Alternativen zu Nespresso-Kapseln gibt es inzwischen viele, nicht alle davon sind besser. Kompostierbare Kaffeekapseln versprechen besonders umweltfreundlich zu sein. Aber können sie wirklich das Müllproblem lösen?
Schmeckt Kapsel-Kaffee tatsächlich so gut, wie uns die Hersteller weismachen wollen? Darüber lässt sich streiten. Fakt dagegen ist, dass Kaffeekapseln extrem viel Müll produzieren. Bei Branchenprimus Nespresso ist es Aluminium, bei den meisten Nachahmern sind es Plastikkapseln, die nach jeder Tasse in den Abfall geworfen werden. Und trotz der Versuche, Recycling-Systeme zu etablieren, landen jährlich Millionen gebrauchte Kapseln im Restmüll, wo sie nicht einmal wiederverwertet werden können.
Mehrere Anbieter haben hier ihre Chance gesehen und in den vergangenen Jahren Alternativen entwickelt: Kapseln, welche die Vorteile der Einzelportionierung bieten, aber kaum Abfall produzieren. Die eine Variante sind wiederverwendbare Kaffeekapseln, die andere biologisch abbaubare bzw. kompostierbare Kaffeekapseln. Beide werden als umweltfreundlich vermarktet. Aber ist kompostierbar wirklich gleich umweltfreundlich?
„Biologisch abbaubar“ und „kompostierbar“: Was heißt das?
Dazu schreibt das Umweltbundesamt (PDF):
„Nach DIN EN 13432 bedeutet Bioabbaubarkeit, dass sich ein Material nach einer festgeschriebenen Zeit unter definierten Temperatur-, Sauerstoff- und Feuchtebedingungen in der Anwesenheit von Mikroorganismen oder Pilzen zu mehr als 90 Prozent zu Wasser, Kohlendioxid (CO2) und Biomasse abgebaut haben muss.“
Biologisch abbaubarer Kunststoff darf sich „kompostierbar“ nennen und das „Keimling“-Logo tragen, wenn er innerhalb von 90 Tagen zu 90 Prozent abgebaut wird.
Achtung: Die Eigenschaft „biologisch abbaubar“ oder „kompostierbar“ sagt noch nichts über die Zusammensetzung des Materials aus. Biologisch abbaubarer Kunststoff kann entweder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, zum Beispiel Mais, Zuckerrüben, Holz oder Bambus. Oder aber das „Bioplastik“ wird wie herkömmlicher Kunststoff auf Basis von Erdöl produziert.
Mehr:
Kaffeekapseln im Biomüll
Die Idee ist prinzipiell gut: Anstatt als Müll verbrannt oder aufwändig recycelt zu werden, bauen sich die Kaffeekapseln einfach biologisch ab. Die benutzte Kapsel kommt in den Biomüll oder auf den Kompost, das Müllproblem ist gelöst. Oder?
Problem 1: Bioplastik wird aussortiert
Die meisten Hersteller empfehlen, ihre Kapseln im Biomüll zu entsorgen und in einer industriellen Kompostieranlage verrotten zu lassen. Doch ganz so einfach scheint es nicht zu gehen.
„Viele Kompostierer sortieren heute Verpackungen oder Produkte aus Biokunststoffen noch vor dem Eingang in die Rotte aus dem Bioabfall aus. Das aussortierte Plastik geht direkt in die Verbrennung“,
sagt Philip Sommer von der Deutschen Umwelthilfe.
Problem 2: Bioplastik verrottet nicht schnell genug
Angenommen, die Kaffeekapseln würden nicht aussortiert und landen tatsächlich in der Kompostieranlage: In den meisten industriellen Anlagen dauert die Kompostierung des Biomülls etwa vier bis zehn Wochen. Zur Erinnerung: Entsprechend der DIN-Norm zur Kompostierbarkeit muss kompostierbarer Kunststoff innerhalb von gut 12 Wochen zersetzt sein – zu 90 Prozent.
