Freizeitstress ist für viele Menschen leider kein unbekanntes Phänomen mehr. Warum er unser Wohlbefinden so stark schädigt und wie du Freizeitstress vermeiden kannst, erfährst du hier.
Eine volle Arbeitswoche und nun endlich ins langersehnte Wochenende. Doch ein Blick in den Terminkalender und du merkst, dass du auch Samstag und Sonntag kaum Leerlauf hast: zwei Verabredungen, Kinder zu Freund:innen oder zum Fußballspiel fahren, endlich mal wieder die Eltern anrufen und dann noch Wäsche waschen und die Küche putzen.
Du könntest einige Dinge vielleicht absagen, aber so kurzfristig möchtest du auch niemanden hängen lassen. Und dann ist plötzlich Sonntagabend, der Freizeitstress vom Wochenende ist überstanden und morgen fängt die neue Arbeitswoche an. Erholt hast du dich in der Zwischenzeit nicht. Und das ist ein Problem.
Was ist Freizeitstress?
Die Psychologin Dr. Annalisa Stefanelli gibt gegenüber dem Sanitas-Magazin an, dass sich Freizeitstress nicht von anderen Stressformen unterscheidet. Bei jeder Form von Stress liegt ein Ungleichgewicht vor. Dann lassen sich äußere Erwartungen oder eigene Ziele nicht mit deinen individuellen Möglichkeiten vereinbaren, diese Ziele umzusetzen oder mental zu bewältigen. Wir übersteigen somit unsere Kapazitäten, fühlen uns überfordert, gehetzt und unzufrieden.
Stress ist dabei nicht unbedingt immer etwas Negatives. In der Psychologie gibt es laut dem Sanitas-Magazin den sogenannten Eustress. Dieser ist eine Art positiver Stress. Denn wir bewältigen dabei zwar eine stressige Herausforderung, werden aber am Ende mit einem Gefühl von Erfüllung belohnt. Bei dem sogenannten Disstress bleibt dieses Gefühl dagegen aus. Herausforderungen und ein vollgepackter Zeitplan lösen dann eher bedrohliche Gefühle aus.
Nehmen wir über einen längeren Zeitraum gehäuft negativen Stress wahr, reagiert unser Körper darauf. So begünstigt Dauerstress laut dem Universitätsspital Zürich zahlreiche Krankheiten. Dazu gehören unter anderem psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Burn-Out. Aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen (wie ein Herzinfarkt oder Bluthochdruck) und Magen-Darm-Probleme (wie das Reizdarmsyndrom) können die Folge von zu viel Stress sein.
Was wir als Stress empfinden, ist dabei von Person zu Person unterschiedlich. Vielleicht hast du jedes Wochenende einen vollen Plan, nimmst das jedoch nicht als Belastung oder sogar eher als Bereicherung wahr. Andere sind schon mit wenigen Verabredungen oder Pflichten überlastet und brauchen deutlich mehr Zeit für sich selbst.
Was Stress bedeutet, kann sich auch bei einer Person je nach Lebensphase unterscheiden. Deshalb ist es nicht sinnvoll das eigene Stressempfinden mit dem von Mitmenschen zu vergleichen. Denn letztendlich weißt nur du selbst, was du gerade brauchst und wie du dich am besten von einer vollen Arbeitswoche, sozialen Konflikten oder anderen Herausforderungen erholen kannst.
Warum empfinden wir Freizeitstress?
Der Freizeit-Monitor erfasst das Freizeitverhalten der Deutschen seit 1982. Die Ergebnisse der Umfrage umfassen dabei die Antworten von 3.000 Personen zwischen 1982 und August 2022. Laut den Auswertungen sei der Hauptauslöser von Freizeitstress das Gefühl, Zeit zu vergeuden. So geben viele Menschen an, sich in der Freizeit gestresst zu fühlen, wenn sie zum Beispiel im Verkehr feststecken, an Schlangen anstehen oder Zeit mit Menschen verbringen müssen, die sie nicht mögen.
Seit der Pandemie sehen die Forschenden zudem eine deutliche Stress-Steigerung im Bereich der Lebensplanung. Grund dafür ist zum Beispiel die scheinbare Unvereinbarkeit von Karriere und Familie. Die größten Auslöser für Freizeitstress sind jedoch nach wie vor:
- nicht ausreichend Zeit für sich selbst und andere zu haben,
- zu viel Geld ausgegeben zu haben,
- eine ständige Werbeflut im Alltag
- und die Lärmbelästigung durch Dritte.
