nachteile der freien Menstruation
Im Internet liest man, dass es möglich ist, die Gebärmutter bewusst zu verschließen. Das ist nicht richtig. Freie Menstruation basiert darauf, das Blut gezielt in die Toilette abzulassen. Es ist nicht möglich, das Blut zurück zu halten.
Bei machen Bewegungen des Körpers fließt das Blut ungewollt ab:
- Wenn du in die Hocke gehst, erhöht sich der Druck auf die Gebärmutter.
- Manche Sportarten – wie beispielsweise Yoga – üben sehr viel Druck auf den Beckenboden aus.
- Auch etwas Schweres zu heben kann das Blut fließen lassen.
Free Bleeding hat darüber hinaus noch einige weitere Nachteile:
- Du musst in der Lage sein, selbst über deine Zeit zu bestimmen, um jederzeit auf die Toilette gehen zu können. Im Job ist es meist nicht möglich, sich die Zeit ganz frei einzuteilen.
- An starken Regeltagen musst du die Toilette möglicherweise alle zehn bis fünfzehn Minuten aufsuchen.
- Längere Unternehmungen, ohne die Möglichkeit eine Toilette aufzusuchen, sind nicht möglich.
- Sport ist nur sehr eingeschränkt machbar, wenn du die freie Menstruation praktizierst.
- Ohne Hygieneprodukte solltest du auch in der Nacht ein bis zwei Mal die Toilette aufsuchen.
Fazit:
Frauen benötigen ganz bestimmte Rahmenbedingungen, um Free Bleeding zu praktizieren. Nicht jede Lebenssituation ist für die freie Menstruation geeignet. Und auch nicht für jede Frau ist sie passend. Viele wollen sich nicht so intensiv mit ihrem Körper auseinander setzen und empfinden die zahlreichen Toilettengänge als Einschränkung. Es gibt Lebenslagen – beispielsweise mit kleinen Kindern – in denen es nicht möglich ist sich so stark auf sich selbst zu konzentrieren.
Dass du nicht in jeder Lebenslage die freie Menstruation ausüben kannst, heißt jedoch nicht, dass Free Bleeding nicht funktioniert. Es muss nicht entweder oder sein. Wie wäre es mal mit ausprobieren?
Free Bleeding: Tipps für den Start
Mit diesen Tipps gelingt ein erster Versuch mit Free Bleeding einfacher:
- Beobachte deinen Zyklus ein bis zwei Monate lang. Stöpsle dich dabei nicht zu, sondern lass das Blut in (Stoff-)Binden abfließen. Lerne deine Periode neu kennen und erfahre, wie häufig das Blut abfließt.
- Ein Menstruationsprotokoll kann dir bei den Beobachtungen helfen. Halte fest, wie stark die Blutung ist und wie häufig das Blut an dem Tag fließt.
- Nimm dir Zeit für dich selbst und deine ersten Schritte mit Free Bleeding. Ein langes Wochenende ohne Verpflichtungen ist eine gute Möglichkeit.
- Mach deine ersten Versuche mit der freien Menstruation an den schwächeren Tagen. Meist reicht in dem Fall der natürliche Rhythmus der Toilettenbesuche.
- Trinke an diesen Tagen noch mehr Wasser als sonst. Das erhöht die Frequenz der Toilettengänge.
- Trage während der Periode dunkle Kleidungsstücke.
- Schütze deine Kleidung mit Stoffbinden oder waschbaren Slipeinlagen, falls du die Toilette nicht rechtzeitig erreichst.
- Wenn du keine Stoffbinden kaufen möchtest, kannst du alte Handtücher oder Shirts zerschneiden und dazu nutzen, oder eine Binde selber machen: Stoffbinden selber nähen – Zero Waste in der Menstruation.
- Wasche Blutflecken sofort mit kaltem Wasser aus der Kleidung aus.
- Auch Periodenunterwäsche kann eine Hilfe für die ersten Versuche mit der freien Menstruation sein.
- Sei geduldig mit dir selbst, wenn es nicht gleich klappt. Dein Körper ist es seit vielen Jahren gewohnt anders zu menstruieren.
- Gib deinem Körper Zeit für die Umstellung. Dein Vertrauen in den Körper wächst, wenn du einige Zyklen lang an den schwächeren Tagen die freie Menstruation erfolgreich praktiziert hast.
- Lass das Signal von deinem Körper kommen. Du wirst spüren, wann du bereit bist auch an den starken Tagen das Blut frei laufen zu lassen.
- Verabschiede dich von entweder oder. Du kannst jedes Mal neu entscheiden, wie du bluten möchtest. Wenn du während den Tagen Lust auf Sport hast, verwende Hygienprodukte, die dich gut schützen.
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