Die Hersteller der kompostierbaren Kaffeekapseln geben deren Kompostierungszeitraum meist mit etwa vier bis zwölf Wochen an. Im besten Fall also würde die Kapsel vollständig zusammen mit dem restlichen Biomüll in derselben Zeitspanne verrotten und kein Abfall zurückbleiben. Im schlechteren und wahrscheinlicheren Fall aber würde sie in diesem Zeitraum nicht vollständig zersetzt und es blieben Kunststoffteilchen im Kompost zurück.
„Real sind die in der Norm angenommenen Bedingungen bei weitem nicht gegeben. Die Gefahr ist sehr groß, dass die strengen Prüfkriterien für den Kompost, der auch für den Ökolandbau geeignet sein soll, nicht eingehalten werden können“,
erklärt uns Evi Thiermann vom Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM). „Deshalb ist der AWM gegen sogenannte Biokunststoffe in der Bioabfallsammlung.“
Auch der Fachverband Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. (BGK) schreibt, es gebe „eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Partikel von Biokunststoffen die Qualität der erzeugten Komposte und Gärprodukte gefährden.“
Problem 3: Bioplastik bringt dem Kompost nichts
Biologisch abbaubares Plastik zerfällt meist überwiegend zu Wasser und Kohlenstoffdioxid – und bietet damit keinen echten Mehrwert für den Kompost.
„Biokunststoffe sind als Kompostrohstoff nutzlos“, schreibt die BGK. Die sinnvollste Art der Entsorgung von Biokunststoffen sei daher nicht die Kompostierung, sondern die energetische Verwertung. „Die Erfassung […] hat mithin nicht über die Biotonne, sondern […] über die Restabfalltonne zu erfolgen.“ (PDF)
Auch der BUND schreibt in einer Stellungnahme zu biologisch abbaubarem Kunststoff, der Restmüll sei „der geeignete Platz für den sogenannten Biokunststoff“.
Bei der „energetischen Verwertung“, der Verbrennung also, ist Biokunststoff aus pflanzlichen Rohstoffen etwas klimafreundlicher als herkömmliches Plastik, denn es wird dabei nur soviel CO2 freigesetzt, wie das Ausgangsmaterial gespeichert hatte – deutlich weniger als bei erdölbasierten Materialien.
Allerdings ist die Verbrennung immer die schlechtere Alternative im Vergleich zur Wiederverwertung: „Aus Sicht einer optimalen Nutzung des Kapselmaterials würde ein klassischer Kunststoff, der recycelt wird, meist besser abschneiden“,
sagt Günter Dehoust vom Öko-Institut.
„Kompostierbar“ – nichts als ein gutes Gefühl für den Kunden?
„Die Erde hat uns den Kaffee geschenkt. Unsere Aufgabe ist es, sie zu schützen – mit der ersten kompatiblen, biologisch abbaubaren Kaffeekapsel.“ – „Verantwortungsbewusster Genuss.“ – „Wenn Sie unsere Kaffeekapseln kaufen, treffen Sie immer die beste Wahl für Ihren Geschmack und die Umwelt.“
Mit solch blumigen Versprechen werden kompostierbare Kaffeekapseln beworben. Dabei wird „kompostierbar“ einfach mit „umweltfreundlich“ gleichgesetzt – eine nicht haltbare Vereinfachung.
Gerade bei verzichtbaren Lifestyle-Produkten wie Kaffeekapseln liegt der Verdacht nahe, dass die Attribute „kompostierbar“ oder „biologisch abbaubar“ in erster Linie als grünes Deckmäntelchen bei der Vermarktung eines unsinnigen Produktes dienen sollen. Die Aussagen der Hersteller grenzen mitunter an Greenwashing.
