Innerhalb verschiedener Generationen lassen sich unterschiedliche Perspektiven auf die Klimakrise ausmachen. Hier erfährst du mehr zu den relevanten Einstellungen und Verhaltensweisen der verschiedenen Altersgruppen.
Ist Klimaschutz ein Generationenkonflikt? Dieser Eindruck kann leicht entstehen. Schließlich werfen gerade jüngere Generationen den älteren Bevölkerungsschichten oft verpasste Chancen und umweltzerstörerisches Verhalten vor. Und auch jetzt scheinen sie doch nur auf Fridays-for-Future zu schimpfen und ihre Fehler nicht eingestehen zu wollen. Ist das tatsächlich so? Wir klären auf, warum sich die Generationen nicht so leicht in „klimaschädlich“ und „klimafreundlich“ einteilen lassen.
Generation X, Y und Z: Wofür stehen sie?
Welche Geburtenjahrgänge eine bestimmte Generation miteinschließt, schwankt leicht je nach Quelle und Perspektive. Über die allgemeinen Einflüsse und Motive, die die Generationen prägen, ist sich die Forschung jedoch weitestgehend einig:
- Die Generation X umfasst alle Menschen, die zwischen 1965 und 1979 geboren wurden. Sie sind geprägt durch die Wirtschaftskrise, höhere Scheidungsraten und eine verstärkte Suche nach Erfolg im Arbeitsleben.
- Generation Y, die sogenannten „Millennials„, sind zwischen 1980 und 1993 geboren. Sie haben die Anfänge und den rasanten Erfolg des Internets und die Globalisierung miterlebt. Im Gegensatz zu vorangegangenen Generationen messen sie Erfolg in der Arbeitswelt nicht mehr ganz so viel Bedeutung bei, sondern konzentrieren sich auch verstärkt auf eine gesunde Work-Life-Balance.
- Die Generation Z, auch bekannt als die „Post-Millennials„, schließt zwischen 1994 und 2010 Geborene ein. Diese Generation umfasst die sogenannten Digital Natives. Sie sind mit dem Internet und sozialen Netzwerken und Videoplattformen, sowie dem Motto der ständigen Erreichbarkeit aufgewachsen.
Die Jahrgänge vor der Generation X werden als „Babyboomer“ bezeichnet. Der Name ist auf die steigenden Geburtenraten zwischen den Jahrgängen 1946 und 1964 zurückzuführen. Sie legen den Fokus auf Arbeit, Sicherheit und Familie.
Der Zukunftsforscher Mark McCrindle befürwortet übrigens die Bezeichnung „Generation Alpha“ für alle Jahrgänge ab 2010.
Wie steht es um die Klimaangst?
In der Wissenschaft besteht ein Konsens, dass die jüngeren Generationen künftig deutlich mehr extreme Wetterlagen fürchten müssen, als dies bei ihren Großeltern der Fall war. Mehr dazu erfährst du im Beitrag: Extremwetter: Junge Generationen sind künftig besonders stark betroffen
Demnach ist es für das Leben der Generation Z und der folgenden Generation Alpha besonders relevant, wie gut wir der Erwärmung jetzt entgegenwirken können. Dies ist unter anderem auch einer der Gründe, warum manche Jugendliche fordern, das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen. So können sie schon unter 18 Jahren ihre Stimme für Klimaschutz einsetzen.
Angesichts der wachsenden Bedrohung für junge Generationen scheint es auch nicht verwunderlich, dass gerade jüngere Menschen mehr von Klimaangst betroffen sind als Ältere. Sie machen sich mehr Sorgen um die Konsequenzen der globalen Erwärmung. Diese Angst kann lähmen oder aber zum Aktivismus motivieren. Eine erhöhte Klimaangst in der Generation Z kann auch die weltweite Verbreitung der jungen Fridays-for-Future-Bewegung erklären. Doch wie wirken sich nun die unterschiedlichen Umgangs- und Sichtweisen bezüglich des Klimas auf das Verhalten der Generationen aus?
Generationen und PKW-Nutzung
Laut der Bundeszentrale für politische Bildung ist die regelmäßige Verfügbarkeit eines PKW bei den 36- bis 50-jährigen mit 78 Prozent am höchsten. Dies schließt also die ältere Generation Y und die jüngere Generation X mit ein. Mit 68 Prozent folgen gleich danach die 51- bis 60-Jährigen, also größtenteils der ältere Teil der Generation X. Hier ist also davon auszugehen, dass diese Altersgruppen am ehesten in einem Haushalt mit einem privaten PKW wohnen.
Von den 18- bis 25-Jährigen, also der Generation Z, haben nur 41 Prozent regelmäßig Zugang zu einem privaten Auto. Dies ist der niedrigste Wert aller untersuchten Altersgruppen. In der Statistik steigt der Wert vom 18. bis zum 50. Lebensjahr kontinuierlich an.
