Gaskraftwerke setzen Treibhausgase frei, dennoch nehmen sie bei der Energiewende eine besondere Stellung ein. Worum es dabei geht und wie nachhaltig die Methode ist, liest du hier.
Gaskraftwerke sollen die Energiewende begleiten
Gaskraftwerke sind Teil des Stromnetzwerks in Deutschland. Die bestehenden Anlagen arbeiten hauptsächlich mit Erdgas, das zu den fossilen Brennstoffen gehört. Wie auch bei Kohle oder Erdöl entstehen dabei klimaschädliche Treibhausgase und CO2-Emissionen. Diese bewirken, dass sich die Erde zunehmend erwärmt und beschleunigen somit den Klimawandel.
Die Energiewende soll die Stromerzeugung ohne fossile Brennstoffe bewerkstelligen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nennt das Energieziel für 2050: Klimaneutraler Strom. Dafür muss ein Umbau der Energieversorgung erfolgen. Wind- und Solaranlagen ersetzten die alten Kraftwerke, die derzeit rund 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen verantworten.
Auch wenn Gaskraftwerke Erdgas verwenden, kommt ihnen eine spezielle Position zu. Die Bundesregierung setzt beim Umbau der Stromversorgung auf die flexiblen Gaskraftwerke, um eine lückenlose Versorgung mit Strom zu gewährleisten. Wind- oder Solarstrom sind auf gewisse Wetterbedingungen angewiesen. An windigen oder sonnigen Tagen produzieren die Anlagen oftmals mehr Strom, als Verbraucher:innen gerade benötigen. In Zeiten mit ungünstigen Wetterbedingungen dagegen reicht die aktuelle Produktion nicht immer aus. Stromspeicher können solche Schwankungen ausgleichen. Wie die Regierung erklärt, könnte es trotz Speicherung noch vorkommen, dass Lücken in der Stromversorgung entstehen. In diesen Situationen sollen Gaskraftwerke schnell einspringen und die Stromversorgung sicherstellen.
Das UBA bezeichnet daher Gaskraftwerke als Brückentechnologie. Sie sollen in den nächsten Jahren die erneuerbaren Energien ergänzen. Das UBA weist jedoch darauf hin, dass die Gaskraftwerke langfristig nicht im Einklang mit dem genannten Energieziel stehen. Gaskraftwerke sind Zug um Zug vom Stromnetz zu nehmen, sobald erneuerbare Quelle ausgebaut sind – ähnlich, wie jetzt schon alte Kohlekraftwerke stillgelegt sind.
Gaskraftwerk: Die schnelle Lösung für zwischendurch
Gaskraftwerke bieten sich als Übergangslösung für die Energiewende vor allem aus zwei Gründen an:
- Flexibler Einsatz – Das UBA erklärt, dass Gaskraftwerke ohne lange Vorlaufzeiten Strom produzieren können. Die Kraftwerke lassen sich so schnell bei Bedarf zuschalten und speisen Strom ins Netz ein.
- Wenig CO2-Emissionen – Sie setzen weitaus weniger Kohlendioxid-Emissionen (CO2) frei als Kraftwerke, die andere fossile Energieträger nutzen. Laut Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) liegen bei Erdgas die Kohlenstoffdioxid-Emissionen um rund 40 Prozent unter denen von Steinkohle, im Vergleich zu Braunkohle sind es sogar 50 Prozent.
Das UBA berichtet, dass die Energiewende mit den bestehenden Kraftwerken zu schaffen sei. Aus ihren Untersuchungen geht hervor, dass erst zum Ende des Jahrzehnts neue effiziente Kraftwerke benötigt würden. Dies könnten sowohl Gasturbinen- oder Gas-Dampfkraftwerke sein.
- Gasturbinenkraftwerke – Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt, dass diese herkömmliche Art der Kraftwerke mit einer Turbine arbeiten. Sie produzieren Strom, indem ein brennendes Gemisch aus Luft und Erdgas durch Turbinen strömt. Dies treibt dann Stromgeneratoren an. Dabei entstehen Temperaturen von bis zu 1.500 Grad Celsius. Die Abgase enthalten das Treibhausgas Kohlendioxid sowie Wasserdampf und Stickstoff.
- Gas-und-Dampfkraftwerke (kurz GuD) – Diese Technologie nutzt das Erdgas gleich doppelt. Die heißen Abgase treiben zusätzlich eine Dampfturbine an, die ebenfalls Strom produziert. Damit ist ein GuD effizienter als ein Gasturbinenkraftwerk.
- Kraft-Wärme-Kopplung (kurz KWK) – Hierbei erzeugen die heißen Abgase der Gasturbine Wärme. Das Bundesministerium für Energie erläutert, dass diese KWK-Kraftwerke Strom und Wärme produzieren, zum Beispiel für Fernwärme in Heizungen oder für die Industrie. Dadurch nutzen diese Anlagen das Erdgas ebenfalls besser aus und sind somit energieeffizienter.