Auch der Fachverband BGK urteilt, die Produkteigenschaft „biologisch abbaubar“ diene möglicherweise nur der „emotionalen Akzeptanz“:
„Insgesamt sollte vermieden werden, dass für (Einweg) Produkte Werkstoffe mit Eigenschaften verwendet werden, die für die Nutzung dieser Produkte nicht erforderlich sind, sondern diese Eigenschaften nur dazu dienen, bei den Nutzern dieser Produkte ein ‚gutes Gefühl‘ zu hinterlassen, wenn sie diese nach Gebrauch wegwerfen.“
Tatsächlich suggerieren die kompostierbaren Kaffeekapseln, die Verwendung von Kaffeekapseln sei nun plötzlich umweltfreundlich(er). Anstatt also das System als solches in Frage zu stellen, wird der Verbraucher ermutigt, weiterhin Einwegprodukte zu nutzen – nur, dass der Abfall nun ein anderer ist.
„Im Verpackungsbereich und bei Einweggeschirr konkurrieren diese außerdem mit Mehrwegsystemen und der Forderung […] nach Abfallvermeidung als der obersten Stufe der Abfallhierarchie“, schreibt die BGK.
Kompostierbare Kaffeekapseln: besser als Alu, schlechter als wiederverwendbare Kaffeekapseln
Aufgrund der komplexen Sachlage gibt es bisher noch keine umfassende Bewertung der Ökobilanz der kompostierbaren Nespresso-Kapsel-Alternative.
Angesichts der hochproblematischen Aluminiumproduktion sind die Kapseln aus Biokunststoff sicherlich in Herstellung und Entsorgung für die Umwelt weniger schädlich als Original-Nespresso-Kapseln. Egal ob sie tatsächlich kompostiert werden oder doch verbrannt: Es entstehen weniger Schadstoffe.
Allerdings geht auch die Herstellung von Biokunststoffen mit massiven Problemen einher und das Material ist in der Regel für den Kompost nicht nutzbar. (Mehr dazu: Wie Bio ist Bioplastik?)
„Es bleibt dabei, dass der Aufwand zur Herstellung der Kapseln eine überflüssige Ressourcenverschwendung ist, egal welche Materialien man einsetzt“,
sagt Günter Dehoust vom Öko-Institut.
Denn die kompostierbaren Kapseln setzen den wenig umweltfreundlichen Trend zu Einweg-Produkten fort – als wirklich sinnvolle, nachhaltige Alternative zu Nespresso & Co. eignen sie sich nicht.
Immer noch am besten: Slow Coffee
Wer schon eine Nespresso-Maschine zuhause hat und diese weiternutzen möchte, fährt mit kompostierbaren Kapseln nur wenig besser. Umweltschonender sind wiederverwendbare Kapseln, die man selbst mit gutem Fairtrade-Kaffee befüllen kann.
Wer kein Interesse an der Nutzung von Kaffeekapseln hat, findet hier Tipps, wie man richtig guten Kaffee macht: Slow Coffee: Das sind die besten Arten, richtig guten Kaffee zu machen.
Kompostierbare Kaffeekapseln – ein kurzer Überblick
Beanarella
Die schweizer Marke Beanarella hat 2014 die erste zertifiziert kompostierbare Kaffeekapsel auf den Markt gebracht. Die Kapseln bestehen aus Biokunststoff auf Basis von Nutzpflanzen, „minimale Anteile“ sind allerdings erdölbasiert. Zudem sind Zellulose und Calciumcarbonat enthalten, welches bei der Kompostierung einen Mehrwert bieten soll.
Großes Plus: Der Kaffee in der Kapsel ist Bio und Fairtrade-zertifiziert. Großes Minus: Die Kapseln passen nur in die eigene Beanarella-Maschine.
Anstatt also Nespresso-Maschine-Besitzern eine etwas bessere Alternative zur Alu-Kapsel zu bieten, macht sich Beanarella das System des Kapselkaffees zu eigen – ein System, das ein aufwändig produziertes Elektrogerät mit Wegwerf-Produkten kombiniert. Die Kompostierbarkeit der Kapseln kann das Ganze nicht zu einem sinnvollen Produkt machen.
Die meisten anderen kompostierbaren Kaffeekapseln sind kompatibel mit Nespresso-Maschinen.
