Green Building ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende – der Begriff umfasst jedoch noch viel mehr. Wir erklären dir, was Green Building ausmacht und wie weit wir beim nachhaltigen Bauen schon sind.
Green Building bedeutet nachhaltiges Bauen. Dabei fließen alle drei Säulen der Nachhaltigkeit in die Betrachtung ein:
- ökologische Nachhaltigkeit (ressourcen- und umweltschonendes Bauen, niedriger Energiebedarf)
- ökonomische Nachhaltigkeit (Wirtschaftlichkeit im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes)
- soziale Nachhaltigkeit (Nutzen, Lebensqualität, Barrierefreiheit)
In Deutschland verantwortete der Gebäudesektor laut der Bundesregierung 2018 etwa 14 Prozent der CO2-Emissionen. Das allein zeigt schon, weshalb Green Building wichtig ist. Weitere Gründe und Infos rund um nachhaltiges Bauen bekommst du in den folgenden Abschnitten.
Übrigens: Jede Art von Gebäude lässt sich nachhaltig bauen – Privathäuser, Bürogebäude, öffentliche Gebäude und so weiter. Folglich bezieht sich auch dieser Artikel auf verschiedene Arten von Gebäuden.
Was beinhaltet Green Building?
Green Building umfasst eine Vielzahl an Kriterien aus den drei Bereichen der Nachhaltigkeit. Hier ist eine Auswahl:
Ökologische Nachhaltigkeit
- Ressourcenschonendes Bauen und Nutzen: Recycelte Materialien, wenig Energie- und Wasserverbrauch
- erneuerbare Energien
- wenig Müllproduktion
- umweltverträgliche (und gesundheitlich unbedenkliche) sowie ethisch vertretbare Baumaterialien
- langlebiges Design (unter anderem durch flexible Nutzungsmöglichkeiten der Räume)
- Anbindung an ein intelligentes Stromnetz (Smart Grid)
- Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, Fuß- und Radwege
- grüne Umgebung
Ökonomische Nachhaltigkeit
- geringe Bau- und Betriebskosten
Soziale (und gesundheitliche) Nachhaltigkeit
- gute Luftqualität in den Innenräumen
- stabil gegenüber Überflutungen, Stürmen, Feuern und Erdbeben
- viel natürliches Licht
- gute Lärmdämmung
- angenehme Temperaturen
- Anregungen zur sozialen Interaktion
- Barrierefreiheit
Einen ausführlicheren Überblick über die verschiedenen Bestandteile des Green Building findest du hier: Nachhaltiges Bauen: Worauf es dabei ankommt
Beispiele für Green Building
Damit du dir etwas Genaueres unter Green Building vorstellen kannst, haben wir einige Beispiele für nachhaltige Gebäude gesammelt. Es handelt sich dabei um die drei Finalisten des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2020 im Bereich Architektur:
- Das SKAIO in Heilbronn ist Deutschlands erstes Hochhaus aus Holz. Es bekam 2020 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis – unter anderem, weil es als Hochhaus platzsparend ist und aus dem nachhaltigen Baustoff Holz besteht. SKAIO ist ein Wohnhaus mit 60 Mietwohnungen. Laut der Jury sind die Mieten „sozialverträglich“, außerdem gibt es Wohneinheiten für bedürftige Menschen.
- Das Unique³ in Saarbrücken war ursprünglich Teil einer Siemens-Niederlassung aus den 1960er Jahren. Vor der Umnutzung stand der Gebäudekomplex einige Jahre leer und galt als schwer sanierbar. Die Architekt:innen schafften es jedoch, einen Umbau-Plan zu entwerfen, der die Anforderungen des Denkmalschutzes erfüllte und die Gebäude gleichzeitig wesentlich nachhaltiger machte. Ein Beispiel: Der Gebäudekomplex enthält ein Bürogebäude, das komplett verglast ist – das ist energetisch ungünstig. Die Lösung war, durch eine „Klimahülle“ innerhalb des Gebäudes eine Art „Haus im Haus“ mit niedrigem Energiebedarf zu schaffen. Positiv hat die Jury außerdem bewertet, dass die Dächer der Gebäude begrünt wurden.