Auch in Auswertungen des Bundesverkehrsministeriums aus dem Jahr 2017 wird deutlich, dass die 40 bis 59-Jährigen mit durchschnittlich 33 bis 34 Kilometern pro Tag am häufigsten Strecken mit dem privaten PKW zurücklegen. Kurz danach folgen die 30- bis 39-Jährigen mit 31 Kilometern. Bei den 20- bis 29-Jährigen ist der Wert mit 25 Kilometern nicht so viel geringer. Der niedrige Wert der Generation Z ist vermutlich größtenteils darauf zurückzuführen, dass diese zum großen Teil noch keinen Führerschein haben. Zudem fehlt das Geld oder der Platz für einen eigenen PKW.
Ob Menschen einen privaten PKW haben und wie viel Kilometer sie damit zurücklegen, hängt zudem auch davon ab, ob sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen und ob sie Kinder haben. Dass Generation Y und Z also tatsächlich nur aus Klimaschutzgründen weniger Auto fahren, ist unwahrscheinlich.
Fliegt Generation Z wirklich mehr?
Wie steht die Fridays-for-Future Generation Z nun beim Fliegen da? Schließlich beschuldigen Ältere die jüngeren Generationen häufig, sie würden zwar für Klimaschutz die Schule schwänzen, dann aber trotzdem nach Australien fliegen. So äußert sich zum Beispiel Markus Söder 2019 im BR: „Der Münchner Flughafen meldet derzeit Rekord von jungen Fliegenden, also noch nie waren [es] so viele junge Menschen, die geflogen sind. Gleichzeitig sagt man aber, Fliegen ist schlecht.“
Laut dem BR stieg die Anzahl der jungen Flugreisenden unter 29 Jahren (also der Generation Z) von 2008 bis 2017 tatsächlich von allen Altersgruppen am stärksten an. Diese Werte beziehen sich auf Flüge, die in Deutschland starten. Nichtsdestotrotz gibt es in allen Altersgruppen steigende Flugzahlen zu verzeichnen. Zudem stellten die 30- bis 49-Jährigen (Generation X und Y) im Jahr 2017 mit 38,8 Prozent den größten Anteil der deutschen Flugreisenden dar.
Die Generationen und ihr Konsumverhalten
Beim Konsumverhalten gibt es teils sehr unterschiedliche Befunde zu den verschiedenen Generationen. Eine Studie der Unternehmensberatung O&C Strategy Consultants aus dem Jahr 2019 befragte dazu 1024 Proband:innen der Generation Z. Die Antworten fielen dabei jedoch weniger klimafreundlich aus, als vielleicht erwartbar gewesen wäre: Nur 16 Prozent verpflichten sich zur Reduzierung des individuellen Mülls, und nur 11 Prozent gaben dies bei Plastikmüll an. Dies entspricht acht bis 13 Prozentpunkten weniger im Vergleich zu vorangegangenen Generationen.
Zudem sind 18 Prozent bereit, ihre Klimabilanz zu reduzieren und 17 Prozent beachten beim Kauf die Nachhaltigkeit und ethischen Standards hinter dem Produkt. Dies ist jedoch immer noch besser als der Durchschnitt der vorherigen Generationen.
Ein anderes Bild zeigt unsere Utopia-Studie zu bewusstem Konsum aus dem Jahr 2017. Aus der Studie geht hervor, dass die Millennials und teilweise auch die Post-Millennials zwar konsumfreudig sind und gern Neues ausprobieren, aber auch verantwortungsbewusst einkaufen. Sie sind dank Internetquellen gut informiert und haben beim Kauf hohe ethische Standards. Zudem sehen sie Konsum auch als politisches Instrument an.
Generationen Y und Z ist es wichtiger als allen anderen Altersgruppen, möglichst zu so leben, dass sie dabei anderen keinen (indirekten) Schaden zufügen. Deshalb war unter den jüngeren Befragten die Bereitschaft besonders hoch, einen höheren finanziellen Preis für mehr Nachhaltigkeit bei Produkten zu zahlen. Mehr dazu erfährst du hier: Utopia-Studie veröffentlicht: So tickt der bewusste Konsument wirklich
Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen vor allem Eines: Auch Generationen sind nicht homogen, sondern ebenfalls von internen Spaltungen geprägt. Nicht alle Unter-25-Jährigen gehen zum Klimastreik. Und nicht alle Über-40-Jährigen kaufen jeden Tag Kaffee im Einweg-Becher.
Zudem dürften sich gerade die Baby-Boomer gut mit plastikfreien Lösungen auskennen. Schließlich begann die Plastik-Massenproduktion erst im Jahr 1950 und stieg dann bis etwa 1977 leicht an, bevor sie anschließend immer rasantere Anstiege verzeichnete. So kennen viele ältere Generationen aus ihren Kindheits- und Jugendtagen noch die verpackungsarmen Tante-Emma-Läden und gingen regelmäßig mit wiederverwendbaren Beuteln, Taschen, Flaschen und Boxen einkaufen.