Ethical Coffee Company
Lediglich zwei von 17 Sorten sind Bio- und Fairtrade-zertifiziert. Die Kapseln bestehen „im Wesentlichen aus zu 100% biologisch angebauten Pflanzenfasern und Stärke“. In industriellen Kompostieranlagen sollen sie sich innerhalb von sechs Monaten abbauen. Der Hersteller aber empfiehlt die Entsorgung im Restmüll – warum die Kapsel dann biologisch abbaubar sein soll, bleibt unklar.
Stascafe
Stascafe nennt sich „die ökologische Alternative zu Nespresso“, allerdings ist der Kaffee weder Bio noch fair gehandelt.
Die Kapseln werden auf Basis von Abfallresten aus Mais, Kartoffeln und Zucker hergestellt. Nach Angaben des Herstellers sollen sie in Müllverwertungsanlagen und sogar auf dem Komposthaufen in höchstens 60 bis 90 Tagen zu Kompost abgebaut werden. „Die gebrauchten Kapseln können deshalb einfach in der Biotonne entsorgt werden.“
Bonga Red Mountain
Nach Angaben des Herstellers Original Food “die erste zertifizierte kompostierbare Kaffeekapsel für Nespresso-Systeme.“ Der Kaffee ist Bio-, Fairtrade- und Naturland-Fair-zertifiziert, die Kapseln tragen das Keimling-Siegel. Sie bestehen „anteilig aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais und Zuckerrohr.“ Die Kompostierung soll innerhalb von 12 Wochen erfolgen, allerdings nicht auf dem eigenen Kompost.
Tropical Mountains
Der Kaffee stammt aus direktem Handel bzw. von der eigenen Plantage, nach Firmenangaben einem kleinen Familienbetrieb in Peru. Er ist Bio-zertifiziert, Tropical Mountains ist außerdem Mitglied in der World Fair Trade Organization.
Die CO2-neutral produzierten Kaffeekapseln bestehen im wesentlichen aus dem Holz-Zellstoff Lignin, der als Abfallstoff bei der Papierherstellung anfällt. Sie sind laut Unternehmen im Garten kompostierbar: Der Hersteller empfiehlt, sie in kleinere Stücke zu zerschneiden und gemeinsam mit weiteren organischen Haushaltsabfällen auf dem Gartenkompost zu entsorgen. Die Kompostierung könne vier bis zwölf Monate dauern. Alternativ können die gebrauchten Kapseln an eine Partner-Kompostieranlage zurückgeschickt werden.
La Coppa Kapseln
Drei von sieben Sorten sind Bio. Die beim Drogeriemarkt Müller erhältlichen Kaffeekapseln sind „rein pflanzlich und aus natürlichen und erneuerbaren Materialien hergestellt (Zuckerrohr und Zuckerrübenkonzentrate, etc.).“ Die Kompostierung soll höchstens zwölf Wochen dauern, der Hersteller empfiehlt die Kapseln in der Biotonne zu entsorgen.
Velibre
Der Kaffee ist Bio-zertifiziert, zu den Kapseln schreibt das Unternehmen lediglich, sie seien “aus einem biologisch abbaubaren Kunststoff“. „Alle velibre-Verpackungsrohstoffe sind GMO-frei und stehen nicht in Konkurrenz mit Anbauflächen für Lebensmittel.“ Entsorgen kann man die Kapseln laut Hersteller im Restmüll oder im eigenen Kompost, wobei er nicht angeben möchte, wie lange die Kompostierung dauert.
Bessere Alternativen
Wenn du schon eine Nespresso-Maschine hast und weiterhin nutzen möchtest, verwende am besten wiederverwendbare Nespresso-Kapseln – ohne Alu und völlig müllfrei:
Genau wie bei der Zubereitung mit French Press, Esspressokocher & Co. kannst du in wiederverwendbaren Kaffeekapseln genau den Kaffee verwenden, denn du magst – am besten natürlich fair gehandelt und bio.
Beachte auch unsere Bestenliste mit Nutzerbewertungen:
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