Der allgemeine Freizeitstress hat laut den Auswertungen während der Corona-Pandemie abgenommen. Schließlich gab es in dieser Zeit weniger Angebote und Möglichkeiten, sich zu treffen. Doch durch die Lockerungen und anschließenden Aufhebungen vieler Corona-Regeln gleichen unsere Freizeitmöglichkeiten mittlerweile fast wieder denen, die wir vor der Pandemie hatten. Ob dadurch auch der Freizeitstress zukünftig wieder zunehmen wird, muss sich erst noch zeigen.
Doch warum ist Freizeitstress eigentlich gerade in der heutigen Zeit ein so präsentes Thema? Ulrich Reinhardt, der wissenschaftliche Leiter hinter dem Freizeit-Monitor, nennt gegenüber der Süddeutschen Zeitung einen klaren Grund: die sozialen Medien.
Soziale Medien und FOMO
Laut Reinhardt haben wir durch soziale Medien verlernt, unsere Freizeit zu genießen. Denn auf Instagram, TikTok und anderen Plattformen werden wir ständig damit konfrontiert, wie andere Menschen ihr Leben genießen. Das löst in uns einen gewissen Druck aus – und die Angst, etwas zu verpassen. Für letztere hat sich mittlerweile sogar ein feststehender Begriff etabliert: FOMO (Fear Of Missing Out)
Diese Angst vor dem Verpassen ist laut Reinhardt das Resultat eines modernen Optimierungswahns. Wir sehen das scheinbar perfekte Leben unserer Mitmenschen und wollen ein mindestens genauso perfektes Leben haben. Wir beginnen dann alles im Leben zu optimieren, auch unsere Freizeit. Das führt dazu, dass wir vielleicht sonntags nicht einfach mal ein paar Stunden auf der Couch liegen bleiben und ein Buch lesen, sondern uns permanent verabreden – nur damit wir etwas Spannendes zu erzählen haben oder auf Instagram entsprechende Bilder posten können.
Wir gehen also oft nicht zu einer Veranstaltung, weil wir es wirklich wollen, sondern weil wir Angst haben, nicht hinzugehen. Auf diese Weise genießen wir unsere Freizeitaktivitäten nicht mehr, sondern machen sie uns selbst zu Verpflichtungen.
Freizeitstress: So umgehst du ihn
Soziale Medien, die damit einhergehende ständige Vernetzung und wachsender sozialer Druck sind also die Hauptursachen für Freizeitstress. Dieses Wissen kannst du nutzen, um Freizeitstress bewusst zu vermeiden und deine freie Zeit wirklich zur Erholung zu nutzen:
- Digital Detox: Für ein erholsames Wochenende lässt du das Smartphone am besten ausgeschaltet in der Schublade oder du schaust nur in bestimmten Intervallen, ob du Nachrichten oder Anrufe bekommen hast. Soziale Medien meidest du am besten völlig.
- Nichtstun: Du hast schon die ganze Woche einen vollgepackten Zeitplan? Dann kannst du dir am Wochenende auch einfach mal einen Tag oder wenigstens ein paar Stunden blockieren, in denen du die Seele baumeln lässt und dir Zeit für Selbstfürsorge nimmst.
- Absagen: Deine Freund:innen gehen alle auf diese eine Party, einen Geburtstag oder ein Konzert, aber du würdest am liebsten einfach zu Hause bleiben? Dann ist es ratsam, deinem Bedürfnis nach Ruhe nachzugeben. Dazu musst du jedoch lernen, „Nein“ zu sagen.
- Hobbys: Am Wochenende, an freien Tagen oder im Urlaub hast du mal wieder Zeit, deinen Hobbys nachzugehen. Idealerweise entstehen dabei sogenannte „Flow“-Momente, in denen du Raum und Zeit und deine nächsten To-Do-Listen für eine Weile vergisst. Das kann zum Beispiel beim Kochen, Spazieren, Sport, Musikmachen oder Malen passieren.
- Achtsamkeit: Indem du regelmäßig Meditationen, Atemübungen und Entspannungstechniken in deinen Alltag integrierst, kannst du deinen Stresslevel bewusst senken. Zudem bekommst du dadurch eventuell einen besseren Zugang zu deinen Bedürfnissen. Oft sind wir im Alltag so gestresst, dass wir gar nicht mehr genau wissen, was wir eigentlich wollen. Setzt du dich jedoch mal kurz hin, schließt die Augen und atmest tief ein, wird dir vielleicht klar, was du jetzt am meisten brauchst: einen geselligen Spieleabend oder einfach nur einen warmen Tee, eine Couch und ein spannendes Buch.
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