Bei Gaskraftwerken sind die Methanemissionen entscheidend
Um wirklich zu beurteilen, ob Erdgas den Strom klimafreundlicher produziert, sollte in die Rechnung alle Auswirkungen auf die Umwelt einfließen.
- Methanemissionen – Die BGR weist in ihrer Studie zur Klimabilanz von Erdgas darauf hin, dass Methan den größten Anteil im Erdgas ausmacht. Bei der Förderung, dem Transport und der Verarbeitung von Erdgas kann Methan immer entweichen. Lange Transportwege von Erdgas wirken sich daher durch diese Emissionen negativ für das Klima aus. Das Treibhausgas Methan zerfällt schneller in der Atmosphäre als Kohlenstoffdioxid. Allerdings hat es einen stärkeren Effekt auf die Erderwärmung. Laut Übersicht der Vereinten Nationen wirkt Methan in einem Zeitraum von 20 Jahren 56 Mal stärker als die vergleichbare Menge Kohlenstoffdioxid auf die Erderwärmung.
- Erdgasreserven – Wie bei Kohle oder Erdöl sind die Reserven der Erde auch für Erdgas nicht unerschöpflich. Den Bedarf decken in Deutschland Zukäufe aus dem Ausland. Hauptsächlich liefern Russland, Norwegen sowie die Niederlande das Erdgas an, in Zukunft vermutlich auch Katar. Sollte Russland kein Erdgas mehr liefern, hat Deutschland einen Notfallplan ausgearbeitet – Gaskraftwerke sollen dabei weiterhin vorrangig versorgt werden. Bei den Transporten durch Pipelines kann Methan in die Atmosphäre entweichen.
Damit stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Gaskraftwerke tatsächlich sind:
- Greenpeace wendet sich gegen die offizielle EU-Definition für nachhaltige Investitionen. Mit der EU-Klassifizierung gelten zum Beispiel Kraftwerke, deren Treibhausemissionen unter 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunde bleiben, als nachhaltig. Einige der Gaskraftwerke können unter bestimmten Voraussetzungen den Richtwert erfüllen. In der Rechnung fehlen jedoch die Methan-Emissionen aus den vorgelagerten Prozessen, wie Förderung und Transport. Die Folgen könnten Förderungen für angeblich nachhaltige Anlagen sein, die die Klimaziele von Deutschland nicht unterstützen. Bis 2050 soll die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad Celsius ansteigen. Bei diesem Wert sehen die Forscher:innen Chancen, dem Klimawandel zu begegnen.
- Die BGR wirft ebenfalls die Frage auf, ob nicht mit Blick auf die Methan-Emissionen der erwartete Klimavorteil von Erdgaskraftwerken verloren geht.
Gaskraftwerk: Geht es auch anders?
Die Stromherstellung durch erneuerbare Energiequellen, wie zum Beispiel Windkraft, sind wetterbedingten Schwankungen unterworfen. Dadurch entstehen Überproduktionen, die sich nicht immer sinnvoll verwenden lassen.
Greenpeace Energy berichtet von der Möglichkeit, den überschüssigen Windstrom als sogenanntes Windgas zu nutzen. Dabei wandelt ein technisches Verfahren den Windstrom zu Wasserstoff um. Dieser lässt sich so in das bestehende Erdgasnetz einspeisen.
Eine weitere Alternative, die Greenpeace nennt, ist Biogas. Allerdings ist hierbei die Herkunft der Bioabfälle, mit der die Anlage arbeitet, wichtig. Für nachhaltiges Biogas sollten tatsächlich Abfälle das Gas produzieren und keine eigens für diesen Zweck angebauten Pflanzen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Ökostrom-Label: die wichtigsten Siegel im Vergleich
- Alles mögliche ist jetzt angeblich ‚klimaneutral!‘ – aber was heißt das eigentlich?
- Wasserstoffautos kaufen: Wann ist die Zeit reif für den Wasserstoffantrieb?
War dieser Artikel interessant?
- Dunkelflaute macht Strom teuer: Brauchen wir mehr Ökostrom?
- Filmtipp zu Fukushima: Furusato – Wunde Heimat
- Stromfresser PC: So berechnest du den Stromverbrauch und senkst ihn
- Kohlekonzern RWE: 6 Dörfer sollen zerstört werden – nutzt eure Verbraucher*innen-Macht!
- Alte Glühbirnen weiterverwenden? Warum das keine gute Idee ist
- Utopia-Podcast: Energie sparen in der Küche
- Ministerium: Kohleausstieg gefährdet nicht die Versorgungssicherheit
- Die Schweiz stimmt für den Atomausstieg
- Bundesverfassungsgericht: Brennelementesteuer ist verfassungswidrig