- Das Wohnhaus Walden 48 in Berlin besteht wie das SKAIO überwiegend aus Holz. Positiv ist zudem, dass es den Bewohner:innen Anreize zu einem nachhaltigen Lebensstil bietet: Es gibt ein Fahrradparkhaus und mehrere E-Carsharing-Parkplätze.
Tipp: Ein besonders gutes Beispiel für Green Building ist Deutschlands erstes Earthship.
Warum ist Green Building wichtig?
Wie oben beschrieben sorgen Gebäude in Deutschland für einen nicht unerheblichen Teil der CO2-Emissionen. Weltweit sieht das nicht anders aus: Die Mercator-Stiftung berichtet, dass 2010 etwa ein Drittel des weltweiten Endenergieverbrauchs und 19 Prozent der Treibhausgasemissionen auf Gebäude verfielen. Dieser Anteil könnte in den nächsten Jahren stark ansteigen, da immer mehr Menschen weltweit Zugang zu Elektrizität erhalten und im Durchschnitt mehr und komfortablere Wohnflächen zur Verfügung haben. Die Mercator-Stiftung rechnet damit, dass sich die weltweit im Gebäudesektor verbrauchte Energie bis 2050 verdoppeln oder verdreifachen könnte.
Die Stiftung weist auch darauf hin, dass viele Gebäude über mehrere Jahrzehnte genutzt werden. Umso wichtiger ist es, schon heutzutage nach den Kriterien des Green Building zu bauen. Das würde nicht nur gegen den Klimawandel helfen, sondern – wie oben beschrieben – auch die Lebensqualität der Bewohner:innen verbessern.
Green Building: Potenzial und Maßnahmen in Deutschland
Zwischen 1990 und 2018 sind die CO2-Emissionen des Gebäudesektors in Deutschland von 210 auf 120 Millionen Tonnen gesunken – laut der Bundesregierung lag dies vor allem an energieeffizienten Neubauten. Das ist bereits ein starker Rückgang, doch auf dem Weg zur Klimaneutralität ist noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Vor allem die vielen alten, unsanierten Gebäude verschlechtern die Bilanz. Laut GermanZero sind nur zwölf Prozent der etwa 18 Millionen Wohnhäuser in Deutschland gut gedämmt und 75 Prozent der Haushalte heizen mit Gas oder Öl. Außerdem produziert die Baubranche in Deutschland mehr als die Hälfte des gesamten Abfalls. Hier besteht also ein großes Verbesserungspotenzial – zumal die Mercator-Stiftung darauf hinweist, dass wir in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern die technischen und finanziellen Mittel für eine umfassende Sanierung haben.
Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition gibt es ein Kapitel namens „Klimaschutz im Gebäudebereich“. Es zählt unter anderem folgende Ziele und Maßnahmen für mehr Green Building in Deutschland auf:
- Ab dem 1. Januar 2025 müssen erneuerbare Energien einen Anteil von 65 Prozent an jeder neu eingebauten Heizung haben.
- Für die Energieeffizienz von Gebäuden (Neubauten und Sanierung) gibt es eine Einteilung in Effizienzhausstandards. Beispielsweise bedeutet der Standard Effizienzhaus (EH) 55, dass ein solches Gebäude nur 55 Prozent der Primärenergie benötigt, die ein Referenzhaus verbraucht. Das Referenzhaus erfüllt dabei die Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes. 2022 läuft die bisherige Förderung von EH 55 Neubauten aus. Die neue Bundesregierung möchte, dass ab 2025 EH 40 zum Neubaustandard wird. Für Umbauten gilt ab 2024, dass sie mindestens EH 70 entsprechen müssen.
- Ein digitaler Gebäuderessourcenpass soll den Ressourcenverbrauch eines Gebäudes erfassen und zu mehr Kreislaufwirtschaft animieren.
