Beim Thema Gesichtspflege scheiden sich die Geister: Manche halten es gern minimalistisch, andere greifen begeistert zu Masken und Intensivkuren. Experten erklären, was für eine gesunde Haut tatsächlich nötig ist.
Cremes, Ampullen, Seren, Toner, Öle, Konzentrate… Unzählige Produkte für Gesichtspflege locken in den Drogeriemärkten, und man fragt sich dabei unweigerlich: Brauche ich das alles? Die klare Antwort darauf lautet: Jein. Entscheidend ist, wie die eigene Haut aussieht und wie sie sich anfühlt – dann sollte man individuell auf ihre Bedürfnisse eingehen und sie mit entsprechenden Mitteln pflegen.
Claudia Taron ist Naturkosmetik-Dozentin an der Akademie Gesundes Leben und hat immer wieder mit „Pflegeverweigerern“ zu tun, die der Auffassung sind: Es reicht doch, das Gesicht mit Wasser zu waschen. Im Gespräch mit Utopia erklärt die Expertin: „Es gibt wenige Menschen mit einer tollen Haut, die problemlos so weitermachen können. Meistens ist die Haut aber in keinem guten Zustand.“
Gesichtspflege nach dem Hautbild: ein individuelles Thema
Was Gesichtspflege heute oft notwendig macht: Wir leben nicht mehr unter optimalen Bedingungen – Umweltverschmutzung setzt der Haut zu, auch der Lebensstil und die Ernährung spielen eine große Rolle. Taron spricht deshalb bewusst nicht von den drei Hauttypen „normal“, „trocken“ und „fettig“, sondern von Hautbildern: „Die Haut ist ein lebendiges Organ und vielen Einflüssen ausgesetzt. Manche Menschen stellen fest, dass sie im Sommer nicht viel tun müssen – aber im Winter spannt ihre Haut und wird trocken.“
Das wichtigste sei daher, bei der Gesichtspflege immer hautbildgerecht sein – und zwar nach dem aktuellen Hautbild. Habe ich große Poren, Unreinheiten oder Feuchtigkeitsmangel? Berater in Fachgeschäften können dabei helfen, das persönliche Hautbild zu bestimmen und anschließend passende Pflegeprodukte zu finden.
Für Minimalisten: Die Grundausstattung der Gesichtspflege
Essentiell ist laut Taron ein hauttypgerechtes Reinigungsprodukt, zum Beispiel eine Waschcreme oder eine Reinigungsmilch: „Das ist das Minimum, weil es vorbereitend wirkt auf das, was danach kommt.“ Der nächste Schritt sei ein Toner (manche kennen ihn unter dem Namen Gesichtswasser) oder ein Feuchtigkeitsgel – diese beiden Produkte würden die Grundlage bilden.
Die Dematologin Uta Schlossberger hält Letzteres hingegen nicht für notwendig und ist grundsätzlich der Auffassung: Weniger ist mehr. Sie rät, das Gesicht morgens vor dem Cremen nur mit Wasser zu waschen: „Abends sollten Sie dann ein Reinigungsprodukt verwenden – Mizellenwasser eignet sich dafür perfekt.“
Wenn es ganz minimalistisch sein soll, empfiehlt Expertin Taron als Drittes eine 24-Stunden-Creme, die man morgens und abends verwenden kann – ansonsten eine Tagescreme und eine Nachtcreme. Die Aufgaben einer Tagescreme sind, die Haut vor Umweltbelastungen und Feuchtigkeitsverlust schützen – Anti-Pollution-Kosmetik ist hierbei besonders sinnvoll. Eine Nachtcreme soll die Haut pflegen und ihre Regeneration in der Nacht unterstützen.
Schlossberger empfiehlt, eine Nachtcreme ab ungefähr 40 Jahren zu verwenden und anfangs nur alle zwei Tage abends. „Wichtig ist, dass die Creme keine Duft- und Konservierungsstoffe enthält“, betont die Hautärztin.
„Das erste Extra – und ab ungefähr 20 Jahren vielleicht doch ein kleines Muss – ist die Augenpflege“, sagt Taron. Denn sie sei speziell auf die zarte Augenpartie abgestimmt, die dünner und empfindlicher ist und deshalb eine andere Gesichtspflege benötigt, und beuge dort vorzeitiger Hautalterung vor. Laut Schlossberger ist eine Augencreme nicht unbedingt notwendig; man könne auch die Tagespflege mit im Augenbereich auftragen.