Wer isst mehr Fleisch?
Laut der Utopia-Studie stehen die Generationen Y und Z beim Fleischkonsum besonders gut da: Jede zweite befragte Person zwischen 14 und 29 Jahren isst vegetarisch oder vegan. Bei den Babyboomern betrifft dies nur jede vierte Person.
Laut einem Artikel der Zeit gibt es bei der Generation X und den Babyboomern zwar weniger dieser sprachlichen Label, jedoch essen sie generell weniger Fleisch als Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. Unter den 18- bis 24-Jährigen der Generation Z gaben 61 Prozent an, mehrmals in der Woche Fleisch zu essen. Bei den 25- bis 34-Jährigen (Generation Y) betraf dies sogar 64 Prozent. Bei den über 55-Jährigen lag der Wert hingegen nur noch bei 44 Prozent.
Mit insgesamt neun Prozent liegt der Anteil der Vegetarier:innen und Veganer:innen jedoch auch laut der Zeit bei den 18- bis 24-Jährigen am höchsten. Zudem unterstützen fast die Hälfte der Befragten in dieser Altersgruppe einen wöchentlichen Veggie-Day in Kantinen.
Umgang mit Kleidung
Greenpeace befragte im Jahr 2015 1011 Personen zwischen 18 und 69 Jahren nach ihrem Umgang mit Kleidungsstücken und Schuhen. Laut den Ergebnissen gibt es kaum Unterschiede in der Anzahl der Kleidungsstücke. Jedoch liegt sie bei den Baby-Boomern mit 98 Prozent höher als bei den 18- bis 29-Jährigen mit 92 Prozent. Doch wie gehen die Generationen mit ihrer Kleidung um? Werfen sie sie sofort weg, wenn einmal etwas kaputt ist?
- Der Anteil derer, die ihre kaputten Schuhe hin und wieder beim Schuster reparieren lassen, war bei den Baby-Boomern am höchsten. In der Altersgruppe von 18 bis 29 Jahren war der Anteil mit nur 41 Prozent besonders gering.
- Auch beim Reparieren kaputter Kleidungsstücke schneiden Generation Z und Y schlecht ab. Auch hier stellen sie mit 48 Prozent den höchsten Anteil derer, die noch nie kaputte Kleidung selbst repariert haben. Die Werte der anderen Altersgruppen liegen in dieser Kategorie relativ nah beieinander: Etwa 38 bis 43 Prozent von ihnen machten dieselbe Aussage.
- Anders sieht es bei Second-Hand-Ware aus: Tatsächlich schneiden hier die 60- bis 69-Jährigen am schlechtesten ab. 66 Prozent haben noch nie gebrauchte Kleidung gekauft. Die 40- bis 49-Jährigen (Generation X/Y) haben diesbezüglich mit 47 Prozent den niedrigsten Wert.
Das Zwischenfazit: Babyboomer reparieren Kleidung und Schuhe eher und Generation Z und Y neigen eher dazu, gebrauchte Kleidung zu kaufen. Beides sind klimafreundliche und ressourcensparende Maßnahmen, die wir im besten Fall miteinander kombinieren sollten um Fast Fashion entgegenzuwirken. Zu beachten ist außerdem, dass die Studie nicht anzeigt, inwieweit und wie oft die befragten Personen neue Kleidung kaufen oder Gebrauchtes weiterverschenken.
Fazit: Klimakrise als Generationenkonflikt?
Gibt es in Sachen Klimaschutz nun tatsächlich einen Spalt zwischen den Generationen und ist die Klimakrise in diesem Sinne also auch ein Generationenkonflikt? Schließlich scheint der unterschiedliche Umgang mit dem Klima auch in Familien ein Streitthema zu sein: Die Jugend beschuldigt die Baby-Boomer die Umwelt zerstört zu haben und nun die Jüngeren mit den Konsequenzen allein zu lassen. Die älteren Generationen halten die Forderungen der Jugend hingegen scheinbar oft für realitätsfern und wehren sich gegen die Anklagen und geforderten Veränderungen.
Auch wenn dies teilweise so sein mag, sollten wir die Klimakrise nicht zum generellen Generationenkonflikt hochstilisieren. Es ist wichtig, dass wir bei dieser Herausforderung alle gemeinsam an einem Strang ziehen – ganz egal, zu welcher Generation wir gehören. Wir sollten deshalb aufhören, uns gegenseitig Vorwürfe zu machen, sondern Altersgrenzen überwinden, einander zuhören und zusammen nach Lösungen suchen. Denn der Klimakrise können wir uns nur gemeinsam stellen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Klimawandel-Studie: Klimakrise vergrößert die soziale Schere
- Angst, Wut, Sorgen: Was die Klimakrise für unsere Psyche bedeutet
- Wie mit „Klimaangst“ umgehen? Das sagt ein Psychologe
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