Zertifikate für Green Building
Wer nachhaltig baut oder umbaut, kann sich das durch verschiedene Zertifikate bescheinigen lassen. In Deutschland am wichtigsten ist das Zertifikat DGNB. Das Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen gibt es seit 2009. Sie ist in Deutschland marktführend, zeichnet aber auch im EU-Ausland Gebäude und Quartiere aus. Die DGNB betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes und bewertet ihn anhand von bis zu 40 Nachhaltigkeitskriterien, wobei alle drei Säulen der Nachhaltigkeit für die Bewertung gleich wichtig sind. Am Ende gibt es ein Platin-, Gold-, Silber- oder Bronze-Zertifikat. Sowohl Neu- als auch Umbauten zertifiziert die DGNB. Es ist sogar möglich, nur Innenräume zertifizieren zu lassen.
Neben Deutschland haben auch viele andere Länder eigene Green-Building-Zertifikate, die in Deutschland Gültigkeit haben. Die wichtigsten sind
- BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology) aus Großbritannien,
- LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) aus den USA und
- HQE (Haute Qualité Environnementale) aus Frankreich.
Der TÜV-Süd führt bis auf HQE alle genannten Zertifizierungen durch.
Green Building: Was sind umweltfreundliche Baustoffe?
Ein zentraler Bestandteil von Green Building sind umweltfreundliche Baustoffe. Welches Material wie umweltfreundlich ist, verrät dir die EPD (Environmental Product Declaration). In Deutschland geben das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) und das Institut für Fenstertechnik in Rosenheim EPDs heraus. Eine Rolle spielen dabei unter anderem die mit dem Baustoff einhergehenden Treibhausgasemissionen, die Lebensdauer und die Recyclingfähigkeit. EPDs spielen auch bei den im vorigen Abschnitt vorgestellten Zertifikaten eine wichtige Rolle. Eine Liste von EPDs findet sich beispielsweise auf der Website des IBU.
Green Leases
Für Nachhaltigkeit im Gebäudesektor ist nicht nur Green Building wichtig, sondern auch eine umwelt- und klimafreundliche Nutzung der fertigen Gebäude. Hier kommen sogenannte „Green Leases“ (grüne Mietverträge) ins Spiel. Sie fallen häufig in den Bereich der „Corporate Social Responsibility„. Dieser Begriff bezeichnet das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen. Was aber haben Unternehmen und Green Leases miteinander zu tun? Gewerbeflächen gehören den Nutzenden üblicherweise nicht, sondern diese mieten sie von Immobilien-Unternehmen. Letztere können also durch Green Leases ihr Image aufbessern.
Wie im Fall des Green Building sollen auch Green Leases alle drei Säulen der Nachhaltigkeit einbeziehen. Idealerweise profitieren beide Seiten von einem Green Lease. Dem Immobilien-Unternehmen verschafft er ein positives Image und erhöht die Attraktivität des Gebäudes. Die Nutzenden wiederum profitieren von einem angenehmen Arbeitsumfeld und niedrigeren Betriebskosten durch einen geringen Energiebedarf. Schließlich profitieren von einem Green Lease auch Klima und Umwelt.
Drei Bereiche müssen in einem Green Lease auf jeden Fall geregelt sein:
- Nachhaltige laufende Nutzung, zum Beispiel durch Regelungen zur Abfallentsorgung oder eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel
- Regelungen für niedrigen Energie- und Wasserverbrauch sowie niedrige Treibhausgasemissionen
- Ökologische Kriterien für Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen, beispielsweise durch die obligatorische Nutzung von umweltfreundlichen Baustoffen
In Deutschland gibt es solche verbindlichen Leitlinien für Green Leases erst seit 2012 – später als beispielsweise in Schweden, den Niederlanden, Frankreich oder Großbritannien. Dementsprechend gibt es hierzulande noch nicht viele Gewerbeflächen, bei denen die Nutzenden Green Leases erhalten. Immer mehr Akteur:innen unterstützen jedoch das Konzept der Green Leases.
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