Noch ein Tipp von Taron: Minimalisten, die überhaupt keine Gesichtscremes verwenden möchten, können stattdessen ein Gesichtsöl nehmen – dafür zuerst ein Hydrolat, ein Feuchtigkeitsserum, auftragen und anschließend ein, zwei Tropfen Öl. „Das Wertvolle daran sind die Fettsäuren der pflanzlichen Öle, die die Haut sehr gut verwerten kann.“
Die wichtigsten Schritte bei der Gesichtspflege – und was sie bewirken
Die Standard-Gesichtspflege besteht also aus folgenden Produkten und Schritten.
- Schritt 1 ist die Reinigung, mindestens abends mit einem Reinigungsprodukt. Die Haut ist ein Ausscheidungsorgan, tagsüber sammelt sich auf der Gesichtshaut Schweiß, Talg und Feinstaub an. „Die Reinigung sorgt dafür, all das zu entfernen, um die Haut überhaupt für die Creme aufnahmebereit zu machen“, erklärt Taron. „Womit ich das gerne vergleiche: Wenn du einen Holzboden bohnern willst, musst du davor zumindest einmal gesaugt oder gewischt haben.“ Eine Creme könne in ungereinigte Haut gar nicht einziehen.
- Schritt 2 ist ein Toner oder ein Feuchtigkeitsgel. „Er dient quasi als ‚Gleitschiene‘, damit die nachfolgende Creme besser aufgenommen werden kann“, sagt die Expertin. Ein Gesichtswasser oder Feuchtigkeitsgel sei dazu da, den PH-Wert der Haut zu neutralisieren, die Haut zu stärken und mit Feuchtigkeit zu versorgen. Schlossberger rät, diesen Schritt auszulassen und direkt eine Creme zu verwenden.
- Schritt 3 ist die Tages- oder Nachtcreme beziehungsweise die 24-Stunden-Creme – alternativ das Gesichtsöl. Taron erklärt: „Wichtig ist, die Creme auf die noch feuchte Haut aufzutragen. Dann kann sie sehr sparsam angewendet werden – ich brauche nur eine Erbsengröße. Und die Creme zieht auch richtig gut in die Haut ein.“ Die Wirkstoffe aus der Gesichtspflege können so optimal von der Haut aufgenommen werden.
- Schritt 4 des Standardrituals ist – optional – die Augenpflege, ansonsten das Auftragen der Tagescreme in der Augenpartie. Sie wird sanft mit dem Finger eingeklopft – so wird die Durchblutung gefördert, und die Wirkstoffe ziehen in dieser sensiblen Hautpartie besser ein.
Extras – und für wen sie sinnvoll sein können
Mit zusätzlichen Pflegepräparaten kann man arbeiten, wenn die Haut besondere Bedürfnisse hat. Das heißt zum Beispiel: Sie ist aufgrund von temporärem Stress im Alltag irritiert, gerötet, schuppt oder leidet an Feuchtigkeitsmangel. Andere Bedürfnisse hat die unreine Haut – oder eine Haut, die altersbedingt über weniger Feuchtigkeit und Fett verfügt, Falten produziert, empfindlicher und dünner wird. Faktoren, die sich negativ auf die Haut auswirken, sind Krankheiten, Medikamente, zu viel Sonne, Feinstaub, ungesunde Ernährung und zu wenig Wasser.
Taron empfiehlt als erstes Extra zur normalen Pflegeroutine Masken: „Ungefähr einmal pro Woche oder wenn man ein besonderes Hautproblem hat – bei unreiner Haut kann es dann eine Reinigungsmaske sein.“
Der nächste Schritt wäre alles, was es an Intensivpflege-Präparaten gibt. Man findet sie in den verschiedensten Darreichungsformen – als Konzentrate, Seren und Ampullen, gelig, ölig, flüssig oder feuchtigkeitsspendend. Man verwendet sie zusätzlich zur Creme und trägt sie vorher auf, manchmal auch in Kombination mit einer Maske. Taron erklärt: „Diese wirkstoffreichere Pflege kommt zum Einsatz, wenn die Haut besondere Bedürfnisse hat, strapaziert ist oder, um ihr mal etwas Gutes zu tun“. Solche Intensivpräparate sind laut der Naturkosmetik-Dozentin umso empfehlenswerter, je älter man wird – um der Haut zu helfen, wenn ihre Schutzfunktion nachlässt.
„Bei unkomplizierter, normaler Haut könnte man ein Feuchtigkeitsgel anwenden oder eine Kur machen“, sagt die Naturkosmetik-Dozentin, „um der Hautalterung vorzubeugen – damit die Haut wirklich noch lange so schön bleibt.“
Bis auf wenige Ausnahmen bieten alle Naturkosmetik-Hersteller auch Produkte zur Gesichtspflege an. So haben beispielsweise Dr. Hauschka, Weleda, Lavera, Alverde und viele andere Hersteller auch Gesichtscremes im Programm. Hier findest du die beliebtesten Naturkosmetik-Marken der Utopia-Leser:
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